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Wir haben Wandl in seinem St.Pöltner Schlafzimmer-Studio besucht

Wir sind in die niederösterreichische Landeshauptstadt gefahren, um mit Wandl über seine EP zu reden und präsentieren sein neues Video „Done".

Alle Fotos: Roman Reiter St. Pölten ist, nett formuliert, nicht gerade mein Lieblingsziel für einen Ausflug. Es gibt nicht viele Argumente, die mich überzeugen könnten, an einem Dienstag Nachmittag bei elendem Sauwetter in den Zug von Wien in die niederösterreichische Landeshauptstadt zu steigen. Eine Einladung in das Schlafzimmer-Studio, in dem der ziemlich gehypte Producer und Musiker Wandl seine neue EP aufgenommen hat, ist aber ein verdammt guter Grund. Ich freue mich sogar wie blöd, dass ich Wandl besuchen darf, denn die Far Way Home EP, die kommende Woche auf Affine Records erscheinen wird, ist so scheißgut, dass ich gar nichts anderes mehr hören will. Der 20-jährige Wandl sieht im echten Leben nicht annähernd so alt aus, wie auf seinen Promo-Fotos. Dafür wirkt er in real life doppelt und dreifach sympathisch. Er führt mich ins obere Stockwerk des Hauses, in dem sich in einem Zimmer ein kleines, aber absolut feines Homestudio versteckt. Abgesehen von dem Bett, auf dem Wandls 19 Jahre alte Katze herumliegt, gibts in dem Raum eigentlich nichts, was nicht mit Musik zu tun hat. Ein Drumkit, Kisten voller alter Platten, ein Saxophon, sogar ein altes Kinder-Spielzeugkeyboard stehen quer verteilt herum. Wandl, der mittlerweile in Wien lebt, nutzt das Zimmer in seinem Elternhaus ganz offensichtlich, um so viel Sound wie möglich zu fabrizieren. Als er merkt, dass ich mich für ziemlich ähnliche Musik wie er interessiere, spielt er mir so derartig viel grandioses Zeug vor—Remixes, Kollaborationen, halbfertige Beats—dass ich fast vergesse, dass ich ja für ein Interview hier bin.

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Noisey: Ich komme aus der Salzburger Gegend, und bei uns ist die Musikszene schon wirklich klein. Wie sieht das aus, wenn man als musikbegeisterter Jugendlicher in St. Pölten aufwächst? Gibt es da überhaupt so etwas wie eine Szene?
Wandl: Bei mir war es in der Kindheit so, dass ich außerhalb meiner sehr musikalischen Familie viel von meinem Nachbarn mitbekommen habe. Der hatte einen Bandkeller und war etwa acht Jahre älter als ich. Von dem habe ich immer CDs und sogar Kassetten zugesteckt bekommen. Da habe ich das erste Mal etwas von Musik mitbekommen. Das hat sich gut mit meiner musikorientierten Schule verbunden.

Wo bist du in die Schule gegangen?
Im BORG St.Pölten, ich hab dort den musischen Zweig besucht. Da gab es Sommerfeste und solchen Scheiß, wo Schulbands gespielt haben und ich habe mir schon damals gedacht, dass ich da gerne mal mitmachen würde. Als Jugendlicher wurde es dann schwieriger, weil ich mich für alternative Musikrichtungen interessiert habe. Ich kannte einfach niemanden, der das genauso gut findet wie ich und niemand hat es verstanden. Ich habe dann meine besten Freunde mit Underground HipHop konfrontiert. Das hat bei ein paar sogar wirklich funktioniert. Die Freunde, die mir aus der Schulzeit geblieben sind, sind Hiphop-Heads und kennen auch solche Sachen wie Dorian Concept. Wahrscheinlich hätten die das sonst gar nicht so mitbekommen.

Wenn jemand einen Film über St. Pölten machen würde und du müsstest den Soundtrack dazu beisteuern, wie würde der aussehen?
Was ist das für eine Frage? Shit. Schwer zu sagen. St. Pölten ist sehr trist und neblig. Ich muss auch sagen, dass ich die EP fertig gemacht habe, als es schon so nebelig war. Ach, ich weiß nicht.

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Als ich deine EP gehört habe, hat sie mich nicht zwingend an St.Pölten erinnert. Welches Ambiente würdest du dem Hörer für das Anhören deiner EP empfehlen?
Auf jeden Fall sollte man sie in der Nacht hören, vielleicht bei einer langen Zugfahrt oder daheim, während es draußen regnet.

Man sollte es also gemütlich haben?
Ja, schon. Es ist schon sehr nach innen gekehrt. Aber das würde ich überhaupt über meine Musk sagen. Sie ist sehr persönlich.

Sie funktioniert aber auch zum Feiern und Tanzen.
Ja, glaube ich eh, aber im Club sehe ich die Tracks eigentlich nicht.

Wenn ich deine Single im Club hören würde, würde ich schon massiv dazu abgehen.
Ich fühle mich dabei irgendwie unwohl. Ich könnte nicht im Vorhinein sagen, dass ich einen Club-Banger mache oder so. Ich mache die Musik, die aus mir raus kommt. Es gibt schon clubbige Sachen als Einfluss, aber Sachen für den Club zu produzieren, liegt mir nicht. Vielleicht passiert es mir ja mal, aber ich würde es nie darauf anlegen.

Wenn du alle Mittel zur Verfügung hättest: Wie würde sich dein Studio dann von deinem jetzigen unterscheiden?
Ich hätte viele Instrumente, viele analoge Synthesizer.

Du bist also ein Analog-Fan?
Nein, das nicht. Wenn ich einen Track release habe ich immer das Gefühl, dass er so perfekt ist, wie es für mich möglich ist. Aber trotzdem kann man sicher auch durch Gerätschaften und analoge Synthesizer Sounds erzeugen, die mir jetzt noch nicht einmal eingefallen sind, die nicht im Spektrum meines Denkens sind. Tape-Rekorder hätte ich auch gerne und bessere Mikros damit ich Schlagzeug aufnehmen kann.

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Spielst du viel Schlagzeug selber ein?
Bei der EP habe ich selber wenig eingespielt, da habe ich gesampelt.

Würde es dich freuen mal in einem riesigen Studio zu arbeiten?
Da würde ich ganz anders arbeiten als bei mir zu Hause. Es ist genau der Vibe, in dem Studio, in dem wir gerade sind, den ich so schätze. Man hat Blick auf die Bäume und meistens ist draußen Nebel. Das gefällt mir sehr.

Du bist ein sauguter Sänger. Wenn du keine elektronische Musik machen oder nicht im Jahr 2014 leben würdest, sondern vor zwanzig Jahren—welche Musik würdest du mit deiner Stimme dann machen?
Ich würde mich gar nicht so als Sänger bezeichnen. Eher als Produzenten. Ich singe zwar schon sehr lange, aber beim Gesang bin ich mir selbst gegenüber sehr kritisch. Da weiß ich ganz genau, was ich hätte besser machen können. So blöd es klingt, aber der Klang meiner Stimme würde mir als Hörer nicht taugen. Ich finde meine Stimme nicht so besonders.

Ich hab da an Soul-Sachen, die weniger elektronisch wären, gedacht.
Ja voll. Ich will in Zukunft auf jeden Fall mal klassische Soul oder Jazz-Sachen machen. Am coolsten wäre es da mit einer Band zu spielen. In der Schulzeit habe ich im letzten Jahr mit einer kleinen Partie angefangen jazzige Sachen zu machen.

Du hast also tatsächlich schon überlegt in diese Richtung zu gehen?
Ja, das taugt mir extrem. Als wir damals in der Maturaklasse angefangen haben so zu spielen, habe ich mir schon gedacht, dass ich das irgendwann weiter machen sollte. Das hat sich dann ein bisschen zerstreut, was ich sehr schade gefunden habe.

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Hast du gute Musiker in der Klasse gehabt?
Ja, die waren echt super. Ich habe damals Schlagzeug gespielt und gesungen gleichzeitig.

Das ist relativ selten: Drummer, die Sänger sind.
Diese Kombination finde ich richtig gut. Da ist man so mit dem Körper drinnen. Singen ist sowieso etwas sehr körperliches, auch auf der Bühne. Im Zuge der EP habe ich ziemlich viel experimentiert.

Welchem Musiker würdest du mal gerne deine Vocals leihen?
Es wäre ein bisschen zu offensichtlich, wenn ich Flying Lotus sage.

Gar nicht! Warum?
Na gut. Flying Lotus arbeitet einfach so schön mit der Stimme, das würde mich schon sehr reizen.

Für viele Leute bis du seit der Red Bull Music Academy auf dem Radar. Wie viel hat dir Teilnahme rückblickend gebracht?
Sie hat mir auf jeden Fall was gebracht. Ich bin nach Wien gekommen und plötzlich war ich in einem verdammt coolen Umfeld. Beim Bass Camp hat sich alles an guten Musikern konzentriert und es war so überwältigend. Während und nach dem Bass Camp war mein Ego am Boden. Ich dachte mir: „Scheiße, du bist jetzt in Wien und wie kann ich mir überhaupt eine Rolle in dem Musikbusiness erlauben, bei dem Talent, das es in Österreich gibt?“ Das hat mich wirklich umgehauen. Ich war danach aber auch extrem motiviert. Nicht im Sinne von Competition, sondern von der Inspiration her. Ich war plötzlich in einem arg kreativen Umfeld, das ich in St. Pölten nie wirklich gehabt habe. Das hat mich befruchtet.

Geht bei dir seitdem mehr weiter?
Würde ich schon sagen. Ich würde nicht sagen, dass ich mehr produziere, aber dass ich mich schneller weiterentwickle. Als ich bei Dorian Concept im Studio war und er mir Teile vom Album vorgespielt hat, bin ich nach solchen Studiosessions schon immer inspiriert weggegangen. Dieses Umfeld genieße ich einfach bis heute. Das ist unvergleichlich und das mag ich auch so an Wien.

Deine Tracks klingen zwar immer sehr melodisch und eingängig, aber trotzdem sind sie kein Mainstream. Bist du trotzdem Mainstream-Fan oder gibt es cheesy Sachen, die du feierst?
Da gibt es sicher was. Michael Jackson kann ich nicht leugnen. Er war ein Genie und einer der beeindruckendsten Sänger überhaupt. Mainstream HipHop mag ich auch sehr gerne, der war und ist meine Basis. So Sachen wie A$AP Rocky und Schoolboy Q höre ich genauso, wie wirklichen Underground Rap.