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Die Evolution von Clipse

Mit der Veröffentlichung von „My Name Is My Name" wird es langsam Zeit, die Geschichte von Clipse zu erzählen.

Illustration von Dan Evans

Clipse, die Brüder Gene „No Malice“ Thornton und Terrence „Pusha T“ Thornton, wurden in der Bronx geboren, wuchsen in Virginia auf und haben den Koks-Rap sozusagen erfunden. In Zusammenarbeit mit ihren Kindheitsfreunden The Neptunes, die gerade dabei waren, eines der meist gelobten Producer-Teams der modernen Musikwelt zu werden, hinterließen die beiden ihre Fußabdrücke in der Rap-Szene, indem sie sich auf das Grundgerüst von The Neptunes stützten und lieferten umwerfend kalte, aber ehrliche Geschichten über das Leben mit Drogen in Amerika. Auf dem Höhepunkt ihrer Karriere waren ihre Lyrics entspannt und melodisch, aber trotzdem immer spannend. In einer Zeit, in der sich HipHop mit charismatischen Refrains, Poppin’ Bottles und Club-Hymnen plötzlich auch den Pop-Charts anbot, erzählten Clipse unerbittlich und authentisch die Geschichten, die ihr Leben eben so schrieb und boten anschaulichen HipHop—jenseits der radiofreundlichen Tracks aus dem Rap-Business dieser Zeit.

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Jetzt, wo der jüngere Bruder Pusha seine Stellung als Solo-Künstler mit der Veröffentlichung seines Debütalbum My Name is My Name gefestigt hat, ist es an der Zeit für eine Retrospektive über das meist gefürchtete Bruder-Duo im Rap-Geschäft.

Die Geburt von Clipse und Exclusive Audio Footage

Obwohl sie in Virginia, einem Ort der schon mehrere ernstzunehmende Künstler hervorgebracht hat, wenn wir an Timbaland oder Missy Elliott denken, aufgewachsen sind, bekräftigen Clipse immer wieder den Einfluss der Eastcoast auf ihre Musik. In einem Interview mit Pitchfork sprach Malice darüber, dass New Yorks Einfluss nie von ihm wich:

Als ich zurück in die Bronx ging, war mein Cousin Snapper noch immer da. Ich erzählte ihm, wie sehr ich auf Run-D.M.C. stand und er meinte nur Was? Run-D.M.C.?“ Die waren einfach so Mainstream. Er versorgte mich dann immer mit Underground-Zeug—zu dieser Zeit zum Beispiel Rakim. Wenn ich zurück nach Virginia kam, war ich allen immer einen Schritt voraus. Ich ließ die anderen den ganzen Tag neue Songs hören oder was gerade auf „The Rap Attack“ von Dj Red Alert….Big Daddy Kane—den ganzen Tag—Big, Nas, Jay Z. Auf jeden Fall große Lehrer. Kool G Rap, KRS-One."

Trotzdem tauchten die Brüder zum ersten Mal in Virginia selbst in das Rap-Geschäft ein und liefen schließlich 1993 Pharrell über den Weg. Beeindruckt von ihren derben Texten stellte er sie seinem Produktionspartner Chad Hugo vor und legte somit den Grundstein für die Zusammenarbeit mit The Neptunes und den Beginn des Clipse-Duos. 1997 machte Williams den beiden dann ihren Plattenvertrag mit Elektra Records klar und sie begannen mit der Arbeit für ihr erstes Album Exclusive Audio Footage. Das Album wurde von The Neptunes produziert und enthielt die Single „The Funeral“, die Blood, Sweat & Tears „God Bless The Child“ sampelte und erst 1999 ein Hit werden sollte. Im Interview mit Complex blickte Pusha noch einmal auf die Anfänge von Clipse zurück.

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„'The Funeral' haben wir in einer Zeit geschrieben, in der viele Freunde von mir starben. Es schien, als ob wir zu einer Unmenge von Beerdigungen gehen mussten. Also beschlossen wir einen Song zu machen, der alle huldigen sollte. Der Beat war so dynamisch, dass er wirklich für Aufsehen sorgte. Es klang einfach nur laut und chaotisch und so wie das, was sie auf Beerdigungen in New Orleans machen, wenn alle durch die Straßen gehen."

Obwohl der Track und seine aussagekräftigen Visuals großen Anklang bei den Rap-Fans fanden, hatten Elektra ihre Zweifel und überlegten sogar die Aufnahme von Exclusive Audio Footage erst einmal ruhen zu lassen. Weil sie besorgt waren, dass die Single nicht genug kommerziellen Erfolg haben wird.

Lord Willin' 2001

Im Jahr 2001 leuchtete der Stern von The Neptunes hell am Himmel und Clipse unterzeichneten bei Pharrells Arista Records. Star Trak Entertainment brachte ihren ersten richtigen Release Lord Willin’ dann im August 2002 raus. Das Album erreichte Platz Eins der Billboard HipHop-Charts. Mit packenden Tracks wie „When the Last Time“ und Heimat-Hymnen wie „Virginia“ weckten die Brüder schnell das Interesse der Rap-Fans sowie anderer Künstler. Es entstanden Features abseits der LP auf Birdmans „What Happend to That Bay“ und komischerweise auch Justin Timberlakes allererste Single als Solokünstler „Like I Love You“. Troztdem war es der Song „Grindin“, der zu DEM Clipse-Track schlechthin wurde. Obwohl The Neptunes den gefürchteten Ruf hatten, einen chartstürmenden Mix aus R’n’B und HipHop zu produzieren, ging „Grindin“ zurück zum Ursprung und vereinte aggressive, spärliche Beats mit der eiskalten Sichtweise von Clipse. Pusha erinnert sich an den Moment, als er den Song zum ersten Mal hörte:

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Ich erinnere mich, dass ich zuhause war und Pharrell zu mir sagte: „Pass auf, ich habe da diese Platte und wenn du nicht sofort ins Studio kommst, dann werde ich diese Platte Jay Z geben.“ Und er wusste ganz genau, dass mich das innerlich auffressen würde, wenn er so etwas machen würde. Ich war sehr einnehmend, wenn es um die Neptunes-Produktionen ging. Ich hinterließ Nachrichten oder Voice-Mails aus purem Ekel und Verachtung, wenn die Records, von denen ich fand, dass ich sie bekommen sollte, an andere weggeben wurden.

Als ich „Grindin“ hörte, dachte ich mir „Wie könnt ihr sowas machen?“ Es war einfach so unorthodox, dass ich es gar nicht fassen konnte. Die Leute verstehen nicht, dass bei all diesen 5.000$-Shows jeder Drogendealer aus Amerika hinter mir stand. Die Dinge fingen auf der Straße an und die Leute dort reagierten so gut darauf, dass sie uns einfach buchten. Es war so eine Underground-Sache. Es war als würden wir sagen: Come to Detroit, five racks, wear a bulletproof vest’" und Come to Milwaukee where you need armed security.” Und das ist nicht durch die Medien entstanden. Es braute sich auf der Straße zusammen."

Die Pause von Clipse und Gründung von Re-Up Gang

Trotzt des Höhenflugs von „Grindin“ Ende 2003 hatten Clipse schon mit der Arbeit an ihrem zweiten Album Hell Hath No Fury begonnen. Das war zur selben Zeit, in der Sony eine Fusion mit BMG einging; im Gegenzug wurde Arista Records zum Schwesterlabel Jive. Aber während der Rest von Star Trak ein neues Zuhause bei Interscope gefunden hatte, wurden Clipse dazu gezwungen bei Jive zu bleiben und ihre vertraglichen Pflichten zu erfüllen.

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Hell Hath No Fury wurde 2004 fertig gestellt—ohne große Hoffnung, dass das Album auch veröffentlicht wird. Clipse beschuldigten Jive, dass sie ihre etwas chartfreudigeren Acts bevorzugen würden und ihr Album deswegen stilllegen wollen. All das führte dann dazu, dass die Brüder eine offizielle Aufhebung ihres Vertrages forderten. Jive lehnte das ab und Clipse gingen den nächsten Schritt mit einer Klage gegen das Label. Als der Rechtsstreit begann und die Zukunft von Hell Hath No Fury auf dem Spiel stand, begannen Malice und Pusha Musik an der Seite ihrer langjährigen Freunde und Rapper Ab-Liva von Major Figgas und Sandman als die Re-Up Gang zu machen. Auch wenn sie später ein ganzes Album als Re-Up Gang veröffentlichten, war es die We Got It 4 Cheap Mixtape-Serie während der Pause von Clipse, die zum Klassiker in der Mitte der 00er Jahre wurde. Clipse wurden für ihre Pause von Jive von ihren Fans gelobt. Anlässlich der Mixtapes meinte Malice:

Der Kontakt mit den Fans ist definitiv ein Highlight der Arbeit in dieser Branche. Wir waren vier Jahre weg und die Fans waren der einzige Grund, der uns am Leben hielt, und sie machten Feuer unter dem Hintern von Jive, unter dem Hintern von Pharrell und überall anders auch…Sogar am Anfang, als wir uns ein Mixtape gar nicht leisten konnten, versuchten wir Aufmerksamkeit zu bekommen, um auf all die heißen DJ Mixtapes zu kommen und haben es nicht geschafft. Also sagten wir uns „Okay, wir werden den Outkast-Weg gehen.“ Outkast kamen aus Atlanta—und wir kommen aus Virginia. Sie arbeiteten nicht mit all den New Yorker MCs. Sie blieben in ihrer Gegend und wir wurden gezwungen in unserer zu bleiben, jetzt scheint es, als ob die Mixtapes uns über Wasser gehalten und relevant gemacht haben."

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Hell Hath No Fury 2006

Nachdem der Teufelskreis im Mai 2006 endlich endete und eine Einigung gefunden wurde, willigten Clipse und Jive ein, dass sie Hell Hath No Fury mit ihrerm eigenem Monogramm der Re-Up Records veröffentlichen würden. Das Album, das Push versprochen hatte, war „100% gemeiner und dunkler“ und wurde dann endlich im November und in kompletter Produktion von The Neptunes veröffentlicht, was die außergewöhnliche Beziehung ihrer Zusammenarbeit noch festigte, Malice erklärt:

Wir haben schon lange bevor ich The Neptunes überhaupt kennengelernt habe, gerappt, ich war nur nie mit anderen Beats zufrieden. Ich hätte tausend Leute treffen können, die abertausend Tapes gehabt hätten, aber sie hätten mich nicht inspiriert. Noch vor The Neptunes traf ich auf einen Kerl, dessen Beats wirklich lächerlich waren, es war in der High School. Sein Name war Timbaland. Das ist DJ Timmy Tim.

Und dann haute er ab und machte sein Ding. Er blühte auf. Und ich hatte gerade Pharrell und danach Chad getroffen, und ihre Beats passten so gut zu uns…Es sind die Beats, die uns in dieses Spiel gebracht haben; es sind die Beats, an denen wir gewachsen sind. Es war nicht so, dass wir The Netptunes nur benutzten, aber es war einfach das Einzige, das Sinn gemacht hat. Das zu haben, war einfach ein Geschenk, wir arbeiteten ja ausschließlich mit ihnen. Viele versuchten auch an sie ranzukommen, aber wir hatten sie exklusiv. Es war verrückt. Und wir wollten—ich bin mir nicht sicher, ob es Absicht war oder einfach so passierte—die Zusammenarbeit zwischen Producer und MCs zurückbringen. So wie bei Wu-Tang und Hell on Earth oder Gang Starr und Premier."

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Obwohl der Umsatz eher bescheiden war, wurde Hell Hath No Fury von Kritikerseite sehr gelobt: VIBE die Rückkehr von Clipse mit dem Zitat „Together, they paint devastating emotional portraits, and they sidestep tedium by remaining rap's most lyrically inventive group“, während das XXL Magazin ihnen fünf Mikros in der Bewertung gab und ihre Pause als Segen bewertete. Vielleicht war es das lange Warten auf Hell Hath No Fury, das es so kompromisslos machte. Tracks wie „Dirty Money“ und „What It Do (Wamp Wamp)“ waren mit ihren straighten Prahlereien sehr zufriedenstellend, und auch „Ride Around Shining" und sogar die Leadsingle „Mr. Me Too" boten eine ansteckende Gehässigkeit, die dich zum Einen unterhalten konnte, und zum anderen auch deine eigenen moralischen Ansprüche in Frage stellen ließ.

Till the Casket Drops und Solo Karriere

Zum Sommer 2007 hatten sich Clipse dann endgültig von Jive getrennt und ein neues Zuhause bei Columbia Records gefunden, wo sie die Arbeit für ihr viertes Album begannen. Till the Casket Drops markierte das Ende der ausschließlich von Neptunes produzierten Tracks und die Brüder experimentierten mit Produktionen von Diddy auf „Freedom“ und DJ Khalil auf „Kinda Like A Big Deal“ mit Kanye West. Rückblickend auf die Veröffentlichung von Till the Casket Drops, gibt Malice zu:

Es gibt keine Platte, die wir herausgebracht haben und die ich nicht mochte, aber das war eine von den Platten, mit der wir den Fans das gaben, was sie haben wollten oder was eine ganz bestimmte Zielgruppe eben hören wollte. Dieser Plan ist aufgegangen. Ich denke, mit Till the Casket Drops wollten wir etwas erreichen. Wirklich, ich liebe das Album, aber die Platte war eben strategisch. Es waren Radio-Songs."

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Es war kurz nach der Veröffentlichung des vierten Albums, als die beiden sich eine Auszeit von Clipse nahmen, um sich auf ihre Solo-Projekte zu konzentrieren.

Malice erschien als wiedergeborener Christ auf dem Musikradar und änderte seinen Namen in No Malice. Unter dem Namen Wretched, Pitiful, Poor, Blind & Naked veröffentlichte er eine Abhandlung seines Lebens, die Dinge, wie das Drogendealen, die Gefahren des Erfolgs und die Wiederentdeckung von Jesus offenlegten. Mit starker Abweichung seines typischen Clipse-Sounds, beinhaltete Hear Ye Him klassische Gospel Gesänge und No Malice entwickelte ein Händchen dafür, Reformations-Geschichten mit Koks-Lyrics zu verbreiten.

Inzwischen hatte auch der jüngere Bruder Pusha seine Solo-Karriere begonnen. Die Unterzeichnung bei Kanyes G.O.O.D Music 2010 schien wie sein Auftakt zu etwas Großem; er veröffentlichte sein erstes Mixtape Fear of God—was schließlich seine erste EP Fear of God II: Let Us Pray wurde. Auf seinem zweiten Mixtape Wratch of Caine fanden sich Kollaborationen mit Tyler, the Creater auf „Trouble On My Mind“ und Rick Ross auf „Millions“. Pushas Zusammenarbeit mit Kanye West, „Mercy“, bescherte ihm dann seine erste Grammy Nominierung.

Während die Arbeit für Pushas Debütalbum My Name is My Name gerade auf Hochtouren lief, vereinigte sich No Malice für ein seltenes Interview für die Coverstory von VIBE mit seinem Bruder, was Gerüchte von Spannung bei Clipse („Es könnte niemals Streit bei uns geben“) aus der Welt schaffte. Im Interview gaben die beiden keine Auskunft über ihr fünftes Album As God Is My Witness („Wie auch immer wir uns entscheiden, wir werden unsere Fans schon informieren, wenn wir fertig sind“). Trotzdem ergriff No Malice als gläubiger Christ, die Chance die Unterschiede ihrer Musik zu erklären:

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„Ich glaube, es gibt keinen besseren Texter auf der Welt als meinen Bruder, und ich glaube nicht, dass es keinen Besseren als mich gibt…Wir kommen aus einer Zeit, in der man das, worüber man rappt, auch wirklich erlebt haben musste. Auch wenn Pushas und meine Texte jetzt verschieden sind, ist das, was wir sagen, immer die Wahrheit.“

Mit der Veröffentlichung von My Name Is My Name, hat Pusha T nun nach zwei Jahrzehnten in diesem Business auch endlich sein Debütalbum. Über das Talent seines kleinen Bruders sagte No Malice folgendes:

„Pusha war immer mit Pharrell, Chad und mir im Studio und eines Tages sagte er einfach: „Mann, Ich werde auch etwas schreiben.“ Ich erinnere mich daran, dass der erste Text, den er geschrieben hat, einfach so verrückt war. Er war ein Naturtalent. Ich brachte ihm nichts davon bei.“

My Name Is My Name ist viel mehr, als nur ein Ersatz für Clipse Fans—die Single „Numbers On The Boards“ stellt alle bisherigen Tracks von Pusha in den Schatten. Und denjenigen, die immer noch unerbittlich auf das fünfte Album der Brüder warten, können wir mit Überzeugung sagen, dass dieser Bruder-Bund wohl niemals brechen wird. Vielleicht wird eines Tages ein weiteres Album am Horizont erscheinen.

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