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Interviews

Ladi6 lässt alle Dramen hinter sich

Wir haben uns mit Ladi6 bei Keksen und Obst getroffen und mit ihnen über Schafe, Berlin und das neue, dramenfreie Album gesprochen.

Anlässlich der Veröffentlichung ihres dritten Albums Automatic hingen die beiden Lebens- und Arbeitsgefährten Ladi und Parks, zwei Viertel der neuseeländischen Neo-Soul- und HipHop-Durchstarter Ladi6, neulich mal wieder in Berlin rum. Die Band kennt sich inzwischen ganz gut in der Hauptstadt aus, denn sie hat in der Vergangenheit zusammengezählte 12 Monate dort gelebt. Wir haben die zwei bei Keksen und Obst getroffen und mit ihnen über Schafe, Berlin und das neue, dramenfreie Album gesprochen. Also, hauptsächlich haben wir mit Ladi gesprochen. Manchmal hat Parks aber auch was gesagt.

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Noisey: Ladi, du hast Berlin mal als 'place to be' für Musiker bezeichnet. Warum ist Berlin besser als andere Städte?
Ladi: Ehrlich gesagt habe ich noch nicht in vielen anderen Städten gelebt, also habe ich gar nicht so viele Vergleiche. Aber Berlin ist sehr freidenkend. Du kannst hier zum Beispiel die Straße runterlaufen und so angezogen sein, wie du willst. Keiner guckt dich schräg an. Wenn du dagegen in einem Land lebst, das ein bisschen konservativer ist, dann überlegst du dir zweimal, was du anziehen willst. Es schränkt dich mehr ein. Das gilt für Kreativität genauso.

Neuseeland ist da also konservativer?
Ich denke, dass Neuseeland sich für ein freidenkendes Land hält, aber im Grunde sind wir ziemlich konservativ. Das fällt dir natürlich besonders dann auf, wenn du an Orte wie Berlin kommst.

Bei Neuseeland hat man als Europäer oft diese Klischees im Kopf von unberührter Natur und wenig Menschen. Wer kommt denn zu euren Shows außer Schafen?
Ja, das ist immer der große Irrglaube, wenn es um Neuseeland geht. Diese dämlichen Statistiken, dass wir mehr Schafe als Menschen haben, sind wahrscheinlich daran schuld. Was zwar stimmt, aber Menschen gibt es tatsächlich auch dort. Wir Neuseeländer haben das Glück, weit genug weg vom Rest der Welt zu sein, um außergewöhnliche Musik machen zu können. Weil wir vom Rest der Welt irgendwie abgeschnitten sind, müssen wir mehr unser eigenes Ding machen als andere. Davon Abgesehen mögen Schafe unsere Musik übrigens auch. Einige unserer besten Freunde sind Schafe. (lacht)

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Apropos Freunde: Ihr habt früher ja öfter mit deutschen Künstlern zusammengearbeitet. Gibt es irgendwelche aktuellen Connections nach Deutschland?
Im Moment nicht, nein. Ich habe auf Sepalots Ablum mitgemacht, bei einem Song, dessen Name mir gerade nicht einfällt (Anm. d. Red.: Der Song heißt „March On“). Und das auch nur, weil sich die Sache mit Sepalot ganz natürlich ergeben hat. Er war damals auf „unserer“ Seite der Erde und hat versehentlich seinen Wohnwagen in meiner Einfahrt geparkt. Er kam zu einer unserer Shows, wir haben uns angefreundet und dann „Go Get Up“ zusammen aufgenommen, einen Song auf einer seiner früheren Platten.

Es war also ein totaler Zufall, dass ihr euch kennengelernt habt?
Genau, ein totaler Zufall! Er kam zu unserem Soundcheck, als wir in Melbourne gespielt haben, war wirklich begeistert und meinte „Bitteeee, lasst uns ein paar Beats zusammen machen!“ Das hat sich also sehr natürlich ergeben. Wir haben vorher nie explizit nach einem deutschen Künstler Ausschau gehalten, mit dem wir zusammenarbeiten wollten, es ist einfach passiert. Ich halte sowieso nicht so viel davon, sowas künstlich zu arrangieren, das wirkt dann so erzwungen. Und dann hört sich die Musik wahrscheinlich auch künstlich arrangiert an.

The Liberation Of habt ihr in Berlin aufgenommen, das neue Album Automatic in Detroit. Wieso immer im Ausland?
Gute Frage! Wir hatten ursprünglich gar nicht die Absicht, ein Album hier zu machen. Wir haben Time Is Not Much, unser erstes Album, über BBE veröffentlicht und kamen hierher, um es zu promoten, und während wir hier waren, haben wir beschlossen, dass wir einfach hier etwas aufnehmen mussten, wegen der stimulierenden Umgebung. The Liberation Of war also ein absoluter Zufall bzw. ein absolutes Experiment. An dem allerletzten Tag unserer Tour, die sechs Wochen gedauert hat, haben wir uns gedacht „Scheiße, wir sollten wirklich ein Album machen, bevor wir abreisen. Anfangs haben wir das alleine gemacht, aber am Ende brauchten wir dann doch Hilfe, und dann haben wir uns an Sepalot gewandt, weil er der einzige Musiker-Freund hier war.

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Aber er lebt doch gar nicht in Berlin, oder?
Nein, er lebt in München. Wir sind dann dort hingefahren, um die finalen Gesangsspuren aufzunehmen. Die meisten Beats sind aber in Berlin aufgenommen worden. Detroit ist eine andere Geschichte: Wir haben Waajeed, einen unserer Lieblingsproduzenten aus Amerika, gefragt, ob er an unserem Projekt teilnehmen möchte, und er sagte „Ja, aber nur, wenn ihr nach Detroit kommt“. Denn dort waren wiederum Leute, mit denen er zusammenarbeiten wollte.
Parks: Das kam uns gelegen, weil wir so unsere Routinen und die gewohnte Umgebung hinter uns lassen und uns nur auf dieses eine Projekt konzentrieren konnten. Aber für beide Alben haben wir auch in Neuseeland aufgenommen. 90 Prozent von The Liberation Of ist in Berlin entstanden und ungefähr 70-80 Prozent von Automatic in Detroit. Aber die Ideen stammten noch aus der Zeit in Neuseeland.
Ladi: Die Erfahrung, mal den eigenen Kontinent zu verlassen, war wichtig für uns. Ich glaube, wenn man immer am gleichen Ort bleibt und im gleichen Studio aufnimmt, kommt immer das gleiche langweilige Album dabei raus. Aber mit Sicherheit kann ich das natürlich nicht sagen, weil ich sowas noch nie gemacht habe. (lacht)

Also trägt die Umgebung maßgeblich zur Entstehung eurer Musik bei?
Parks: Ich ziehe meine Inspiration nicht unbedingt aus der Umgebung an sich, sondern eher aus dem Gefühl, irgendwo neu zu sein, sich frei zu fühlen. Ganz egal, wo wir uns befinden, wir werden immer wie Neuseeländer klingen, weil das unser Ursprung ist.

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Wie klingt man denn als Neuseeländer?
Ich glaube, wir sind das jüngste Land der Welt, wir haben keine lange Geschichte wie ihr in Europa, und deshalb gibt es auch keine langen musikalischen Traditionen. Wir picken uns eher von jedem Genre etwas raus. Es gibt viele Künstler in Neuseeland, die mal einen HipHop-Track machen und am nächsten Tag einen Reggae-Song. Leihgaben von den verschiedenen Genres eben.

Vielleicht ist das der Grund, warum euer Sound zu futuristisch klingt, so frisch?
Ladi: Uh, bitte hör nicht auf zu reden! (lacht)

Auf The Liberation Of waren Einsamkeit und die Suche nach etwas die großen Themen, finde ich. Automatic, besonders die beiden Singles, wirken auf mich wesentlich positiver und hoffnungsvoller. Ist das ein passender Eindruck?
Ja, total. Das hängt, denke ich, mit den Erfahrungen zusammen, die wir während The Liberation Of gemacht haben, die in der Musik reflektiert wurden.
Parks: Wir haben zu der Zeit sowohl beruflich als auch privat eine Menge durchgemacht. Wir hatten viel mit Verlust zu kämpfen. Und das kam dann alles an die Oberfläche.
Ladi: Das Album war von ziemlich vielen Dramen begleitet.

Was für Dramen denn?
Meine Cousine Jazmine ist gestorben und hat drei Kinder zurückgelassen. Und wir hatten ziemliche Scherereien mit Musikindustrie-Sachen, die ich jetzt nicht erzähle, weil es vergeudete Energie wäre, und wir haben uns gefühlt, als hätte sich die ganze Welt gegen uns verschworen. Und dann haben wir beschlossen, uns zu beweisen, dass wir das alles auch alleine hinkriegen. Bei Automatic hatten wir dagegen das Gefühl, das Album als Künstler zu machen, nicht als emotional angegriffene Menschen. Wir waren bei der Arbeit viel fokussierter und auch experimentierfreudiger, was die Sounds angeht.

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Ich denke auch, dass das Album einen großen Fortschritt beschreibt.
Das ist das, was wir gehofft haben.
Parks: Wobei man auch sagen muss, dass wir kein striktes Konzept verfolgt haben. Es ging uns eher darum, unseren Sound zu verfeinern und interessanter zu machen und einfach das Beste zu erschaffen, was wir bisher gemacht haben.

Woran arbeitet ihr im Moment? Was sind eure Pläne für die nächsten Monate?
Ladi: Der Plan ist erst mal die Tour – hier, Neuseeland, wahrscheinlich Australien und Asien, und dann hat jeder aus der Band seine eigenen Projekte, Parks arbeitet zum Beispiel an einer EP, auf der er die Sounds macht und auch singt. Wir helfen uns gegenseitig. Und sobald wir von der Tour heim kommen, fangen wir mit den Arbeiten an einem neuen Ladi6-Album an. Und den nächsten Sommer wollen wir wieder hier in Berlin verbringen, gemeinsam mit der Band.

Automatic ist bei Eskapaden Musik erschienen.

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