Ich habe mir Saturday Night Fever nach sieben Jahren nochmal angesehen
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Ich habe mir Saturday Night Fever nach sieben Jahren nochmal angesehen

Und endlich verstanden, wie wertvoll diese Reality-Soap eigentlich ist.

Die erste Saturday Night Fever-Folge war die, in der zwei junge Mädchen zuerst in der Wiener Onyx-Bar (oben im Haas-Haus, neben dem Do&Co) und danach im Lutz Club waren. Dazwischen war noch irgendetwas mit einer Tanzschule, einem dort nicht geglückten Flirtversuch und dann war noch was mit einer Limousine. Dinge, die in meinem Leben nie so vorkommen würden und auch nie vorkommen werden. Weshalb mich die Reality-Soap ab der ersten Minute hatte. Ich habe schnell gemerkt, dass dieses Sendungs-Format alles hat, was man sich von so einem gutbürgerlichen Abendprogramm wünscht: frivoles Verhalten, Fehlentscheidungen, Alkohol, Style-Inspiration, Urin, Speibe und das Wort "Oida".

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Als ich dann später mit Tara, Vanessa, Molti, Eigi, Pichler und Spotzl vertraut gemacht wurde, wurde das Bedürfnis, mich am elendigen Kater anderer zu ergötzen, wehenlos geboren. Nachdem ich mir sieben Jahre später einige Folgen wieder angesehen habe, erkenne ich ganz deutlich, warum ich diese Serie geschaut habe. Bei ihnen war der Spirit und der Sprit einfach immer da. Bei den Burschen ging es darum, zusammen zu sein – und zu saufen.


Dazu auf VICE: Was wurde eigentlich aus Tara?


Die Burschen haben zwar stets über die Mädchen philosophiert (in ihrer, ähm, sehr eigenen Sprache), aber man hatte bei ihnen nie das Gefühl, dass die Enttäuschung allzu groß war, wenn sie dann doch alleine heimkehren mussten. Diese Art Selbstverherrlichung, die sie in der Gruppe ausgelebt und mit Vorliebe durch Beleidigungen kommuniziert haben, zeigt ein recht unverfälschtes Bild einer Testosteron-geschwängerten Treuschaft unter jungen Burschen. Sie haben sich mit Liebe gedisst und damit für viele Menschen hohe Friendship-Goals gesetzt.

Diese Playlist ist eine nette Zusammenfassung der SNF-Molti, Eigi, Pichler und Spotzl, sowie allen andern Helden der Serie.

Für mich war das ein Einblick darauf, wie sich Jungs in diesem Alter vielleicht verhalten, wenn sie unter sich sind. Viel mehr aber war es ein Einblick auf das Geschehen junger Menschen und Szenen, die sich von meiner Lebenswelt deutlich unterscheiden. Natürlich war beim Beobachten dieser Welten auch ein bisschen Sensationsgeilheit und die Lust auf Fremdscham dabei. Aber der Grund, warum diese Sendung sich einen Platz in meinem Herzen verschaffen konnte, ist, dass ich mir erlaubt habe, mich mit den Charakteren und/oder ihren Handlungen zu identifizieren. Wer würde nicht seinen Freunden am Strand einen Streich spielen, bei dem man ein Loch unter das Strandtuch des anderen gräbt, während der Bier auftreiben geht?

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Es gibt auch immer die eine Person im eigenen Umfeld, die es übertreibt, egal mit welchem Rauschmittel. Und es gibt auch immer eine Person, die nicht aufzufinden ist – nur, um uns später mit einem so dämlichen Grinsen entgegen zu kommen und damit all der Stress und die Sorgen schnell vergessen sind, die diese Person verursacht hat. Ihre Bromance und ihre derben Umgangsformen haben sie zu sympathischen Burschen gemacht, für die man seine gewohnte Umgebung gerne mal verlassen hätte, um mit ihnen zu feiern.

Es hat auch gut getan, Menschen mögen zu können, die man im realen Nachtleben nicht an sich rangelassen hätte. Hätte ich einen Molti im Club gesehen, wäre er von mir ziemlich sicher als oberflächlich und arrogant abgestempelt worden. Doch zu sehen, wie er sich um seine Burschen geschert hat und dass sein Herz am rechten Fleck ist, hat auch mir ein bisschen gezeigt, dass ich vielleicht selber oberflächlich und arrogant bin. Außerdem habe ich seine Disziplin, nüchtern zu bleiben, stets bewundert – wie hat er das nur gemacht … wie?

Der Molti ist übrigens der aktuelle Held der Möbelix-Kampagne und hat sich auch bei Austrian's Next Top Model probiert. Auf seiner Facebook-Seite postet er viele Selfies und Fotos von sich, immer mit einer netten und humanen Botschaft. Zum Beispiel, dass sich auch Männer an seinem Bild erfreuen sollen. Das sollte eigentlich nichts Besonderes sein – ist es aber.

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Auch Eigi und Pichler wären für Sigi Freud ein Paradebeispiel seiner Theorie der latenten Homosexualität gewesen – sie haben ja immer gerne damit rumgealbert. Mit einer Leichtigkeit, die eher offene Weltansichten nach außen transportiert hat als Intoleranz.

Dass die Serie mir auch noch etwas Entscheidendes fürs Leben mitgegeben hat, sei jetzt auch nicht zu verachten: Es handelt sich um das Rezept für Wodka-Almdudler. Dieses Getränk wendet die gleiche Magie an, wie ein Wodka-Wellness, denn es schmeckt einfach nicht nach Alkohol (zumindest nach dem zweiten Schluck). Ich habe mir selbst und anschließend vielen anderen Menschen mit diesem Wissen helfen können. Die Jungs waren in ihrem Gebiet echt nicht zu missachten.

Abseits vom Möbelix-Molti und der kurzen Boy-Band-Experience von M.S.P., wurde es aber dann eher ruhiger um die restlichen Mitglieder der Bagage. Eine Horrorkomödie haben sie uns noch vermacht – und wir wissen eh schon alle, dass unsere voyeuristische Ader sich auch diesen letzten Happen auf der Zunge zergehen lassen muss – selbstverständlich mit einem Wodka-Almdudler in der Hand.

Auch Vanessa war eine Zeit lang ein sehr konkreter Teil meines Lebens. Genauer gesagt, geht es hierbei um Kurt Razellis Lied ihrer "Barbiepuppen blond"-Klage. "Ich kann ma nicht jede Woche die scheiß Hoar aufblondieren, das geht nicht!", war in vielen Konversation meine random Antwort auf alles. Und an guten Tagen hatte ich generell das gesamte Lied im Kopf und mich ebenso wenig davor gescheut, es mit meinen Mitmenschen zu teilen. Ich glaube, sie waren alle sehr dankbar.

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Zeitgleich mit der Entdeckung des Songs war auch schon ihre berufliche Umorientierung bei Vanessa vonstatten gegangen. Ich weiß zwar nicht, was sie davor gejobbt hatte, aber anscheinend war der Beruf nicht erfüllend genug, denn sie wurde eine Escortdame.

Ohrwurm halt.

Natürlich habe auch ich die Augen bei der Tara verdreht, aber als ich erst kürzlich dank eines Artikels meiner Kollegin Verena gesehen habe, was aus ihr wurde, konnte ich schon etwas Stolz verzeichnen. Weil ich gemerkt habe, dass sie es uns gezeigt hat. Sie hat es geschafft, aus ihrem Namen Geld zu machen. Sie sieht jetzt übrigens ein bisschen wie eine junge Donatella Versace aus, aber vielleicht wollte sie das ja – dann hat sie es eigentlich auch voll gut hingekriegt.

Tara hat aus sich eine kleine Werbefläche gemacht, die ganz ohne Mode-Blog und Daniel Wellington-Uhren auskommt. Wenn wir alle an Tara denken, dann sehen wir halt den Typen, der sie anspeibt, ihre fragwürdigen Outfits vom Sexshop oder das prekäre Money Boy-Video. Aber seit ich wieder ein paar Folgen intus habe, habe ich erkannt, dass Tara nie dumm war und genau wusste, was sie tat. Sie hat ihrem Publikum gerne eine Show geboten – und sei's auch nur, weil sie ihrem Ex unabsichtlich gesagt hat, wo sie feiern geht, der dann natürlich zur großen Überraschung dort aufgetaucht ist (wahrscheinlich hat ein ATV-Inszenierungs-Taxi ihn dort hingefahren) und mit Tara uns die gehörige Portion Fremdscham-Dramashow gab, die wir anscheinend alle gebraucht haben.

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Der Klassiker

Eigentlich war SNF genau wie ein Disney-Film. Bunt und abenteuerreich, aber immer mit einer sehr wertvollen Message dahinter. Nämlich der, dass das Austoben und das Abstoßen der Hörner ein wichtiger Prozess im Leben ist. Wir müssen uns im Alltag ohnehin gewissen Regeln und der Routine beugen, irgendwann braucht es aber auch das Gefühl, frei sein zu können. SNF hat mir das gegeben.

Ich war schon in meinen Zwanzigern, als ich mir SNF angesehen habe und bei jeder Folge und jeder Eskapade dieses leichte Bauchkribbeln aufgekommen ist. Diese Serie hatte den Effekt, mir immer wieder meine Abenteuer ins Gedächtnis zu rufen. Vor allem aus der Zeit, in der ich noch voll besoffen von Sangria und Ribiselwein viel Spaß mit meinen Freunden hatte. Das ist mit dem Älterwerden irgendwann einmal nicht mehr machbar gewesen, weil Sangria einfach nicht mehr machbar ist. Deswegen war es so schön, wie SNF uns die "trockene" Wahrheit übers jugendliche Feiern in Österreich gezeigt hat. Denn die, die diese Zeit nicht hatten, konnten ihr Wissen mithilfe der Serie erweitern und die, die sie hatten, haben Zustimmung durch die Serie für all ihre peinlichen Momente erfahren. Wir sind eben doch alle irgendwie gleich.

Danke für alles Tara, Vanessa, Molti, Eigi, Pichler und Spotzl.

Originalbilder via Flickr | Alexander Johmann | CC BY-SA 2.0

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