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Wie man das Frequency mit zehn Euro am Tag überlebt

Gar nicht.
Alle Fotos von Christopher Glanzl

Alle Geschichten zum Frequency 2015 findet ihr hier—und bei unseren Kollegen von Noisey.

Festivals sind so super, aber halt auch so teuer. Noch bevor man überhaupt das Gelände betreten hat, muss man im Zuge eines Frequency-Tagesausflugs schon zehn Euro für den Zug, sieben Euro für den Shuttle-Bus und fünf Euro Müllpfand blechen. Weil ich versuchen wollte, mit zehn Euro einen Tag am Frequency zu überstehen, war die ganze Aktion eigentlich bereits an diesem Punkt ein ziemlicher Flop. Aber wurscht, zählt nicht. Ab jetzt wirklich nur noch ein Zehner.

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Mit zehn Euro einen Tag lang am Frequency auszukommen klang in meiner Vorstellung schon fast zu leicht. Ich dachte, ich schnorre mich einfach einmal quer durch den Campingplatz und kann dann den verfügbaren Betrag in einen gönnerhaften Liter Spritzer während eines Konzerts investieren. Mehr als diesen Humpen würde ich bis dahin sowieso nicht mehr brauchen. Das mit dem Durchschnorren hat gut funktioniert, aber zugegebenermaßen hatte ich nicht bedacht, dass meine Willensstärke ungefähr bei Null liegt und somit dauerte es nicht lange, bis ich voller Demut und Bier entschied, das Zehn-Euro-Experiment notgedrungen abzubrechen. Ich habe kläglich versagt, kann aber trotzdem erläutern, wie es funktionieren hätte können. In Form von Tipps.

Sauf dich vorher gscheit an

Wenn du überhaupt betrunken sein möchtest, dann ist das der wahrscheinlich essentiellste Tipp, um ein Festival überhaupt zu packen. (Du solltest auch manchmal nüchtern sein. Wenn du immer betrunken bist, dann haben wir hier einen Bericht über die Anonymen Alkoholiker für dich). Aber Festivals sind Ausnahmesituationen, also öffnest du das erste Dosenbier am besten beim Verlassen deiner Wohnung—versuch die Gedanken an den Pferdestall-Geruch am Zeltplatz und all die Edding-Penisse einfach schon im Vorhinein in ganz viel Liebe zu ertränken. Das ist nicht nur deshalb wichtig, um den bevorzugten Alkoholpegel möglichst früh zu erreichen, sondern auch, um alle anderen Geldspar-Methoden, die innerhalb des Geländes anwendbar sind, eher ungeniert erledigen zu können. Die goldene Regel: Wenn du die Grenze vom Campingplatz Richtung Bühne überquerst, oder gerade vom Bahnhof kommst, was weiß ich—sieh zu, dass du schon einen picken hast.

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Mach Tauschgeschäfte

Man sollte wohl auch versuchen, zwischendurch was zu essen. Als Camper hat man bereits am Vormittag sein Dosengulasch in die Sonne gestellt und ist somit satt, als regulärer Besucher wird man jedoch irgendwann sehr, sehr hungrig. Das billigste Essen, das ich auf die Schnelle auftreiben konnte, war eine Brezel um heiße drei Euro. Und was soll ich sagen, diese Brezel war sehr sättigend. So sättigend, dass mir nach der Hälfte ein bisschen schlecht wurde und ich meine Brezel-Überbleibsel wiederum gegen Bier am Campingplatz eintauschen konnte. Die Leute am Campingplatz lechzen förmlich nach allem, was du ihnen anbieten kannst und keine Dose ist. Auch wichtig: Zigaretten sind offenbar eine Art Komplementärwährung am Frequency.

Nimm mit, was gratis ist

Die Stände sind tatsächlich die heimliche Goldgrube der Festivals. Viele werden versuchen, dir Ramsch anzudrehen, den du annehmen solltest, weil er gratis ist und später vielleicht jemand deine fetzigen FM4-Sprechblasen oder Kondome gegen Bier eintauschen mag. Die richtig guten Stände geben dir jedoch gleich Gutscheine für Bier. Hier kann es von Vorteil sein, die Menschen hinter den Ständen zu kennen—unter Umständen können sich auch Bekanntschaften positiv auf die Anzahl der Bier-Gutscheine auswirken.

Stell dich zu den Eingängen

An den Grenzübergangen, die einen von draußen oder dem Camping-Bereich aufs eigentliche Festival-Gelände bringen, wird man von den Securitys nicht nur ausgegriffen, sondern auch höflich dazu aufgefordert, sein Wegbier wegzuschmeißen. Keine mitgebrachten Flaschen, Dosen oder andere Hartverpackungen erlaubt. Wegwerfen wäre aber natürlich verschwenderisch. Ganz genau—das hier ist der Ort, an dem jeder so schnell wie möglich seinen Alkohol loswerden will. Du tust den Menschen sogar noch einen Gefallen, wenn du ihnen mal eben dabei hilfst, ihren abgestandenen Gin Tonic wegzukriegen. Das größte Restesaufen findet tatsächlich an den Eingängen statt. Tu Gutes, werd rauschig.

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Sei unverschämt

Man kann natürlich versuchen, beim Spritzer kaufen so zu tun, als würde man kein Deutsch sprechen und darauf hoffen, dass die Bar-Tante beim Versuch, Pfand auf Englisch zu erklären, gnadenlos scheitert und irgendwann ganz einfach auf den Euro scheißt. Ich kann aber für nichts garantieren. Grundsätzlich gilt aber: Frech gewinnt. Meiner Erfahrung nach sind viele Menschen am Frequency sowieso so vollgepumpt mit Liebe, dass sie dir gerne aushelfen. Andere wiederum geben sich Mühe, möglichst sinnlos zu reagieren und wollen dich beim Bier-Betteln erst mal ziemlich unhöflich abwimmeln. Erklärt man dann aber, man wäre bereit, einen kleinen Betrag zu zahlen, geben sie dir gleich zwei Dosen und wollen wiederum nichts dafür. Die Logik ist die Folgende: Willst du nicht zahlen, kriegst du auch nichts. Willst du zahlen, kriegst du alles und mehr, dafür aber gratis.

Fazit: Rein theoretisch wäre es schon möglich, mit zehn Euro einen Tag lang am Frequency zu überleben. Dazu braucht es jedoch einiges an Aufwand, sehr viel Schnorrerei, lange, häufige Fußwege und Freunde, die einen trotzdem immer an ihrem Spritzer mittrinken lassen.

Franz auf Twitter: @FranzLicht

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