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Das war 2014

Das Jahr 2014 in: Österreichischer Musik

Was ist 2014 in Österreich passiert? Wir sagen es euch.

2014 war insgesamt ein sehr gutes Jahr für österreichische Musik. Es war auch für uns ein gutes Jahr, aber wir wissen eh, dass das erste die Voraussetzung für das zweite ist. Deshalb folgt hier jetzt mal unser Rückblick auf 2014 in österreichischer Musik—die Alben, die Artists, die Aufreger und der Rest. Und ja, wir wissen eh: Unser Blick ist ein extrem eingeschränkter. Wir lassen zum Beispiel den heimischen HipHop zu oft links liegen, von Drum'n'Bass ganz zu schweigen, sind auch zu Wien-zentriert, und vergessen manchmal auch einfach Dinge. Das Ganze passiert nicht aufgrund von Böswilligkeit, sondern einfach auch weil uns dafür teilweise die Autoren fehlen. Wir wollen das 2015 ändern. Wer glaubt, uns mit Artikeln in die Richtung unterstützen zu können, .

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Ich wollen dem Ganzen ein paar grundsätzliche Beobachtungen voranstellen, die man teilen kann, aber natürlich nicht muss. Das Ausmaß an Originalität und Offensichtlichkeit variiert. Das ist mir durchaus klar.

Foto: Julian Haas

Die länger schwelende Entfremdung zwischen den Musikern und ihrer Industrie brach heuer an die Oberfläche

Der Amadeus, der Fall Lichtenegger, die relativ plumben Versuche, Indiemusiker für den Song Contest zu gewinnen—das alles hat gezeigt, das die Musikindustrie, die großen Radiostationen und Medien über die Jahre hinweg ein gewaltiges Vertrauensdefizit aufgebaut haben. Auch wenn sich z.B. die Österreicher-Quote auf Ö3 2014 erhöht hat (wohl auch durch Releases von Anna F. und Julian Le Play), wird es wohl Jahre dauern, bis es in Ansätzen wieder da ist.

Österreichischer Indiepop füllt in Deutschland eine Lücke

Grundsätzlich vergisst man über das berechtigte Bejubeln der österreichischen Szene manchmal, dass auch die deutsche Szene über verdammt viel junges Potential verfügt—und zwar auch weit über die Chimperator- oder Deutschrap-Sachen hinaus. Gerade wenn es ein bisschen härter wird, hat Deutschland aktuell mit Bands wie Die Nerven, Mutter oder Messer die Nase vorn. Warum springen dann alle so auf Bilderbuch und Wanda an? Erstens: weil diese Bands einfach verdammt großartige Songs schreiben. Zweitens aber auch, weil sie einen Entwurf von Indiepop haben, der in Deutschland aktuell einfach schwach vertreten ist. Das ist natürlich eine großartige Chance, die die Bands und die Leute dahinter ziemlich geschickt nutzen.

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Foto: Julian Haas

Wiener sein war ein riesiger Vorteil

Natürlich ist eine gute Wien-Basis immer wichtig gewesen. Aber gefühlt hat 2014 eine Überbetonung des Wienerischen bei Bands wie Wanda, Nino, Nazar, Sohn etc hierzulande schon geholfen. Der Lokalstolz ist heuer richtig da, und wer ihn nutzen konnte, war in einer glücklichen Lage.

Es war ein verdammt gutes Jahr für österreichische Musikvideos

Ja, natürlich sind hier vor allem Olympique mit „No Estate To Remind“ zu nennen. Aber auch „Lonsome Rider“ von den Beth Edges, „Bologna“, „Salute“ und viele mehr zeigen, dass auch hierzulande mittlerweile die Zeit (und zumindest ein bisschen Geld) in die Hand genommen werden, um das Musikvideo als Kunstform, und nicht nur als Visualisierung des Songs ernst zu nehmen.

Problembär Records ist das Label des Jahres

Das Label, das seit 1,5 Jahren Teil der Seayou-Familie ist, hat 2014 gar nicht so wahnsinnig viel gemacht. Aber was es gemacht hat, hat es richtig gemacht. Chapeau.

Foto: Niko Ostermann

Es tut sich Einiges im Booking-Bereich

Als Konzertgänger merkt man davon gar nicht so viel, aber im Booking-Bereich tut sich gerade in Wien sehr viel. Neue Player kommen, neue Festivals tauchen auf, Booker und Artists wechseln herum. Das ist ziemlich beachtlich bei einem Bereich, der über lange Jahre durch eine ziemlich umfassende Konzentration gekennzeichnet war. Es bleibt spannend.

Bilderbuch haben sich 2014 viel mehr zurückgehalten, als man denkt

Die Band war 2014 eh präsent, hat aber viel mehr nicht gemacht, als man das auf den ersten Blick gemerkt hat. Sie haben die Showcase-Festivals nicht gespielt (sondern auf 2015 gewartet, wo sie jetzt der heiß gehandelte Act sind), nicht zu viel veröffentlicht—und wenn, dann nur Gutes—, reihenweise Presse-Anfragen abgelehnt und sich rar gemacht. 2015, wenn dann Schick Schock erscheint, wird sich das alles auszahlen. Und auch verdient. Nächstes Jahr wird das Jahr von Bilderbuch. Und das ist jetzt wirklich eine extrem offensichtliche und langweilige Voraussage.

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Foto: Julian Haas

OK, dann jetzt das Jahr von Jänner bis Dezember. Wie immer gilt: Wir sind fehlerhaft. Wenn euch etwas dringend fehlt, .

JÄNNER
Das Jahr begann insofern ziemlich gut, als im Jänner Österreich Focus Country beim Eurosonic Norderslaag war. Wem das Ganze nichts sagt: Das Eurosonic ist das wichtigste Festival des Jahres, das ihr nicht kennt. Jedes Jahr versammeln sich Festivalmacher, Booker, Labelmenschen und Journalisten für drei Tage in Groningen in den Niederlanden, um knapp 300 Bands für jeweils 20-35 Minuten zuzuhören. Auf dem Eurosonic werden Karrieren gemacht und die Weichen für die Live- und Festival-Saison des kommenden Jahres gestellt. Aus Österreich dabei waren u.A. Cid Rim, die Sex Jams, Klangkarussell und Sweet Sweet Moon. Sonst noch? Ende Jänner erschien Libertatia, das neue Album von Ja, Panik. salute veröffentlicht seinen „Money On My Mind“-Remix, der über das Jahr hinweg überall laufen wird.

FEBRUAR
Left Boy bringt sein Debüt Permanent Midnight heraus. Der Künstler wird immer noch sehr, sehr kontrovers aufgenommen: Später im Jahr wurde er beim HipHop-Open in Wien ausgbuht und mit Bierbechern beworfen, beim Urban Art Forms auf der Hauptbühne frenetisch gefeiert. Garish bringen ihr neues Album Trumpf heraus. Ende Februar beginnt die österreichische Indie-Szene, den Musikpreis Amadeus zu boykottieren: Zuerst ziehen HVOB ihre Nominierung zurück. Dann rasten Naked Lunch aus, weil ihr Name auf der Homepage falsch buchstabiert wird. Monobrother tritt ebenfalls von seiner Nominierung zurück, und die Sex Jams zeigte dem Preis dann auch buchstäblich den Mittelfinger. Das Ganze zeugte von einer zunehmenden Entfremdung der Musikszene mit ihrer Industrie, die im April ihren Höhepunkt finden sollte.

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Foto: Julian Haas

MÄRZ
Minisex bringen nach einer ewigen Pause ihr neues Album Reduziert heraus und bringen damit eine kleine Welle in Gang: Chuzpe, die erste Punkband Österreichs, folgt ebenso mit einem neuen Album. Alte Männer bringen's eben doch, zumindest manchmal. Das wichtigste Album im März kommt allerdings von Sohn, dem britischen Wiener (der übrigens seit dieser Woche nicht mehr Wiener ist). Das Album hält mit internationalem Format endlich einmal das, was es verspricht. Auf etwas kleinerem, also Nicht-Nightliner-Niveau ebenso wichtig und erwähnenswert: Hirn fein hacken von bulbul und das selbstbetitelte Album der Beth Edges.

APRIL
Im April taucht ein bereits ein Jahr altes Video von Elke Lichtenegger, der Moderatorin der Ö3-Charts, auf, in dem sie sich sehr ungeschickt über österreichische Bands äußert. Der nicht unberechtigte Unmut der heimischen Musikszene bricht über die bemitleidenswerte Frau herein und ein riesiger Shitstorm los. Und Lichtenegger bekommt alles ab, was man Ö3 immer schon mal sagen wollte. In der Folge entspannt sich dann tatsächlich eine halbwegs produktive Debatte, die zur Zeit noch andauert. Wir werden sehen. Was noch passierte: Ende April stirbt DJ Rashad. Nachdem der DJ aus Chicago über die Teklife/sexy deutsch-Connection gute Verbindungen nach Österreich hatte, erzählt man sich das schon in der Nacht seines Todes traurig herum. Kid'N'Cats Musikvideo zu „Tip Tip“ erobert mit Wahnsinn und Schamhaar-Lollis das Internet. Fennesz veröffentlich das fantastische(!) Becs. Ebenfalls erwähnenswert sind die wirklich schönen Alben von Monsterheart, dem Ansa und Valina.

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MAI
Der Mai ist grundsätzlich ein sehr beliebter Monat für Veröffentlichungen, und so war das natürlich auch 2014 und österreichischen Bands. Noiserock-Vorkämpfer Wolfgang Möstl bringt mit seiner Band Mile Me Deaf ihr neues Album Holography heraus. Der Nino aus Wien wird spätestens mit seinem Doppelalbum Bäume/Träume endlich zu dem, was er immer schon sein sollte. The Boys you know bringen mit ihrem Album Purple Lips die 90er-Jahre-Welle endgültig auch nach Österreich—eine Kerbe, in die später auch Human Shout mit ihrem Album Counting from Ten einschlagen werden. Elektro Guzzi werden für ihr neues Album gefeiert, HC Strache macht sich mit seinem neuen Rap wie gewohnt zum Affen, und Olympique beginnen mit „The Reason I Came“ eine Serie von großartigen—und auch großartig produzierten—Videos zu veröffentlichen. Conchita Wurst gewinnt uns den Schas. Nicht vergessen sollte man hier das schöne Debüt von Ash, My Love und die neue Scheibe von M185.

Foto: Jasmin Baumgartner

JUNI
Soweit wir uns erinnern können, war der Juni in Sachen österreichischer Musik ein relativ ereignisarmer Monat. Andreas Gabalier singt die Nationalhymne bewusst falsch, gibt daraufhin falsche Statements ab und sieht seinen Fehler bewusst nicht ein. Die Debatte über den Frauenanteil in der Musik und auch Festivals schwelt vor sich hin.

JULI
In Wien ist Popfest, wo Nazar mit einer Band auftritt und sein im August erscheinendes Album schon mal ein bisschen promotet. Cid Rim und The Clonius tun sich mit dem Südafrikaner Okmalumkoolkat zusammen und bringen die Holy Oxygen-EP heraus. Das Debüt von Klangkarussell—aufgrund ihrer EDM-Affinität aktuell wohl der österreichische Act mit dem meisten globalen Potential—ist viel besser als von vielen erwartet.

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AUGUST
Nazar, Nazar, Nazar. Der Rapper aus Favoriten ist im August überall, vom kleinsten bis zum größten Medium. Er hat es sich aber auch wirklich verdient, wurde er doch früher ignoriert und—wenn überhaupt—nur negativ erwähnt. Ernst Palicek bringt mit „Summer in Wien“ ein absurdes Musikvideo heraus, das die Wiener mit Recht feiern. Robb bringen ihre Debüt-EP heraus und laufen daraufhin in Indie-Clubs genauso wie im Spar. Frequency ist auch noch.

SEPTEMBER
Ebenso ein überraschend ereignisarmer Monat. Ehrenrettung: Brenk Sinatra bringt gemeinsam mit Fid Mella auf Chop Chop 2—Singende klingende Unterwelt die Wiener Rotlichtszene der 70er zurück. Auch Dust Covered Carpet bringen ihr neues Album heraus. Money Boy macht mit „Awesomo“ einen verdammt guten Song.

Foto: Matthias Heschl

OKTOBER
In Wien ist Waves. Ansonsten werden drei wirklich wichtige und einflussreiche österreichische Alben veröffentlicht: 5/8erl in Ehr'n haben keine Angst davor, politisch zu sein; Wanda haben keine Angst davor, poppig, österreich und sexuell konnotiert zu sein; Dorian Concept sind solche Kategorien eh wurscht. Drei Alben, die irgendwie jeder gut finden muss, die es aber auch einfach verdient haben. Ebenfalls erwähnenswert: Die wirklich schöne EP von The Unused Word und das Debüt von Polkov.

NOVEMBER
Im November flacht der Veröffentlichungszyklus wieder ein bisschen ab. Olympique vollenden ihren Jahresplan mit dem Release von Crystal Palace. Human Shout sind auf Counting From Ten ungeniert 90er-Kinder. In Linz ist Ahoi Pop.

DEZEMBER
Wandl bringt seine EP heraus. Wir glauben dass es das war.

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