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Mein stupides Interview mit dem Paar hinter "My Wife´s stupid Record Collection"

Der Blog „My Husband's Stupid Record Collection“ hat wieder mal die Musik-und-Gender-Frage entfacht. Wir haben mit einem Paar gesprochen, das den Spieß einfach umdreht.

Der Blog "My Husband´s Stupid Record Collection" hat tausende Auseinandersetzungen zum Thema "die Problematik von Genre-Fanatismus" und dergleichen provoziert. Aber wie sagt man so schön: Ein guter Blog ist tausend Meinungen wert. Oder so ähnlich. Serg Orneals hat die Idee ganz einfach kopiert bzw umgedreht: Er kramt er sich durch die Platten seiner Frau, die sie im Laufe ihrer Karriere als DJ ansammelte, und bespricht sie in einem Blog mit dem Namen "My Wife ´s Stupid Record Collection".

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Anders als der Protagonist von "Husband" ist Serg ein Vollblut-Musikhörer, ein geübter Original Gangster des Rap-Internets und darüber hinaus ein zum Schreien lustiger Typ. Er selbst hat den Podcast "Stay Hatin", den er klarerweise wahrer Rap-Musik widmet („because we don’t give a fuck about that hip-hop-shit"). Allerdings interessieren ihn ausschließlich Rap und Metal, also sucht sich seine Frau Stef genau die paar Platten raus, die so gar nichts mit seinem Zeug zu tun haben.

Ich sprach mit ihnen letzte Woche am Telefon über ihr Projekt, die Unterschiede zwischen den beiden Seiten und Stef’s Erfahrungen als Frau im Plattensammler-Universum.

Noisey: Warum habt ihr euch entschieden die Seite zu starten?

Stef: Das war Serg´s Idee.

Serg: Ich glaube ich war auf (diesem nerdigen Platten Message Board) SoulStrut, da hat es jemand gepostet. Dann war da ein Kommentar auf Slate und die Antworten darauf waren denunzierend und frei nach dem Motto „Frauen wissen doch nichts über Musik und lernen darüber doch nur von ihrem Freund“ und so Zeug. Vor allem gab es einen Tweet der lautete „würdet ihr das auch so oft sharen wenn es ‚my wife's record stupid record collection’ hieße?“, und die Leute meinten so was wie „also nein, das wäre doch wohl sexistisch“. Also sagte ich, scheiss drauf, ich kann das locker machen.

Also du hast gesagt “meine Frau hat eine lausige Plattensammlung"?
Serg: Ja, total. In dem anderen Blog gehen sie ja einfach nur 1500 Platten in alphabetischer Reihenfolge durch. Und als Krönung hat der Typ auch noch ziemlich beschissene Platten. Wer will schon Adam Ant hören? Ich habe ein musikalisches Verständnis, wollte aber genauso ratlos drangehen wie diese Frau. Deswegen rezensiere ich keine Musik, die ich kenne oder mag.

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Das wäre ja nicht der Sinn der Sache.
Serg: Genau. Unsere Platten sind außerdem auch nicht alphabetisch geordnet.

Hast du gerade "unsere Platten" gesagt?
Serg: Wir haben unsere Platten vor einiger Zeit zusammengelegt, aber Stef hat nachwievor viel mehr Platten als ich. Als ich mit ihr zusammengezogen bin, dachte ich mir wirklich "Heilige Scheiße", ich hatte bestenfalls 200 Platten und gerade erst meinen ersten Turntables gekauft.

Stef, hier sollltest du dich mal einklinken und mir verraten wie viele Platten du hast und vor allem warum?
Stef: Ich denke, ich habe so an die 5000. Ich kaufe Vinyl seit ich ein Kind bin, allerdings ging’s so richtig los als ich in den späten 80ern mit dem Auflegen begann. Als ich früher „The Vinyl Exchange“ rausbrachte, bekam ich einen Haufen Promos und Platten zum Rezensieren. Außerdem trug das Netzwerken mit den Labels und den Leuten, die ich traf, auch dazu bei. Ich habe nie auf Serato gewechselt und ich lege auch nicht mehr so viel auf wie früher, aber ich schaue nach wie vor was es für neuen Rap auf Vinyl gibt. Normalerweise spiele ich Rap, Punk und Metal. Allerdings habe ich in meiner Kollektion nicht so viel Punk wie ich gerne hätte, also kaufe ich ständig alten und neuen Punk, um die Löcher in meiner Sammlung zu stopfen. Mein Geschmack ist relativ breit und das ist fürchterlich für meine Brieftasche.

Was mir jetzt besonders auffällt ist, dass du einen unzähligen Haufen von Platten über verschiedene Genres verteilt hast, während Serg in seinem Geschmack nahezu brutal kurzsichtig ist.
Stef: Richtig, für gewöhnlich dränge ich ihm keinen Underground HipHop oder Black Metal oder Punk Rock auf. Zumindest nicht sofort. Ich bin übrigens nicht der Meinung, dass "My Husband's Stupid Record Collection" in irgendeiner Form sexistisch ist. Die Frau erklärt das sogar selbst. Viele Leute erkennen nicht, dass es hier ums Bloggen eines lustigen "stream of consciousness" geht. Und das ist auch was Serg daran mag: Man muss keine Fakten checken, man muss kein Experte auf den die Leute sowieso nur schimpfenl. Ich dachte, dass es Spaß macht ihm Musik vorzusetzen, die er nicht mag. Aber ehrlich gesagt fühlte ich mich ganz schön schlecht als ich ihm als erste Platte the Mr.Fingers vorspielte. Als ich in sein Gesicht sah, schaute er richtig traurig. Ich fühlte mich mies!

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Also versuchst du schon Zeug rauszusuchen, dass er mögen könnte?
Stef: Ich weiß, dass er keinen House mag, aber ich denke, dass er sogar bei sowas künstlerischen Wert finden kann. Er hört sich sowas tatsächlich sehr genau an—das beeindruckt mich. Wenn er dennoch nichts an einem Track findet, sagt er sowas wie "der erste Teil war gut, dann kam der andere und hat alles ruiniert". Selbst wenn er ein Genre nicht mag, kann er den musikalischen Wert immer noch schätzen.
Serg: Für die zehn Minuten Zeitverschwendung, die ich da sitze und den Mist anhöre, muss ich ja was positives mitnehmen.

Habt ihr schon irgendein Feedback bekommen?
Serg: Hauptsächlich von unseren Freunden und von irgendwelchen DJs, die wir kennen … auf Tumblr gab´s jemanden, der meinte: "this is Serg doin his WWF thing, he's gonna shit on stuff, that's expected of him.” Ich machte dem Kerl dann ganz schnell klar, dass das ehrlichste ist, was ich jemals im Internet gemacht habe. Er sagte auch, dass ich das Haten bestärke, das Haten von Frauen-Geschmack.

Diese Szene ist jetzt aber nicht gender-neutral.
Serg: In gewissen Maße … Natürlich gibt es weibliche Musik-Nerds, aber die Jungs sind eben in der Überzahl.
Stef:Erst als ich anfing auf Soulstrout zu gehen, realisierte ich, wie viele Nerds auf Platten stehen. Als ich aufwuchs war das anders – In den Plattenläden in San Francisco waren damals richtige Typen aus der Hood. Das waren jetzt nicht unbedingt Gangster, aber eben Typen, die in der Stadt oder zumindest Satellitenstädten aufwuchsen, wo Rap Musik gespielt wurde. Viele dieser Philippino Mobile DJ’s kauften und spielten den gleichen Sound wie ich zu dieser Zeit. Erst als ich anfing verschiedene Genres zu spielen und nach Breaks zu suchen, traf ich erst diese typischen weissen Nerds.

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Was ist mit Frauen?
Stef: Ja, ich kenne eigentlich keine. (lacht) Als ich noch in der Schule war und mit meinen Mädels in Plattenläden ging sahen wir uns eher die Covers an und diskutierten wer am süssesten sei. Das hiess nicht dass uns die Musik nicht interessierte, aber naja…. Du weißt schon, wie heissen die Jungs, lass uns in den Liner Notes nachsehen, schauen wir uns die restlichen Fotos an. Als ich etwas jünger war hatte ich ein paar Freundinnen und eine Cousine die Musik wirklich mochten, aber die wuchsen bald mal da raus, ich aber nie.

Aber als Frau, die Platten liebt, warst du immer in der Minderheit. Egal ob du unter DJ´s oder Plattenkrämern warst.
Stef: Immer. Egal wann.
Serg:Es ist wie bei den Comic-Sammlern – verdammt viele Nerds. Ich stehe auf Musik und ich mag es Platten zu kaufen, aber es interessiert mich einfach nicht ob das verdammte „Cover bei dieser Scheibe ein bisschen anders aussieht als bei der anderen.“ Das ist schon okay, aber ich kaufe mir die Platte deswegen nicht dreimal. Wen interessiert der Scheiß? Ich kaufe mir einfach Musik die ich mag und höre sie ein paar Mal. Man trifft manchmal Leute die Platten aufgrund ihrer Rarität kaufen und das kotzt mich an. Es ist nicht so als würden Frauen sowas nicht auch tun, aber aus irgendeinem Grund ist das Sammeln von Platten und Comics so ein Jungs-Ding.
Stef: Vor allem beim HipHop, beim Suchen nach Original-Samples und Breaks, benötigt man eine gewisse Besessenheit—und die Frauen die ich kenne verschwenden ihre Zeit nicht mit so was.

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Es ist dennoch eine gewisse Randgruppenlogik. Als wäre man vor 15 Jahren ein schwarzer Quarterback gewesen. Du musst doppelt so viel arbeiten, um gesehen zu werden und das frustriert einen schnell mal.
Serg: Deshalb habe ich auch nachgedacht ob ich das machen soll … es gibt nicht so viele Leute da draußen, die das mit der Plattensammlung ihrer Frau zu machen. Ursprünglich dachte ich es würden ein paar Leute auftauchen die ähnliches machen, aber anscheinend gibt es einfach nicht so viele.
Stef: Wenn’s da draussen irgendwo eine Frau mit einer grossen Plattensammlung gibt, dann möchte ich rausfinden wer sie ist und ihre Freundin werden!

You can't spell "Skinny Friedman" without "EDM." He's on Twitter - @skinny412

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