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Der ,Kurier' und ,ÖSTERREICH' haben Beef und es ist zu unterhaltsam, um wegzusehen

Beef zwischen amerikanischen Rappern ist gut. Aber Beef zwischen zwei österreichischen Medienhäusern ist besser.
Fotomontage: VICE Media

Ich bin ein relativ harmoniebedürftiger Mensch. Trotzdem kann ich mich gegen die Unterhaltsamkeit eines ordentlich geführten Beefs nicht wehren. Ich finde Beefs zwischen Rappern fabelhaft, solange sie fair auf musikalischer Ebene ausgetragen werden. Selbst kleinere Zickenkriege zwischen It-Girls beobachte ich mit einer Mischung aus Abneigung und aufrichtigem Interesse. Wahrscheinlich würde ich sogar Beefs zwischen Schlagersängern auf perfide Art und Weise toll finden.

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Wenn es aber eine Beef-Königsdisziplin gibt, dann den Konflikt zwischen zwei Tageszeitungen. Und aktuell wird das Land Zeuge von genau so einem Medien-Kampf. Seit einigen Tagen bekriegen sich der Kurier und ÖSTERREICH in aller Öffentlichkeit, und die Disses, die sie sich—neben einer Reihe von Klagen—um die Ohren hauen, sind einfach zu böse, um wegschauen zu können. Am liebsten würde man sich eine große Packung Popcorn aufmachen, sich vor seinen Laptop setzen und mit nichts anderem mehr beschäftigen.

Ausgangslage für das, was ich schon jetzt tollkühn als den österreichischen Medienbeef des Jahres betitle, ist der Fall des Wiener IS-Terroristen Mohamed M., der in einem letzte Woche aufgetauchten Video dabei zu sehen sein soll, wie er in Syrien eine Geisel erschießt. In der Kurier-Sonntagsausgabe war in Folge ein Interview mit dem Vater von Mohamed M. zu lesen. Aber nicht nur der Kurier veröffentlichte ein Interview, sondern auch ÖSTERREICH. Deren Interview ist vier Fragen, beziehungsweise ungefähr neun Zeilen lang. Und es ist angeblich komplett erfunden. Das berichtete zumindest der Kurier am Montag.

Demnach hat die Familie von Mohamed M. wegen des erfundenen ÖSTERREICH-Interviews sogar Anzeige beim Presserat erstattet. Die Familie hätte „ausschließlich dem Kurier" ein Interview gegeben. Zwar hätten die Angehörigen zuvor ein Statement an ÖSTERREICH geschickt, weil sie dachten, dass die Zeitung „eine Art offizielles Organ der Republik" sei (kein Scheiß). Aber das Interview, das später dort zu lesen war, habe es nie gegeben. So weit, so unverwunderlich. Aber offensichtlich wollte ÖSTERREICH die Vorwürfe von Seiten des Kuriers nicht auf sich sitzen lassen. Den Presserat findet die Gratis-Zeitung ja ohnehin nicht so leiwand—2014 hatte das Blatt allen Ernstes geklagt, um dem österreichischen Presserat zu verbieten, überhaupt Stellung zu ihren Artikeln beziehen zu dürfen (sie haben verloren, was bedeutet, der Presserat darf weiterhin beurteilen, ob ÖSTERREICH fahrlässigen Schwachsinn schreibt oder nicht).

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In der Ausgabe vom Dienstag holte ÖSTERREICH jedenfalls zum direkten Gegenschlag aus—mit der Schlagzeile: „Kurier zahlte für Interview mit Vater des Terroristen". Demnach hätte der Vater 5000 Euro für das Exklusiv-Interview verlangt. Und der Kurier sei nun „beleidigt, weil er ein Interview mit Sami M. nicht exklusiv hatte."

Foto: VICE Media

Außerdem werde ÖSTERREICH den Kurier klagen, weil dieser behauptet hat, man hätte das Kurz-Interview erfunden. Der Einstiegssatz: „Große Aufregung beim Kurier, jenem Medium, das vom Raiffeisen-Konzern mit viel Geld mühselig am Leben erhalten wird." hat bei mir jedenfalls ziemlich genau diese Reaktion verursacht.

Spätestens seit diesem Zeitpunkt ist die Kacke richtig am Dampfen. Denn wie zu erwarten, lässt der Kurier solche Vorwürfe nicht auf sich sitzen. Und wie bläst man als österreichisches Medium des 21. Jahrhunderts am besten zum Angriff? Genau: Mittels einer OTS-Aussendung.

Ich muss zugeben, so direkte Verbal-Watschen zwischen hiesigen Medien bin ich einfach nicht gewohnt, und ich weiß nicht wirklich, ob ich darüber eher lachen oder weinen soll. Mittlerweile wird die Schlammschlacht zwischen ÖSTERREICH und Kurier stetig ein bisschen schircher, aber als Außenstehender irgendwie auch immer belustigender. In der Mittwochsausgabe titelt ÖSTERREICH mit „Kurier: Panik wegen Klage von ÖSTERREICH" und schreibt unter anderem: „Das Blatt, brustschwacher Nachfolger einer vor langer Zeit guten Tageszeitung, zeiht ÖSTERREICH der Lüge und behauptet weiter, wir hätten ein Interview mit Sami M. erfunden. Eine Lüge."

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Am Nachmittag hat der

Kurier

in Form

eines Kommentars

die nächste Reaktion nachgeliefert. „Meine Erwartungen für die Tageszeitung

Österreich

sind zwar schon seit einiger Zeit auf einem tiefen Level angesiedelt, doch mit dem neuen Artikel […] sinkt der ohnehin schon geringe Respekt vor diesem Medium von Minute zu Minute mehr.", gibts da etwa zu lesen, als auch das Schlusswort: „Nur weil gewisse Boulevard-Zeitungen für Interviews und Exklusivgeschichten Geld bezahlen, heißt das nicht automatisch, dass das richtige Zeitungen auch tun."

Bleibt nur zu hoffen, dass der Beef weiterhin (mehr oder weniger) sauber am Schreibtisch ausgetragen wird. Wenn Wolfgang Fellner und Helmut Brandstätter sich das nächste Mal zufällig über den Weg laufen, will ich aber lieber nicht anwesend sein müssen.

Folgt Tori auf Twitter: @TorisNest