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In your Face, Salzburg—Ein Interview mit Olympique

Fast ein ganzes Jahr begleiten wir Olympique nun schon. Bevor wir sie mit ihrem Debüt-Album in die große Welt ziehen lassen, hatten wir noch ein paar Fragen.

Alle Fotos: Matthias Heschl

Olympique sind im Laufe des letzten Jahres unter all den Newcomern zu einer Art Lieblingskind von uns geworden. Wir hatten die Ehre, drei Musikvideos von ihnen zu präsentieren, die euch und uns selbst von den Socken gehauen haben. Wir waren mit ihnen Squash spielen und haben sie quer durch Wien begleitet. Und wir konnten zusehen, wie auf dem langen Weg zu ihrem Debüt Album Crystal Palace ein kleiner Hype entstand, der Monat für Monat größer wurde. Vielleicht ein bisschen mit uns, vielleicht ein bisschen durch uns, vielleicht auch ein bisschen trotz uns.

Mittlerweile hat dieser Hype ein erstaunliches Ausmaß angenommen, und auch deshalb sind wir selbst etwas nervös, wenn die drei jungen Männer am Freitag ihr Erstlingswerk bei einer binnen Stunden ausverkaufen Release Show im Wiener Cafe Leopold präsentieren werden—wer keine Tickets mehr bekommen hat sollte übrigens trotzdem ab Mitternacht vorbeischauen, da geht die Party nämlich weiter.

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Natürlich konnten wir trotzdem nicht anders, als noch ein letztes Mal mit den drei Salzburgern zu sprechen, bevor wie sie schweren Herzens in die große, weite Welt des Erfolges ziehen lassen. Denn einige Fragen waren noch offen.

Noisey: Sagt uns mal, warum hat sich der Release eures Albums eigentlich so lange rausgezögert hat.
Leo: Dieses Rauszögern war essentiell.
Fabian: Ja. Wir wären vor einem Jahr einfach noch nicht bereit gewesen, das Album so zu präsentieren, wie wir es es gerne gehabt hätten. Wir waren noch nicht so weit, und das Drumherum auch nicht. Es war uns extrem wichtig, dass wir uns in diesem Jahr eine Fanbase und Aufmerksamkeit erspielen. So, dass wenn das Album jetzt kommt, sich die Leute wirklich darauf freuen können.
Leo: Die Musik war da. Aber es musste alles andere geplant werden: Die Videos, die ganze Kommunikation, die Strategie. Deshalb war Zeit das Beste, was uns passieren konnte. Einfach, damit man das einmal ordentlich macht. Wenn die Aufmerksamkeit in einem Tag verpufft, ist es einfach zu schade für das, was wir an Zeit, Energie und Herzblut in dieses Album gesteckt haben.

Ist es nicht super schwer zu wissen, dass man etwas geschaffen hat, und dann trotzdem Geduld aufbringen muss, es noch nicht mit allen zu teilen?
Leo: Sicher, am liebsten hätten wir am Tag nach den Aufnahmen das Album herausgebracht, aber zum Glück waren wir letztendlich immer einer Meinung: Wir brauchen die Zeit. Wir haben im Bekanntenkreis mehr als genug Debütalben mitbekommen, die unter der Aufmerksamkeitsgrenze geblieben sind.
Fabian: Nach diesem Jahr sind wir auch so weit, dass wir das Album auch live ideal präsentieren können. Wir haben jetzt extrem viel gespielt, kennen die Songs und wissen, wie sie interpretiert gehören.
Leo: Das stimmt. Sowas fällt einem oft erst im Nachhinein auf. Ich habe davor nicht gewusst, dass die Lieder zusammenhängen, dass sie textlich zusammenpassen, dass das Album eine Stimmung hat. Wir haben jetzt eine objektivere Sicht auf das Album. Wir können es mehr schätzen und bewerten, was wir da eigentlich gemacht haben.

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Wie ist die Musikszene in Salzburg eigentlich? Und wie gut werdet ihr dort angenommen?
Leo: Du musst dir erstmal woanders Respekt als Musiker erarbeiten, damit du auch in Salzburg Respekt bekommst. So war das bei uns mit Wien. Dort haben die Leute unsere Musik objektiver gesehen, in Salzburg kennt man uns eben.
Fabian: Das Ding ist: Die Leute in Salzburg kennen uns schon, seitdem wir 14 sind, seitdem wir Musik machen. Wir waren damals halt wie andere Jugendliche—wir waren oft mal betrunken oder sind negativ aufgefallen. Deshalb haben wir bei manchen Leuten, die irgendwas mit Musik zu tun hatten, einen bestimmten Ruf gehabt. Wir waren halt Olympique, die so dahingrateln. Dann haben wir begonnen in Wien zu spielen, wo wir keine Vorgeschichte hatten, und haben gesehen, dass die Leute sich dort wirklich für unsere Musik interessieren.

So, wie wenn du als Außenseiter die Schule wechselst und hoffst, dass du dir in der neuen Schule einen neuen Ruf aufbauen kannst.
Fabian: Genau. Das ist ein schöner Vergleich.
Nino: Vor einem Jahr sind wir noch belächelt worden. Die Leute meinten, wir tun so, als ob wir Rockstars wären, auch wenn das gar nicht gestimmt hat.

In your face, Salzburg.
Nino: Ja, in your face!
Fabian: Man muss aber auch sagen: Das hat sich jetzt geändert. Wenn wir zurückkommen—und das tun wir sehr gerne—steht das Rockhouse zum Beispiel voll hinter uns.
Leo: Man muss vermutlich einfach mal weg von daheim.

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Ihr habt mit 14 angefangen, Musik zu machen. Wenn ihr zurückblickt: War es schon damals eure Intention irgendwann groß zu werden?
Fabian: Ich muss ganz ehrlich sagen: Als ich mit 14 in meinem Kinderzimmer auf meiner ersten Gitarre herumgeklimpert habe, war das so. Ich war großer Oasis- und Nirvana-Fan und habe vor mich hingeträumt—aber je älter wir geworden sind, desto kleiner und unrealistischer ist dieser Traum geworden. Gerade deswegen ist jeder Erfolg, der jetzt passiert, umso geiler. Weil er real ist.
Leo: Wir haben mal gemeinsam eine Reise gemacht, auf der wir in London und Manchester gespielt haben. Davor wollten wir immer große Festivals spielen. Aber diese Reise war der erste Punkt, wo uns bewusst wurde, dass wir in Wirklichkeit noch nichts geschafft haben und am absoluten Nullpunkt stehen. Wir haben uns dann ziemlich lange selbst reflektiert, und begonnen alles etwas objektiver zu sehen. Wir haben begonnen zu schätzen, dass wir diese ganzen kleinen Auftritte spielen durften. Wir wurden dankbarer. Und letztendlich sind die Träume trotzdem nicht geplatzt. Als wir das letzte Mal beim Frequency gespielt haben, war viel mehr Wertschätzung da, weil wir gewusst haben, wie viel Arbeit und Energie man reinstecken muss, um überhaupt so weit zu kommen.
Nino: Aber beim Frequency-Auftritt haben wir aber auch gemerkt, dass so eine Festival-Main Stage einfach riesig ist. Vor vier oder fünf Jahren habe ich dort Muse gesehen, und die sind zu dritt. Aber bei ihnen hat man das Gefühl gehabt, die rocken nicht nur die Leute, sondern auch die Bühne. Und dann stehst du selbst auf der Bühne und merkst, dass es ungaublich schwierig ist, sie auszufüllen. Nicht vom Raum, sondern von der Energie her. Für uns war das trotzdem eine wichtige Erfahrung. Wir müssen noch daran arbeiten, eine so große Bühne wirklich zu füllen.

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Ihr habt neben der Band ja alle Berufe. Wenn ihr jetzt durchstarten solltet würdet ihr die dann schmeißen?
Fabian: Das Problem ist, dass es jetzt schon extrem schwer ist, neben der Musik einen normalen Job nachzugehen. Es ist fast unmöglich, so oft frei zu bekommen.

Wer macht was?
Fabian: Das will ich eigentlich nicht sagen.
Nino: Er ist Kindergärtner.

Kindergärtner darf man ja nicht mehr sagen.
Fabian: Ja, Kindergartenpädagoge.
Leo: Die Job-Frage stellt sich bei mir nicht. Mein großer Traum ist, dass wir mit der Musik erfolgreich sind und ich alles Grafische für die Band machen kann. Sicher, ich würde die ganzen anderen Jobs schmeißen. Aber das Grafik-Ding würde ich niemals aufgeben. Ich kenne den Nino und den Fabi schon ewig, und weiß, was wir visuell aussagen wollen. Den Luxus will ich mir nicht nehmen lassen, dass ich das für uns mache.
Fabian: Es ist nämlich wirklich ein Luxus, den Leo zu haben, der so einen Einblick in die Songs hat und das nutzen kann, um es zu visualisieren. Das ist großartig.
Nino: Da geht es auch nicht nur um das Artwork vom Album. Da geht es auch um alles auf Facebook.
Fabian: Um Branding, um Organisation. Der Leo ist das Kommunikationsrohr zu den Leuten.

Glaubt ihr, dass die Rezeption eurer Musik durch die aufwendigen Musikvideos eine andere war?
Fabian: In der heutigen Zeit ist ein Video gleichrangig mit der Qualität des Songs. Der Erstkontakt der Leute mit einer Band findet häufig über YouTube statt—da ist das Visuelle viel tragender als der Song. Wenn man sich ein Lied auf seinen Laptop-Boxen anhört, wird das nie die Emotion oder den Willen eines Musikers spiegeln oder gerecht werden. Man hört den Song nicht so, wie ich ihn mir gedacht habe. Da unterstützt ein Video dann schon extrem, und man erlangt dadurch Aufmerksamkeit.

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Wie war euer allererstes Konzert?
Fabian: Unser erstes gemeinsames Konzert war im Rockhouse als Vorband von Friska Viljor. Das sind Schweden. Gute Band, ausverkauftes Konzert. Das war damals der Einstand vom Leo.
Leo: Wir haben einen schönen Start zu dritt gehabt, auf jeden Fall. Aber ich habe mich damals schon ein bisschen rockstarmäßig gefühlt. Aber mit der Zeit wird man realistischer.
Fabian: Wir sind draufgekommen, um was es wirklich geht. Damals haben wir uns gefreut, dass da ein voller Kühlschrank mit einem Haufen Bier steht und wir ein bisschen Fame haben. So blöd, so dumm. Jetzt ist das komplett in den Hintergrund gerückt. Jetzt machen wir uns viele Gedanken um die Show, über uns.
Nino: Wir haben früher einfach geglaubt, das passiert alles von selbst. Wir spielen irgendwo, irgendwer sieht uns, der findet uns extrem klasse und bietet uns diesen und jenen großen Deal an. Aber es ist definitiv nicht so. Wir merken das erst seit der Single „The Reason I Came“. Es geht was, aber es geht halt Schritt für Schritt. Das sind Zentimetern, aber man muss sie gehen wenn man weit nach vorne will. Außer du schreibst gezielt einen Nummer-Eins Hit. Aber das wollen wir auch gar nicht. Zumindest jetzt nicht.

Was wäre eine Frage, die euch schockieren würde?
Leo: Warum macht ihr Musik?
Nino: Das würde mich jetzt aber nicht schockieren. Ein persönlicher Angriff auf die Sexualität oder so.
Fabian: Das hat in einem Interview nichts verloren. Wenn ich über die Musik reden möchte, hat da so etwas nichts zu suchen.
Leo: Ob es stimmt, dass wir Musik für Rechte machen. Das würde mich schockieren.
Nino: Das ist ja irreal. Wir fühlen uns geehrt, wenn jemand sagt, dass wir ähnlich wie die Editors oder Interpol klingen…
Fabian: Das stört mich wirklich.
Nino: Ja, wenn jemand sagt: „Hey, du klingst wie der von den Editors.“ Man kann nichts dafür, dass man eine tiefe Stimme hat, warum soll man sein Spektrum nicht ausnützen? Hey, was war jetzt eigentlich deine schockierende Frage?

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So schockierend ist sie gar nicht. Ich habe Gerüchte gehört, dass jemand in eurer Band einen langen Penis hat.
Leo: Das kann nur der Nino sein.
Nino: Das wird wahrscheinlich auch stimmen.
Leo: Die Frage schockiert nicht, die amüsiert!
Fabian: Aber ein langer Penis ist komplett überbewertet.
Nino: ich glaube man kann mit einer Frau körperlich auch so gut zusammenpassen, dass das überhaupt keine Rolle spielt.

Das ist eine gute Einstellung. Btw, wie sieht es mit Groupies aus?
Fabian: Ja, ja.
Nino: Wir sind glücklicherweise keine Teenie Band. Also unsere Fans sind zwischen 20 und 35. Das taugt mir. Ich will Teenies ja nicht schmälern, aber…Das ist nicht die Zielgruppe, die nur auf die Musik schaut. Denen sind vermutlich andere Sachen wichtig.

Was waren eure intensivsten Erfahrungen mit Musik?
Leo: Für mich war es—ganz ehrlich—ein Song, den wir aufgenommen haben. Wir haben im Studio ein Lied live eingespielt—die letzte Nummer auf unserem Album. Danach war ich fertig. Ich bin danach ohne ein Wort zu sagen zum Nino rübergegangen und habe seine Hand genommen und mir aufs Herz gelegt, weil ich extremes Herzpumpern gekommenhabe. Und einen Adrenalinstoß. Das war das erste Mal, dass mich die eigene Musik so unglaublich berührt hat. Und es war nochmal ganz ähnlich, als wir den Song aufgenommen haben: Unser Produzent hat kein Wort gesagt. Wir sind wortlos aus dem Studio regangen.
Nino: Wir waren zu dritt im Aufnahmeraum und es waren drei Leute beim Mischpult. Wir sind dann alle gemeinsam da gesessen und haben uns den Song zu sechst noch einmal angehört, der Song war aus und wir sind dann eine Minute lang schweigend da gesessen. Niemand hat etwas gesagt, weil es so ergreifend war. Wir hoffen, dass es vielen Leuten auch so geht.
Leo: Wir haben ihn deshalb auch ganz bewusst als letzten Song ausgewählt. Entweder man lässt sich fallen und schaut ob man etwas fühlt oder man schaltet es aus. Das klingt hart, aber es ist wirklich so.

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