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Kranker Scheiss, den Bands am Schweizer Zoll erlebt haben

Mit den Damen und Herren in Blau ist wirklich nicht zu spassen. Faber, Yokko und Muff Potter können davon ein Lied singen.
Collage Noisey: Musikvertrieb, Universal Music, Wikipedia JoachimKohlerBremen CC BY - SA 4.0, Nagel2000.de 

Der Schweizer Zoll: Da wirst du doch von bildschönen Heidis bejodelt, die Kühe muhen dir freundlich zu, und zur Begrüssung oder zum Abschied gibt's ein Fondue und eine Swatch. So in etwa dürften sich Bands den Gang ins oder aus dem Alpenland vorstellen. Entspannt, friedlich. Unkompliziert.

Aber nein! Kaum kommst du dem Schweizer Zoll näher, erspähst du schon eine sagenumwobene Kreatur: "CH-Zollbeamte, der", in seiner natürlichen Umgebung. Stramme Herren und Damen mit grimmigen Gesichtern. Sie kämpfen an der Front unerbittlich gegen Einkaufstouristen, diese Kapitalverbrecher, die im günstigen Deutschland ein Konfiglas zu viel gekauft haben. Sie sind die Krieger im heiligen Kreuzzug gegen Drogen im Gepäck und – Gott bewahre! – UNVERSTEUERTE Merchandise-Artikel. Sie sind, ja wahrlich, die Verteidiger der Nation!

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Um euch die sprichwörtlichen Kriegszustände des Schweizer Zolls näher zu bringen, haben wir mal bei verschiedenen Bands angeklopft und erfahren, wie du am Zoll einen Hund geschenkt bekommst, dass die Schweiz vielleicht doch ein winzig kleines bisschen teurer ist und wo du auf gar keinen Fall pissen solltest.

Geteiltes Leid ist halbes Leid – das Übergewicht von Muff Potter

Curvy ist eben doch nicht überall schön. Vor allem nicht am Schweizer Zoll. Die Band mit dem klanghaften Namen Muff Potter musste diese Diskriminierung schmerzlich erfahren: Mit satten 500 Kilo Übergewicht wurden sie am Schweizer Zoll angehalten. Bis hier und nicht weiter! "Es git da nüt z diskutierä!" Es wurde telefoniert, es wurde eben doch diskutiert, es half alles nichts.

Bis die Band sich dachte: Jetzt reichts, "dat Gewicht muss runta", und sich bei Weight Watchers anmeldete. Kleiner Scherz am Rande. Die waren natürlich nicht selber zu fett für die Schweiz – ihr Auto, beziehungsweise dessen Inhalt, also die Instrumente, waren zu schwer. Es gab aber kein weiteres Auto, um irgendetwas umzuladen, also rückte die Besatzung des Busses in den Fokus. Kurzerhand wurde ausgestiegen, jeder nahm so viel er tragen konnte in die Hände, um frech vor der Nase des Zöllners vorbeizustolzieren – oder zu keuchen. Noch in der Sichtweite des Zollpostens wurde alles wieder eingeladen, und tschüss. Die Show fand mit zwei Stunden Verspätung doch noch statt.

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Brenzliges Yokko-Brünzle an der Grenze

Wir befinden uns mit Yokko auf dem Weg von Wien nach Zürich, müde, erschöpft und durstig. Wie soll man da bloss die Zeit totschlagen? Wie der breiten Allgemeinheit bekannt ist, heilt Bier so ziemlich alles von Ebola bis zu brüchigen Haaren, also ist die Antwort auch entsprechend einfach: Bier.

Das dachte sich auch Yokko-Sänger Adrian, der Star unserer Story. Gesagt, getan, Bierchen wurden brav weggetrunken, darauf folgte ein wohlverdientes Nickerchen. Leider bahnt sich Bier immer mehr oder minder schnell den Weg durch unseren Körper und will abgelassen werden. Unser Träumer wurde also etwas unfreundlich von seiner Blase geweckt. Der Zufall will, dass der Bus genau dann anhielt. Auf die Frage "Kann man hier pissen?" antwortete der Bassist ganz salopp: "Ja, eh!" Es ist wirklich immer das Gleiche mit diesen Bassisten. Es ist also beschlossen, Adrian stieg aus und verschwand hinter dem nächsten Häuschen. Ist natürlich sehr verständlich, nur ein bisschen blöd, wenn besagtes Häuschen das Zollhäuschen ist. Dieser Irrtum wurde aber erst bemerkt, als ein Zollbeamter, mit Taschenlampe bewaffnet im Usain-Bolt-Style um die Ecke geschossen kam. Dieser erklärte dem leicht verdatterten A. erstmal, wie immens scheisse so ein WC-Gang hinter dem Zollhäuschen sei. Daraufhin wurde die ID eingesackt – Wildpinkler verdienen keine Staatsangehörigkeit! – und der Bus, wohl aus purer Rache, auf Drogen untersucht. Wozu A. ziemlich tiefenentspannt meinte: "Gefunden wurde nix, die habe ich mir ja vorhin alle reingeknallt". Go get them, Adrian. Go get them.

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Die Schweiz gehört nicht zu Europa – und wird es nie tun

Bands müssen auch erstmal lernen, dass verschiedene Zölle verschieden streng sind, oder, dass du auf Merchandise eine Steuer abgeben musst. Dass die Schweiz echt nicht zu Europa gehört, ist für viele auch nicht ganz klar – oder nachvollziehbar. Wir sprechen mit Florian, der seine Band nicht nennen will und der auf seiner ersten Tour schon mal locker um die 1.000 Franken Busse für Promo-CDs – die in der Theorie nicht versteuert werden müssten, da sie ja nicht verkauft werden, aber das ist dem Schweizer Zoll ja mal sowas von Jacke wie Hose – kassiert hat, und dann dazugelernt hat. Aus Fehlern lernt man ja bekanntlich.

Florian hat es sich also zur Gewohnheit gemacht, fein säuberlich jeglichen Merchandise in Excel-Listen einzutragen, diese täglich zu aktualisieren und stolz den jeweiligen Zollbeamten vorzulegen. Müsste ja eigentlich klappen, könnte man meinen. Tat es auch – ausser in der Schweiz. In typisch schweizerischer Papierkrieg-Manier erklärte der Zollbeamte Florian, er müsse sich einen Einfuhrschein besorgen und 1.000 Euro Steuern hinterlegen. Als Florian wieder aus der Schweiz wollte, wollte er das bei einem anderen Zoll tun – eine Band auf Tour fährt ja bekanntermassen selten dieselbe Strecke zweimal. Auf jeden Fall wussten die Zollbeamten am anderen Zoll rein gar nichts mit dem "Einfuhrschein" anzufangen, was dann schlussendlich darin resultierte, dass die Band für 300 Franken Merchandise verkaufte – und das für 1.000 Euro versteuern musste. Man kennt das ja, Steuerhölle Schweiz. Als sich ein Bandkollege fairerweise etwas aufregte und sagte: "Was soll das denn, wir sind doch alle Europäer hier?" sagte Ueli vom Zoll: "Das det äne isch Europa. Und hie simä idä Schwiz!"

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Wie Faber auf den Hund kam (sprichwörtlich)

So geschehen auf der Fahrt aus der Schweiz nach Österreich. Faber und seine Band sind quasi das Vorzeigebild im Kapitel "Wen durchsuche ich" im Zoll-Handbuch. Der klassische Zollbeamte riecht sie, bevor er sie sieht. Sie sind jung, sie haben lange Haare. Eine Gruppe auch noch. Männlich. Deren DNA besteht ja praktisch aus Drogen! Sie wurden also verständlicherweise sofort rausgepickt und aus dem Wagen gescheucht, schliesslich versprachen sich Herr und Frau Zoll hier einen ordentlichen Fund. Der Drogenhund ging flugs seinen Drogenhundtätigkeiten nach, alles ziemlich normal bis jetzt. Die Jungs durften jedoch nicht einfach ein bisschen rumstehen und warten. Nein, es ging in die Nacktkabinen, und zwar alle einzeln. Was in diesen Dingern passiert, könnt ihr euch selber ausmalen – oder vielleicht besser nicht. Kleiner Tipp: Die haben da Latex. Handschuhe.

Diese Tortur dauerte volle drei Stunden, das Konzert war schon lange verpasst und musste abgesagt werden. Was wurde gefunden? Nix ausser Leid und Scham! Irgendwie tat das den Zollbeamten dann doch etwas Leid und sie schenkten Faber und seiner Band als Entschädigung … den fucking Drogenhund! What?! Hab ich auch gesagt! Ich will auch einen Drogenhund! Der Hund heisst übrigens Hassan, riecht überall Drogen, rastet deswegen täglich aus und lebt jetzt bei Till, dem Posaunisten. Wo es wahrscheinlich auch die eine oder andere dubiose Substanz gibt. Soll anscheinend ziemlich praktisch sein, da scheissen sich immer alle gleich ein.

Also, liebe Bands, die in der Zukunft rein oder raus aus der Schweiz wollen: keine Drogen, keine langen Haare, kein Übergewicht, kein Pissen und wagt es nicht, einem Schweizer zu sagen, er sei Europäer. Tut es einfach nicht. In Wirklichkeit sind die Heidis nämlich ziemlich fies, die Kühe sind Drogenhunde und das Fondue und die Swatch gibt's nur in Form eines Zettels, auf dem draufsteht, wie viele Erstgeborene ihr verkaufen müsst, um da wieder rauszukommen.


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