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Noisey Blog

Ich bin DJ. Ich bin Dienstleister.

Wenn ich auflege und keiner hört zu, fällt dann ein Baum um?

Foto von Shane Mulhall

DJ zu sein kann verschiedene Facetten haben. Du lenkst die feiernden Massen mit deinen Fadern und Potis, spornst an, hältst zurück, bis die Menge nach dem Drop komplett ausrastet. Die Blicke sind auf dich gerichtet, die Leute geben sich dir hin wie ein einzelner geliebter Partner, der mit dir die Party-Ekstase zelebriert. Auf der anderen Seite habe ich letztens im Slow Tacos aufgelegt und ich bin mir sicher, dass es keiner der Gäste mitgekriegt hat. Vermutlich haben sie gedacht, dass ich irgendein inkompetenter Kellner bin, der sich in der kleinen Ecke hinter der Bar verlaufen hat und den Ausgang nicht findet. Oder sie dachten, ich bin eine Playlist. Falls sie es doch bemerkt haben, war es ihnen scheißegal. Und das ist eigentlich verdammt cool.

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Foto via Flickr | Shuichi Aizawa | CC BY 2.0

Ich kann mir Tanzmusik nicht anhören—OK, frag mich gegen drei Uhr früh nochmal, wenn ich mir den Stock aus dem Arsch getrunken habe—und wenn mich zu viele Leute ansehen werde ich nervös. Das sind Eigenschaften, die einen für Clubs und Festivals als DJ disqualifizieren. Der einzige Grund, wieso es für mich überhaupt die Möglichkeit gegeben hat, um zum Auflegen zu kommen, ist die wachsende Popularität des Berufs DJ an sich. Abgesehen von den Leuten, die am Wochendende feiern wollen, brauchen auch die Gäste in Restaurants, Einkäufer und Barbesucher musikalische Untermalung.

Nicht im selben Ausmaß, in dem du Luft zum Atmen brauchst oder die neuen Leucht-Sneakers, damit dich die coolen Kids akzeptieren. Aber du wirst überall beschallt, und Lokalbetreibern ist die Atmosphäre wichtig. Und die soll von einem Spezialisten geschaffen wird und nicht von irgendeinem Radiosender, der ein Ambiente erzeugt wie im Wartezimmer vom Zahnarzt.

Du schmeißt keine Torten, Lichtshow gibts keine und du stehst fünf Stunden in einer Ecke. Die Leute bemerken dich nur, wenn der Fader klemmt und zehn Sekunden lang eine unangenehme Stille entsteht, die durch leise Flüche aus jener Ecke unterbrochen werden.

Foto via Flickr | Fitsum Belay | CC BY-ND 2.0

Ich finde noch immer, dass es hat etwas Paradoxes hat, einen DJ einzustellen, der Hintergrundmusik auflegt. Ich habe einmal den Chef von der Rock-Kneipe, in der ich aufgelegt habe, gefragt, wieso er mich nicht einfach durch eine Playlist ersetzt—das war vielleicht Business-technisch nicht das Klügste—und er hat gemeint, dass es ihm wichtig ist, jeden Abend einen anderen DJ zu haben, der seine eigenen musikalischen Interessen mitbringt und auf das Publikum reagiert—dann habe ich mich gefreut. Mir gefällt dieser Gedanke, dass du als DJ eine Dienstleistung an den Kunden erbringst, indem du eine angenehme Atmosphäre schaffst, auch ohne dass die Leute dich feiern. Dein Job ist es, dass es gut klingt, und dass du niemanden auf den Sack gehst. Sie sind nicht da um dir zuzuhören, aber vielleicht bleiben wegen dir einen Drink länger. Die Wertschätzung musst du dir dadurch holen, dass es dem Chef wichtig ist, dass du mit deiner Musik den Laden aufwertest, so wie Schirmchen im Drink oder Eiswürfel im Pissoir—der Superlativ von „Schick“ laut Almost Famous. Oder von dem einen Typen, der mit jeder Faser seines Körpers Unzufriedenheit ausgestrahlt hat und nun mit einem Lächeln zu Isaac Hayes nickt. Vielleicht war er hungrig, wahrscheinlich war es das Essen, dass sein Stimmung aufgebessert hat, aber ich verbuche es als persönlichen Gewinn.

Die Wochenend-Slots in Clubs begrenzt sind und Hochzeiten haben sich noch nicht als allwöchentliches Fortgeh-Event etabliert, aber es gibt es eine Unzahl an DJs, die irgendwo spielen müssen. In meiner Vorstellung wird in der Zukunft jede Würstelbude ihren eigenen DJ haben, der nur darauf bedacht ist, dass alle glücklich sind und gute Musik hören. Irgendwo im Hintergrund, mit der genügsamen Zufriedenheit, dass ein paar Leute gerade fünf Minuten nicht irgendeinen Müll hören mussten.

Seppo ist auf Twitter: @noiseppo

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