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Mein Lieblingssoundtrack: 'Romeo + Julia'

Bei dem Soundrack ist vor allem eines wirklich wichtig: Du solltest möglichst viele Taschentücher in deiner unmittelbaren Nähe haben.

Lange bevor ich harten Rap für mich entdeckt habe, hab ich mich in Baz Luhrmanns Soundtrack zu Romeo + Julia verliebt. Meine Abende habe damit verbracht, mein laminiertes Leo-Poster von oben bis unten abzulecken. In der Theorie klingt Shakespeares Geschichte über die Rich Kids aus Fake-Los Angeles wie der größte Mist den es nur geben kann. Aber in der Praxis ist Romeo + Julia eine astreine Mischung aus Popkultur und Klassik. Luhrmann hat das später noch einige Male versucht, ist dabei allerdings kläglich gescheitert (verschont mich bitte mit The Great Gatsby). Am besten konnte man das am Soundtrack sehen: einem Mix aus 90er Pop und massig orchestralem Zeug. Komponiert wurde der Soundtrack von den Produzenten Nellee Hooper, Craig Armstrong und Marius de Vries und bringt noch heute harte Kerle zum Weinen.

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Beim Release im Jahre 1996 hat sich die Welt vor Aufregung in die Hosen gemacht. Sowohl der Soundtrack als auch der Film schlugen wie eine Bombe ein. Der OST erreichte in den USA sogar dreifach-Platinum erreicht. Die Kritiker schmissen mit Lob um sich, während sie gleichzeitig um den vermeintlichen Tod von Claire Danes heulten. Den Fans zu Liebe gab es zum zehnten Jubiläum einen Re-Release mit Bonus Tracks, der 2007 raus kam.

Alleine die erste Szene bringt mich noch immer total aus der Fassung …

"Two households, both alike in dignity, In fair Verona, where we lay our scene"

[CRASH ZOOMS, HELIKOPTER SHOTS, DAS AUFWENDIGSTE CHOR ARRANGEMENT HAUT DIR IN DIE FRESSE.]

Das erste Mal hab ich den Film in einer Englisch-Stunde gesehen und ich erinnere mich noch sehr genau, dass meine perfekte Schule-ist-scheiße-Haltung das erste Mal so richtig in Gefahr war, als ich mir dachte, "Muss mir doch nicht peinlich sein, auf DiCaprio und sein Alt-Englisch zu stehen, oder?"

Der Soundtrack hat mich durch die ganze verdammte Skala an Emotionen geschickt. Bei Garbage´s „#1 Crush" wollte ich sofort eine ganze Flasche Wodka runterkippen und meinen Eltern sagen, dass ich sie hasse. Butthole Surfers „Whatever" ist einfach eine Sex-nach-verschwenderischer-Einnahme-von-Valium Hymne. Zu The Wannadies´„You And Me Song" wäre ich am liebsten mit jemanden Hand in Hand über eine Wiese romantisiert und „The Montague Boys", mit One Inch Punchs Justin Garfield, war der Kategorie Musik, in der man hart schaut und dazu in Slow-Motion geht.

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Einer meiner Lieblings-Pop-Momente im Film beginnt mit der Discoschnulze „Young Hearts Run Free", die den Maskenball zum Erleuchten bringt und damit die Messlatte für Luhrmanns dreiste Extravaganz setzte, die Kinogänger schon in „Strictly Ballroom“ genießen konnten. Frag nicht, wieso Mercutio, in einem Kleid, mit einem Bart, voll auf Ecstasy, derbe abgeht wie Kym Mazelle—genieß es einfach.

Dann gibt es da noch, ganz klar, den OFFENSICHTLICH GANZ GROSSARTIGEN MOMENT mit den skandinavischen Helden The Cardigans und ihrem zuckersüßen „Lovefool". Der Song passt wie kein anderer zu dem Flirt, der da zwischen Romeo und Julia am Start ist. Ich kann mich noch erinnern, dass er auf MTV in einer nicht enden wollenden Dauerschleife lief und ich erst später bemerkte wie ich-brech-dir-die-knöchel-und-kette-dich-an-meine-heizung-damit-du-mich-niemals-verlässt die Lyrics eigentlich sind. Nina Perssons hauchene Stimme ist einfach viel zu verfüherisch um den Song nicht tausend Mal anzuhören. Wer kann sich noch an diese Version von dem Video erinnern? Was zur Hölle sollte das eigentlich?

Der orchestrale Teil des Soundtracks gewann dann mit meinen zwei Lieblings-Charakteren an Bedeutung. Tybalt´s Theme schafft es mit Mariachi-Bläsern und Marschtrommeln, John Leguizamo, der mit katholiizistischem Kitsch beladen in High-Heels herumstolziert, tuntig und gleichzeitig bedrohlich erscheinen zu lassen. Im Kontrast dazu steht Mercutios Tod—der Wendepunkt der ganzen Geschichte. Die Musik steigert sich von nachdenklich zu „FUCK, DIE HABEN MERCUTIO GEKILLT!!! FUCK!!“ auf so mächtige Art, dass sie die ganze Stimmung des Films mitreißt; in den Abgrund, wo der kleine Leo in die Gewitterwolken schreit und die Taschentücher langsam zu Ende gehen.

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„A plague on BOTH YOUR HOOOUSES!"

Und obwohl „When Doves Cry", das Gospel Sänger Quindon Tarver von Prince gecovert hat, nicht am originalen Soundtrack ist, hat es den Kirchensänger mit dem Babyface trotzdem unsterblich gemacht, weil es noch viel mächtiger und epischer war als das Original. Tarver ist auch für die Vocals des Re-Release von Luhrmann´s lebensbejahendem Spoken-Word Hit „Everybody´s Free (To Wear Sunscreen)" verantwortlich. Wieder ein Track, der in der Theorie haarsträubend peinlich ist, mich aber in den beschissenen Momenten des Lebens auf meine Tränen reduziert.

Last, aber ganz bestimmt nicht least, gibt es dann noch das triumphale „Kissing You". Gibt´s jemanden, den diese erlösende Szene eigentlich nicht zum Heulen bringt? Wie auch immer: Bei einem Film, der von Anfang an mit einem so professionell zusammengestellten Sondtrack überzeugt, bleibt einem sowieso nichts anderes übrig, als dem Song, der den Höhepunkt des Streifens vertont, fette Kudos zu geben. Das im Hintergrund gehaltene Piano erlaubt Des´ree, ihre Vocals in den Mittelpunkt zu setzen und lassen dich alle Elevator-Music-Tracks, die sie davor rausgeschissen hat, vergessen. Wirklich hysterisch wurde ich bei der alles endenden Ballade, als die Streicher einsetzten. Das ist ziemlich praktisch, weil kein anderes Stück die größte Liebesgeschichte aller Zeiten besser beenden könnte.

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