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Warum sind Musiker solche Crowdfunding-Nieten?

Sie sind nicht alle furchtbar, aber die schlechten sind so richtig schlecht.

Als vor Kurzem dieser Typ mit seiner „total bekloppten“ Crowdfunding-Kampagne für Kartoffelsalat im Internet die Runde machte, sagte ich zu meinen Freunden, dass ich diese Aktion immer noch besser und verdienter finde, als jede IndieGoGo- oder Kickstarter-Kampagne von Musikern. Und ich habe das nicht gesagt, um besonders hip oder unangepasst rüberzukommen, nein, ich sagte es, weil es die Wahrheit ist. Musiker sind einfach grottenschlecht, was Crowdfunding angeht.

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Anlässlich eines 7“-Releases versuchte ich mich einmal sogar selber an diesem Prozedere und ich muss sagen, es war eine der schlimmsten Erfahrungen meines ganzen Lebens. Der Ablauf einer solchen Kampagne ist in etwa so angenehm, wie jemand anderem die Zähne zu ziehen—wenn man selber nicht gerade zum sadistischen Schlag Mensch gehört. Ich fühlte mich wie ein egozentrisches Arschloch, das gerade ein paar Menschen ihr hartverdientes Geld aus der Tasche zog. Es war wie ein komischer Kredit, gespickt mit einer erdrückenden Erwartungshaltung. Zu meinem Glück habe ich seitdem aber schon beobachten dürfen, wie andere Menschen solche Kampagnen schlimmer gegen die Wand gefahren haben, als ich es mir in meinen kühnsten Träumen jemals hätte vorstellen können—das ließ mein eigenes Scheitern dann rückblickend doch in einem milderen Licht erscheinen.

Das könnte mitunter daran liegen, dass Musiker, die sich Crowdfunding-Plattformen zunutze machen, oft falsche Vorstellungen und Missverständnisse darüber verbreiten, wie Musik gemacht und vertrieben wird. Als Resultat davon kommen sie nicht nur wie realitätsferne Spinner rüber, sondern machen gleichzeitig auch den Musikern das Leben schwer, die ihre Projekte ohne Crowdfunding am Laufen halten. Crowdfunding kann durchaus diese fantastische Plattform sein, die es Fans erlaubt, sich um einen Künstler oder ein Projekt zu versammeln, der oder das ihnen am Herzen liegt—und das ist definitiv eine gute Sache. Leider aber werden viele dieser Kampagnen schlecht durchgeführt, sind völlig fehlgeleitet und enden damit, dass Musiker unrealistisch hohe Summen Geld einfahren und ihre Fans wie eine Bank behandeln.

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Hier findest du einige Beispiele dafür, wie sich Musiker beim Crowdfunding nicht gerade mit Ruhm bekleckern und eine Sache für alle versauen, die eigentlich eine großartige Plattform für künstlerische Kreativität und Erkundungslust sein könnte. Liebe Bands, bitte hört auf, diese schlimmen, schlimmen Dinge zu tun.

Musiker lassen sich oft grauenvolle Belohnungen einfallen

Wenn ihr schon Leute anbettelt, um genug Geld zusammenzubekommen, damit ihr ein Doom Metal-Album schreiben und aufnehmen könnt, das auf einer Steampunkvariante von Große Erwartungen basiert, dann solltet ihr ihnen auch wenigstens einen ordentlichen Anreiz dafür liefern. Entweder scheinen die meisten Musiker keinen Plan davon zu haben, wie man das vernünftig anstellt, oder es ist ihnen einfach nicht wichtig genug, um es vernünftig anzustellen. Dank dieser Geisteshaltung hat man die Gelegenheit, Belohnungen in der Art von „Für 200 Dollar kannst du eine Videotour durch unseren Proberaum machen!“ zu wählen, die so unangebracht und vollkommen unbrauchbar sind, dass die Geldgier und mangelnde Kreativität der Band mehr als offensichtlich ist. Also bitte, liebe Musiker, überlegt euch doch wenigstens einmal kurz, was die Leute wirklich von euch haben wollen!

Für den Fall, dass es noch nicht so richtig bei euch angekommen ist, wir leben mittlerweile im Jahr 2014. Es ist einfach peinlich, für einen digitalen Download 10 Dollar zu verlangen—gerade wenn es sich um ein Crowdfunding-Dankeschön handelt. Ernsthaft, Thom Yorke hat gerade erst sein Solo-Album für 6 Dollar rausgehauen—inklusive Video. Also bitte, tut das nicht. Knüpft niemandem 15 Dollar für die 320kb/s MP3s eures Albums ab. Ein digitaler Download sollte das Sahnehäubchen einer Belohnung sein und nicht die Belohnung selber. Wenn euch schon jemand 15 Dollar überweist, solltet ihr wenigstens den Anstand haben, einen billigen Rohling zu kaufen und etwas mit einem Edding draufzukritzeln. Für den Fall, dass sich unter euren Belohnungen ein digitaler Download für 15 Dollar befindet, dann lebt ihr entweder hinterm Mond oder seid schlicht und einfach Arschlöcher. Das gleiche gilt übrigens auch für Menschen, die 75 Dollar für einen durchaus angemessenen Preis für eine Schallplatte halten—die ist ja schließlich auch „limitiert“. Nur weil ihr nicht genug Kohle habt, um mehr als 100 davon pressen zu lassen, heißt das noch lange nicht, dass ihr auch 75 Dollar pro Stück verlangen könnt.

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Weitere Beispiele für grauenvolle und abgedroschene Belohnungen gefällig? Coversong-Wünsche als Belohnung sind scheiße. Niemand, absolut niemand braucht noch mehr schlechte Akustikversionen von Rihanna-Songs, „Wagon Wheel“ oder eine totale ironische, seichte und folkige Umsetzung eines Metalklassikers.

Noch schlimmer ist allerdings das „Ich werde dir einen Song schreiben“-Dankeschön. Bitte liebe Künstler, tut das nicht. Wenn ihr das macht, dann sind eure Songs nicht mehr als ein Mittel zum Zweck. Das ist im Endeffekt das gleiche, wie einen Jingle für den ödesten Werbefilm aller Zeiten zu schreiben. Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel. Ach, und dieses extrem gruselige „Date mit einem Bandmember“-Dankeschön? Darüber sollten wir jetzt besser schweigen.

Wenn du eine Vorstellung dafür bekommen willst, wie wirklich gut überlegte Belohnungen aussehen, dann schau dir die Pre-Order Kampagne an, die Run the Jewels anlässlich ihrer neusten Veröffentlichung ins Leben gerufen haben. Oh, was sehen wir denn da? Gratis MP3s? Angemessene Preise für einen digitalen Download in hoher Qualität? Vinyl- und T-Shirt-Pakete zu humanen Konditionen? Genau so stellt man das Crowdfunding für eine anstehende Veröffentlichung an. Die Hilfe der Fans soll dazu führen, dass das, was auch immer du vorhast, am Ende spannender wird. Es sollte nicht einfach nur stumpf irgendein Ziel erreicht werden. Durch so eine Vorgehensweise fühlen sich die Fans auch wirklich einbezogen und nicht nur wie ein wandelnder Geldsack. Und genau das ist es, was einer großen Menge der Crowdfunding-Kampagnen komplett fehlt: ein Sinn für das Miteinander.

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Verdammt, die Leute sind so sehr von Run the Jewels bekloppter Belohnung angetan, eine Meow the Jewels-Remixversion des Albums zu erschaffen—die einzig und allein aus Katzengeräuschen bestehen wird—dass die zugehörige Kickstarter-Kampagne schon Tage vor dem Ende der Ablauffrist 13.000 Dollar mehr eingenommen hat, als ursprünglich benötigt. Wenn man es vernünftig anstellt, dann stärken die Crowdfunding-Belohnungen die Bindung zwischen Künstler und Fan. Beim Crowdfunding geht es eben darum, die Fans Teil der Erfahrung werden zu lassen und sie nicht einfach nur um ihr Geld zu erleichtern.

Das Schlimmste an diesen offenkundig ausbeuterischen Belohnungen ist die Tatsache, dass Menschen sie trotz allem kaufen werden—weil sie eben Fans sind. Dadurch entsteht dann der Eindruck, dass es OK ist, Leuten mit solchen Sachen Geld abzuknöpfen. Wenn du das zulässt, wirst du automatisch zum Teil des Problems—nicht nur weil du deine Fans ausnutzt, sondern auch weil du falsche Vorstellungen darüber verbreitest, wie Crowdfunding auszusehen hat. Mir ist total wumpe, wie toll Tante Erna es findet, dass du jetzt in einer Band spielst. Mit deinem Rechner und eingeschaltetem Skype durch euren zugemüllten Proberaum zu laufen, ist niemals 300 Euro wert.

Schlechtes Crowdfunding fördert schlimme Vorstellungen über Musik

Schlechtes Crowdfunding schafft es oft, furchtbare Missverständnisse darüber zu verbreiten, wie Musik gemacht wird oder wie Bands funktionieren. Zum Beispiel gibt es definitiv keinen vernünftigen Grund, pro Tag 1000 Dollar für ein professionelles Studio auszugeben, wenn man dafür andere Menschen um Geld bitten muss. Solltet ihr tatsächlich ein Studio benötigen, das 1000 Dollar am Tag kostet, dann wärt ihr mit ziemlicher Sicherheit bei einem Label unter Vertrag und hättet einen Haufen Kohle zu verprassen. Ja, selbst dann bräuchtet ihr wahrscheinlich kein Studio, das 1000 Dollar pro Tag kostet. Menschen weiszumachen, dass ihr jemandem 1000 Dollar pro Tag zahlen müsst, um eure Musik aufnehmen zu können, obwohl es dafür keinen triftigen Grund gibt, ist eine furchtbare Sache—und abgesehen davon totale Geldverschwendung.

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Niemand kennt eure Band und niemand interessiert sich dafür, ob euer Album im gleichen Studio wie das letzte Strokes-Album aufgenommen wurde—ganz einfach weil, jetzt mal ernsthaft, das total egal ist. Nur weil ein bekanntes Album dort aufgenommen wurde, heißt das noch lange nicht, dass das Album deiner Band automatisch auch gut wird. Ein Album wird auch nicht dadurch besser, indem man Unmengen Geld dafür auf den Kopf haut. Es zeigt einfach nur, dass ihr wirklich gut darin seid, die Kohle anderer Menschen aus dem Fenster zu werfen.

Home Recording ist heutzutage nicht nur unglaublich kostengünstig, sondern auch leicht zu lernen— außerdem birgt es für Musiker ein unglaublich wichtiges Werkzeug. Wenn du selber aufnimmst, behältst du nicht nur mehr künstlerische Freiheit über deine Musik, sondern es hilft dir vielleicht auch dabei, herauszufinden, wie euer Sound klingen soll—und noch wichtiger, wie ihr dorthin kommt. Wenn du dann irgendwann mal mit einem wirklich guten Producer zusammenarbeitest, wirst du tatsächlich wissen, wovon er redet. Du wirst nicht einfach nur passiv alles abnicken und planlos an die Wand starren, wenn Vorschläge gemacht werden, und ihr dann am Ende mit einem überkomprimierten und Auto-Tune-verseuchten Haufen Scheiße dasteht.

Um das Ganze noch mal ins rechte Licht zu rücken, Kevin Parker nimmt die komplette Musik von Tame Impala in seinem eigenen Homestudio auf. Ja, er hat wohl ein paar teure Geräte dort stehen, aber viele Menschen, die das nicht haben, kommen auch gut aus. Anstatt also 5000 Dollar für einen fünftägigen Studiobesuch in den Wind zu schießen, könntest du dich auch einfach mit Kondensatormikrofonen und Pre-Amps eindecken. Zieh los und lern was!

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Liebe Musiker, an dieser Stelle ist die Zeit für ein paar ernste Worte gekommen. Es gibt keinen Grund, tausende Dollar dafür auszugeben, ein Musikvideo zu drehen—Videos interessieren einfach niemanden mehr. Weißt du, warum Menschen sich für die Filmchen von Künstlern wie Drake oder Taylor Swift interessieren? Das hat nichts damit zu tun, dass es sich dabei um Hochglanzproduktionen handelt, sondern liegt daran, dass sich Menschen generell für diese Künstler interessieren. Hört also bitte auf, Geld für Musikvideos aus dem Fenster zu schmeißen. 1996 liegt weit zurück. Steckt die Kohle lieber in etwas Sinnvolles—wie die Anschaffung von Aufnahmegeräten oder einem Tourvan. Und wo wir gerade schon dabei sind …

Lasst euch eure Tour nicht durch Crowdfunding finanzieren

Ihr braucht Geld, um auf Europatour zu gehen und wollt euch dieses Unterfangen per Crowdfunding finanzieren lassen? Beantwortet ihr diese Frage mit einem „ja“, dann habt ihr nichts auf einer Europatour verloren. Wenn ihr bereit für eine ausgedehnte Tour wäret, wüsstet ihr auch, wie man gebucht wird, wo man am besten spielt und wie die Route am sinnvollsten angelegt ist, sodass am Ende auch die Kohle reicht. Sollte das nicht der Fall sein, dann wollt ihr anscheinend nur einen Monat durch die Gegend tingeln, Musik machen und euch das Ganze von anderen Menschen bezahlen lassen—so sieht das jedenfalls aus. Macht lieber eure eigenen Erfahrungen. Trefft schlechte Bookingentscheidungen, macht Mini-Touren und spielt in heruntergekommenen Läden—ja, macht euch einfach selbst ans Werk und hockt nicht einfach stumpf vor Facebook, bis euch andere Menschen genug Spritgeld überwiesen haben.

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Verkauft eure Demos aus eurem Van heraus, vernetzt euch, trefft gleichgesinnte Bands, übernachtet bei wildfremden Leuten auf dem Boden und ernährt euch von furchtbarem Tankstellenfraß. Ihr versteht schon, macht einfach die ganzen Sachen, die echte Bands so machen, wenn sie echte Bands sind. Für den Fall, dass ihr euch dessen noch nicht ganz bewusst seid, Bands hocken in der Regel nicht einfach zuhause auf der Couch, kiffen und zocken Computerspiele, während sich allmählich ihr IndieGoGo-Spendenkonto füllt. Sie sind stattdessen unterwegs, spielen Shows und reißen sich den Arsch auf, um etwas auf die Beine stellen, an denen ihr Herzblut hängt. Sie warten nicht einfach passiv darauf, dass ihnen jemand ein Geldbündel in den Schoß fallen lässt.

Ihr wollt eine Band sein? Dann verhaltet euch auch dementsprechend und tut nicht nur einfach so. Das ist doch der wirklich spannende Teil des Ganzen. Glaubst du, dass die ganzen Bands damals, als es noch kein Crowdfunding gab, einfach rumsaßen und darauf gewartet haben, bis irgendwelche Kumpels vorbeikamen und ihnen 50 Dollar für eine Tapekopie des neuen Albums mit handgeschriebenen Linernotes in die Hand drückten? Nein, sie waren ständig unterwegs, spielten vor einer Handvoll Leute und verkauften ihre Kassetten und 7“s für gerade mal so viel, dass es reichte, um zur nächsten Show zu kommen—wenn denn alles gut lief. Also raus aus der Bude und Konzerte spielen! Wenn ihr jede Nacht auf der Bühne alles gebt und ab und an mal eine kleine, bescheidene Tour auf die Beine stellt, dann wird sich wahrscheinlich auch irgendwann der Rest ergeben. Vielleicht auch nicht, aber dann hast du wenigstens nicht für den Versuch das Geld anderer Menschen verschwendet.

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Den Karren vor das Pferd spannen

Es gibt gar nicht mal so wenige Musiker, die per Crowdfunding ein Album finanzieren wollen, das noch gar nicht geschrieben worden ist. Es gibt nicht viele Dinge, die verstörender sind, als jemanden dazu bringen zu wollen, ein Album zu finanzieren, für das du dir gerade erst ein überaus vages Konzept zusammenfantasiert hast.

Menschen, die so etwas machen, haben keine Lust, einer ‚normalen’ Arbeit nachzugehen, und wollen sich Nahrungsmittel und Miete lieber von anderen finanzieren lassen, damit sie sich selber „voll und ganz auf ihre Kunst konzentrieren“ können. Drei Mal die Woche in einer Bar zu arbeiten, ist für diese Menschen zu viel verlangt. Lieber verlässt man sich auf sein vermeintliches künstlerisches Talent, um sich selber finanzielle Vorteile zu verschaffen. Das kommt nicht nur unglaublich eingebildet rüber, sondern ist einfach auch nicht die Art, wie Dinge laufen. Seit Jahrzehnten schreiben und nehmen Musiker Alben auf, während sie gleichzeitig einem Job nachgehen. Was macht dich denn so anders? Wahrscheinlich nur die Tatsache, dass du ein unglaublich fauler Sack bist.

Künstlich euren Bekanntheitsgrad aufblasen

Weißt du eigentlich, warum ihr eine Crowdfunding-Kampagne starten musstet, um die 20.000 Euro für das nächste Album zusammenzubekommen? Das könnte durchaus daran liegen, dass 20.000 Euro bestimmt nicht der Betrag ist, den ihr für ein Album ausgeben solltet. Dieser Betrag übersteigt einfach jede, wie auch immer geartete, Verhältnismäßigkeit—menschlich wie auch künstlerisch. So viel Geld ist nicht nötig und es steht euch nicht zu. Im Endeffekt ist das nichts anderes, als einen ominösen Kredit aufzunehmen, weil ihr felsenfest davon überzeugt seid, es endlich verdient zu haben, ein „echtes“ Album aufzunehmen.

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Was ist denn, wenn euch die ganze Aktion—weil ihr nun mal eine total unbekannte Band seid, die einfach 20.000 Euro in eine Albumproduktion versenkt—nirgendwohin bringt? Wird dann einfach wieder eine Crowdfunding-Kampagne für das nächste 20.000 Euro-Album gestartet? Oh ja, es gibt Bands, die das versuchen. Wenn ihr andere Menschen weiter um Geld bittet, nachdem ihr schon die Frechheit hattet, ein derartig teures Album zu machen, dann nehmt ihr euch wichtiger, als ihr seid und lebt einfach weit über euren Verhältnissen. Das ist nicht nur rücksichtslos, sondern bedeutet auch, dass ihr andere Menschen ausnutzt, um eure eigenen Rockstarfantasien auszuleben.

Crowdfunding-Kampagnen sollten dafür da sein, Ziele zu erreichen, die sich in einem angemessenen Rahmen befinden, und für deren Bewältigung man eben etwas Hilfe braucht. Die erfolgreichsten Crowdfunding-Kampagnen werden dementsprechend mehr wie großzügige Pre-Order-Aktionen aufgezogen. Das liegt daran, dass die Albumveröffentlichung mit einer angemessenen Zielsetzung eigentlich auch immer über die Bühne geht. Man braucht eben einfach nur diesen kleinen Schubser, um dorthin zu kommen. In so einem Fall kann Crowdfunding hervorragend funktionieren. Wenn man andererseits auf 20.000 Euro wartet, damit man sich bequem die Zeit nehmen kann, ein Album zu schreiben, aufzunehmen und dann damit auf Tour zu gehen, dann ist das nicht nur geradezu ausbeuterisch, sondern schlicht und einfach bescheuert. Nachdem das ganze Theater gelaufen ist, werdet ihr euch nämlich mit großer Wahrscheinlichkeit wieder dort wiederfinden, wo ihr angefangen habt.

Einfach ein bisschen weniger blöd sein, bitte

Letztendlich hat Crowdfunding Musikern ungemein dabei geholfen, Projekte zu verwirklichen, die sie sonst nicht hätten durchführen können. Seit 2009 mit Kickstarter alles anfing, hat es eine ganze Reihe wirklich guter Crowdfunding-Kampagnen gegeben und unzählige Musiker haben erreicht, was sie alleine vielleicht nicht geschafft hätten. Nichtsdestotrotz hat dies auch dazu geführt, dass Musiker vermehrt der Meinung sind, ihnen würden bestimmte Sachen zustehen, es hat auch dazu geführt, dass nicht wirklich transparent damit umgegangen wird, wie die Beträge sich zusammensetzen und was am Ende genau mit dem Geld gemacht wird, und es hat außerdem dazu geführt, dass immer mehr Künstler ihre Fans lediglich wie Geldautomaten behandeln.

Schlecht gemachte Crowdfunding-Kampagnen sind nicht nur selten erfolgreich, sondern ruinieren die Sache auch für alle anderen. Wenn Menschen nämlich das Gefühl bekommen, durch eine Kampagne ausgenutzt oder übers Ohr gehauen zu werden, sinkt logischerweise auch die Bereitschaft, denjenigen Geld zukommen zu lassen, die es wirklich gebrauchen können. Es hat schon etwas Wahnhaftes, seine Fans auszunutzen, einfach nur weil man meint, das angeborene Recht zu haben, mit seiner Musik seinen Unterhalt bestreiten zu können. Wir werden rund um die Uhr mit so viel Musik bombardiert, dass es an sich schon eine tolle Sache ist, wenn andere Menschen sich die Zeit nehmen, deine Sachen anzuhören. Deswegen ist es geradezu unverschämt, deine Fans mit halbgaren Belohnungen abzuspeisen, falsche Angaben über die Produktionskosten des nächsten Albums zu machen, und zu versuchen, so viel Geld wie möglich aus ihnen herauszuquetschen—und natürlich stehst du durch solche Aktionen wie ein riesiges Arschloch da.

Musiker müssen anfangen, ihre Crowdfunding-Kampagnen schlauer, professioneller und transparenter anzugehen. Letzteres vor allem in Bezug auf die Fragen „Was?“ und „Warum?“. Fans sind unglaublich großzügige Menschen und werden immer gewillt sein, für einen Zweck zu spenden, der ihnen am Herzen liegt, und einen Künstler zu unterstützen, den sie lieben. Das ist ein extrem wichtiger Aspekt der ganzen Musik-Kultur und genau das ist es auch, was es Menschen seit Jahrzehnten ermöglicht hat, mit der Musik, die sie machen und lieben, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Noch nie war dieVerbindung zwischen Künstlern und Fans so eng wie heute und das eröffnet ganz neue Möglichkeiten, wenn es darum geht, Kunst zu unterstützen und zwischenmenschliche Verhältnisse zu schmieden. Also los, lasst uns das doch nicht alles dadurch versauen, dass wir versuchen, Menschen 400 Dollar für ein „Wonderwall“-Cover abzuknüpfen. OK?

Nick Laugher hat diesen Artikel geschrieben. Wenn er dir gefallen hat, kannst du Nick gerne auf seiner soziale Plattform unterstützen—@argiantribune

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