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Reviews

Musikreviews mit Casper, No Age, Crocodiles, Herr von Grau und vielen mehr

Der heutige Star unserer Reviews: Hinterland. Aber auch die restlichen von uns rezensierten Alben sind (meist) einen Blick wert.

CARCASS

NIGHTMARES ON WAX

NO AGE

JUSTINE ELECTRA

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HERR VON GRAU

Freiflug

Grautöne/Groove Attack

Rap, der mit monotoner Stimme über spröden Beats vorgetragen wird, erweckt immer den Anschein, besonders tiefgründig und reflektiert zu sein. Aber jedes Mal, wenn ich genauer hinhörte, um ein paar existenzphilosophische Weisheiten aufzuschnappen, ging es irgendwie gerade um Pizza, Supermarktbesuche oder Klopapier. Gut möglich also, dass Benny der erste Rapper ist, dessen Leben sich noch langweiliger gestaltet als mein eigenes. Aber immerhin steht er dazu und so eignet sich die Platte perfekt, um sich schnurstracks in einen wohligen Schlummer dozieren zu lassen, was mir immer noch weitaus lieber ist als dieser anbiedernde Hip-Hip-Hurrah-Hop der letzten Monate, von dem ich immer Alpträume bekomme.

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UNCLE BOOM

HUERCO S.
Colonial Patterns
Software

Der EDM-Gestörte wird sich fragen, wo hier die Action bleibt und in Ermangelung der Drop-Dosis nach zwei Minuten ganz zittrige Patschehändchen bekommen. Brian Leeds alias Huerco S. entwirft seine Loop-Halluzinationen tatsächlich eher für die Leute, die im mobildigitalen Alltagskrieg die Waffen gestreckt haben oder wenigstens nach einem Ausweg suchen. Colonial Patterns schleicht durch Detroitsche Industriebrachen, ermorpht sich ganz neue, hallweite Kognitionsräume, sucht die Ewigkeit im Analogknistern zwischen zwei Kickdrums. Grandios mononton ist das. Allerschönstes Backlash-Rauschen!

ROLAND 303 KAISER

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KARLHEINZ DROSTE

KOOPA TROOPA

IMMO VATION

CARLOS CASTANEDA

OATHBREAKER
Eros Anteros
Deathwish

Griechische Mythologie im Titel, Nietzsche-Zitate in der Tracklist—es kann sich hierbei nur um ein Fremdscham triggerndes Semesterprojekt einer geisteswissenschaftlichen Fakultät oder um Hardcore mit Leidensdruck handeln. Sobald der Name Oathbreaker fällt, weiß man natürlich, was Sache ist und es fällt uns nicht schwer, die Klischeeklöße herunterzuwürgen. Denn der Hardcore der Belgier ist mit einem Leidensdruck ausgestattet, der sämtliche Tränendrüsen und Hassadern platzen lässt. Das erste Album hinterließ schon eine ordentliche Sauerei, aber was hier aus den Schläuchen läuft, reicht, um die Fahrstuhlszene aus Shining in der Lobby der Genter Uni nachzudrehen. Mindestens.

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JACK TORRANCE

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Mit Sicherheit erwähnen die ihren Norwegischen Grammy nur so oft, weil sie es selbst kaum fassen können, wie man mit einer Musik, deren Nischendasein seit jeher abgemachte Sache zu sein schien, auch nur einen Blumentopf gewinnen kann. Andererseits gehört seit 2011 auch das Phänomen Black Metal für die Diplomaten der weltweit 106 norwegischen Vertretungen zum Pflichtfach, da darf man sich über nichts mehr wundern - wäre England wirklich die Pop-Nation der Welt, müsste man Norwegen zum Königreich des Extrem-Metals erklären. Das vorausgeschickt, sorgen Arabrot mit ihrem sechsten Album für einen international außenstehenden Höhepunkt brutalster Musik jenseits feiger Klassifizierungen. Ganz große WTF?-Kunst!

M.R. FALTBACKE

Hand hoch, wer hatte daran gezweifelt, dass Carcass ihre Skalpelle noch einmal auf brillante Schlitzschärfe gewetzt kriegen? Nur ein Wisch von und alle ungläubigen Hände fliegen in die Luft. Ganz ehrlich, ein einziger Takt dieser ultrapräzisen Operation am offenen teerklumpigen Death Metal-Herzen lässt die letzten zwanzig Jahre in sich zusammen fallen und du glaubst, dass sogleich olle Vanessa Warwick ihre gebleichte Lockenmähne durch das "Heartwork"-Solo unterlegte Headbanger's Ball-Intro kreisen lässt. Und das ganze auch noch, ohne das melodische Backup des abgewanderten Axtschwingers Amott in irgendeiner Sekunde vermissen zu müssen. Ich habe dieses Album sämtlichen Qualitätskontrollszenarien unterzogen: beim Joggen, im Supermarkt, auf der Autobahn - überall nur Tote. Carcass bringen hiermit die gute alte Zeit zurück, mindestens bis der ewige Rost zuschlägt!

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JOHN STEEL

EGON BREITI

EDMUND STOIKER

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FARIN SCHUH

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ALL PIGS MUST DIE
Nothing Violates This Nature
Southern Lord

Meine Lieblingsszene in Macbeth war immer die, als sich die drei im Original auch Weird Sisters genannten Hexen treffen und die eine auf die Frage, wo sie denn gewesen sei antwortet: 'Schweine gewürgt!' Das erheitert mich schon seit meinem zehnten Schuljahr. Nicht ganz so lustig klingt das neue Album der Hardcore-Supergroup All Pigs Must Die. Kaum zu glauben, aber die Jungs, die schon bei Hope Conspiracy, Converge und Bloodhorse für nicht eben sanftmütige Töne sorgen, klingen in diesem erstaunlich vielseitigem Primetime-Projekt noch pissiger. Why is it so pissed People. End of story?

MASON SQUEALER VERGER

ORESTEESSEN

LORD OF THE BORINGS

KING KRUDE

JOY WELLBOY
Yorokobi's Mantra
Bpitch Control

Das hätte funktionieren können—so richtig weitreichend—wäre dieses Album nur vor zwanzig Jahren erschienen, als Mitte der Neunziger die um ihre Protagonisten gewaltig aufgeschäumte Welle Trip Hop auch Veröffentlichungen von Jhelisa und Nicolette vor sich her und wieder weg trieb. 'Yorokobi's Mantra' ist stimmiger und geschlossener, ja auch schöner und gefällige, als diese Debüts, die wir uns damals zwischendurch fixten. Nun wird wahrscheinlich nur noch die Generation zu begeistern sein, die nach zwei Jahrzehnten Kinderzucht und Bankkarriere, jetzt erst wieder Ausgang bekommt, um ranzigen Scheiß als cremefrisch für sich zu entdecken.

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PHIL FEELGOOD

'SUP BOB

DR. STRONZO

U.F.O.

POP. 1208
Imps Of Perversion
Sacred Bones

39 Minuten Art-Punk für eine Zielgruppe, die Bettbezüge aus Schleifpapier benutzt und sich Chiliextrakt pur auf die Zunge träufelt. Also: das Ding, das bei Textzeilen wie "please nail my head to the wall / that's just how I like it" ganz gut rüberkommt. Nicht so sehr ein langweiliger roher Lärm, sondern diese sexy Brutalität, Kompromisslosigkeit und Unberechenbarkeit, die sonst eigentlich nur Michael Gira hinbekommt. Lo-Fi als Notwendigkeit und Ausgangspunkt, nicht als kitschiges Stilmittel. Wenn Noise-Rock romantischer Vanilla-Sex im Himmelbett ist, dann ist Imps of Perversion der kurze gute Handjob in einer dunklen Seitenstraße.

DARIO RUSSO

KÄPTN NUSS

BEN LUKAS BOYSEN
Gravity
Ad Noiseam

Man kann die Herkunft dieser Musik einfach ignorieren und mit ihrer Hilfe das verkannte Gefühl wohliger Melancholie kultivieren. Die andere Möglichkeit ist, direkt vor dem Genuss von Gravity Ben Lukas Boysens umfangreiches als Hecq veröffentlichtes Alternativwerk zu studieren, etwas von dem komplexen IDM-Hirnlego, Elektro-Geknupsel und Dröhn-Bumm-Bang in sich aufzunehmen und dann … ETERNAL BLISS! Dauert wesentlich länger, knallt aber doppelt. Im Verlauf von 42 Minuten entwickeln dann die minimalen Sounds und Piano-Tupfen, die oberflächlich als einfacher Wohlklang im Äther nachschwingen, einen nahezu zwingenden, labyrinthischen Charakter - es gibt kein Entkommen!

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JACKI S.A. DALLBEU

**

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