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Das war 2014

Mein Musikjahr 2014: Jonas

Noisey-Autoren blicken auf ihr persönliches Musikjahr zurück. Heute: Jonas mit 10 Beobachtungen.

War 2014 jetzt ein gutes oder ein schlechtes Jahr für Musik? Es war ein Jahr. Belassen wir es vorerst dabei. Nachdem ich klassische Best-Of-Listen nicht mag und wir damit jetzt auch schon ein bisschen spät dran sind (die rücken aufgrund der „Wir müssen die Ersten sein!“-Hysterie immer weiter nach vorne und haben so letztes Jahr Beyoncé und heuer D'Angelo verpasst), werde ich eher ganz allgemeine Beobachtungen über das Musikjahr 2014 niederschreiben. Ich werde die heimische Szene übrigens ein bisschen außen vor lassen: Die habe ich ja letzte Woche schon betrachtet.

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Hier also jetzt die ultimativen Vogt'schen Beobachtungen. Wir starten mit drei sehr offensichtlichen, die heuer auch schon gut breitgetreten wurden. Danach wird es ein bisschen spezieller.

2014 war das Jahr des Hinterns

My Anaconda don't. Dazu braucht man eigentlich nicht viel sagen. Die Brüste verschwanden mehr oder weniger aus den Musikvideos, wohlgeformte große Backen waren das must have 2014. Wer jetzt glaubt, das wäre etwas Gutes und würde Frauen helfen, die nicht dem gängigen Schönheitsideal entsprechen, der sollte der wunderbaren Tina Fey zuhören.

Es gab keine wirklich riesigen Alben

War 2014 das Jahr, in dem das Platinalbum starb? Das war zumindest eine These, die im September relativ breit getreten wurde. Taylor Swift, die 2014—bis auf ihre eher unnötige Fehde mit Spotify— eigentlich nichts falsch machen konnte, hat das Ganze zwar noch umgedreht. Und ja, 1989 war vermutlich das, was an die Definition eines „großen Albums“ noch am ehesten nahe kam. Aber lag es wirklich nur am Veröffentlichungszirkel? Ja, natürlich hilft einem ein Bangerz. Aber wenn wir ein bisschen zurückschauen, wird das Bild komplexer. Das meistverkaufte Album 2013 (Justin Timberlakes The 20/20 Experience) ist mit knapp 2,5 Mio verkauften Kopien in den USA gleichzeitig auch das „schlechtverkaufteste meistverkaufte Album“—ich weiß gerade wirklich nicht, wie ich das besser ausdrücken soll. Zehn Jahre zuvor wäre es nur auf Platz 8 gelandet, zwanzig Jahre zuvor vielleicht nicht mal in den Top 15. 2014 war kein besonders schlechtes Jahr für Alben, sondern nur ein logischer Abschnitt einer digitalen Entwicklung, die das Album an sich immer unwichtiger macht.

Die 90s-Kids bringen die 90er zurück

Auch das ist keine besonders kreative Beobachtung. Ob im Pop oder in der Gitarrenmusik—die 90er waren wieder überall. Das passiert auch deshalb, weil die Kinder der 90er jetzt langsam die Hierarchie in den Labels, den Musikmedien etc. hochklettern.

Pop ist nicht mehr Punk

Love me harder with a Chandalier. Popmusik war 2014 das, was 2012/13 R'n'B war: Etwas, auf das sich irgendwie alle einigen konnten. Das heißt natürlich im Umkehrschluss auch, dass man auf einer Party nicht mehr der Coolste ist, wenn man sich zur Anlage schleicht und Zuckerpop anmacht. Jetzt muss man schon wieder Punk hören, um Punk zu sein.

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Die Post-Ironie ist endgültig in der Musik angekommen

Diese Beobachtung schließt quasi direkt an die Pop-Sache an. PC Music war das wichtigste Label des Jahres. Seine Artists überspannten den Bogen, pitchten was die Regler hergaben und fügten dem Disney-Sound, der heuer überall war, ein bis 1000 weitere Schichten Glasur hinzu. Dass man sich dabei nie ganz sicher sein konnte, ob das ernst gemeint war oder ob sich da ein Witz verselbstständigt hatte, hat das ja eigentlich erst so richtig wunderbar gemacht. Wenn man das Ganze als Statement gegen (oder für?) Konsum liest, interpretiert man vielleicht zu viel rein. Aber letztlich ist das ja Kunst: Menschen zum Nachdenken bringen.

Vinyl ist zurück. Or is it?

Grundsätzlich reden die Menschen mehr über das Kaufen von Vinyl als wirklich Vinyl zu kaufen. Lasst euch nicht täuschen: Auch wenn das schwarze Gold momentan überall ist, ist der Marktanteil immer noch marginal. Und mit marginal meine ich wirklich marginal. Deshalb reden auch alle immer nur über die prozentualen Steigerungen im Verkauf, nie über die absoluten Zahlen. Es ist auch gar nicht mal klar, ob die Infrastruktur für ein flächendeckende Versorgung mit Vinyl noch gegeben ist. In den letzten Jahren haben reihenweise Presswerke geschlossen. Aber es stimmt: Es tut sich etwas. In UK wurden heuer das erste mal seit 1996 mehr als eine Million Vinyls verkauft. Das ist ohne Frage cool.

HudMo gehört jetzt zu den ganz Großen

Hudson Mohawke stieg von der B- in die A-Liga auf. Mit Recht: Das „Hugh!“-Sample in „Chimes“ gehört zu den Glanzpunkten des Musikjahres. Aber auch Cid Rim, der sich 2014 die Zeit mit seinem Holy Oxygen-Projekt vertrieb, rückte mit seinen Produktionen für Theophilus London nicht nur in den iPhone 6 Werbspot, sondern mindestens auch in die B,5-Liga auf. Sehr gut.

Musikmarketing diversifiziert sich

Das war jetzt kein wirkliches neues Phänomen 2014, aber irgendwie noch auffälliger als 2013. Das klassische Midsize-Marketing im Zuge von Releases wird weniger, dafür nehmen die viralen Marketing-Kampagnen (Aphex Twin mit Syro hat den Bogen heuer fast ein bisschen überspannt) und die überraschenden „Übrigens, morgen kommt mein Album“-Aktionen von bekannten Künstlern (D'Angelo, Thom Yorke) zu. Warum? Gar nicht so einfach zu sagen. Dürfte wohl eine Kombi aus schrumpfenden Marketing-Töpfen und den Möglichkeiten der sozialen Netzwerke sein. Ich bin—nur ganz am Rande—übrigens kein Verfechter der These, dass ein starker FB-Auftritt Musikmedien völlig ersetzt. Es funktioniert gleichberechtigt, um das Primat wird gekämpft, aber ohne Präsenz in den Medien kann man auch mit einer Quatrillionen Follower ein ziemlich stilles Jahr haben. Siehe Lady Gaga.

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Was war mit den Musikblogs?

Ja, was eigentlich? Ich war heuer glaube ich kein einziges mal auf einem klassischen Blog. Ein Kollege von mir vertritt die These, dass die Meme-fication von Musikern die Blogs überflüssig machen. Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich diese Haltung teile, aber interessant ist sie allemal.

Und was war jetzt gut?

Und OK, ich komm ja doch nicht ganz drumherum. Sehr gut waren heuer salute, Sia (ja, doch), Die Nerven, Arca, Dorian Concept (Bei „Ann River, Mn“ stehe ich jedes mal kurz vorm Heulen), Chet Faker, Wanda, Jungle, The Fat White Family, Karate Andi, Run The Jewels, Hafti, QT. Und noch einiges mehr. Bilderbuch nehm ich da jetzt ausdrücklich raus, die werden 2015 riesig. Bussis.

Für noch mehr wertlose Meinung: Jonas ist auf Twitter. @L4ndvogt

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