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Der neue Club Q ist kaum mehr als die Kopie einer schlechten Kopie

An der Zürcher Förrlibuckstrasse 151 eröffnet im Oktober zum dritten Mal ein Club Q. Das kann ja nur schief gehen.

Es ist unheimlich schwer, diesen Artikel anzufangen, ohne gleich wieder Verwirrung zu stiften. Ich versuche es trotzdem: Am 1. Oktober macht im Keller des Parkhauses an der Förrlibuckstrasse zum dritten Mal ein Club namens Q auf. Der hat aber nichts mit dem ersten Q, dem ausgezeichneten Techno- und Minimal-Schuppen von 2001 bis 2010, zu tun, sondern ist die Reinkarnation des zweiten Q, das von 2010 bis 2013 an derselben Adresse beheimatet war.

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Eigentlich hätten sich die Macher rund um den zukünftigen Clubverantwortlichen Jens Künnemann mit der Ablöse des Gratis-Clubs Wow, der die letzten drei Jahre mit billigen und sexistischen Party-Konzepten ein dunkles Kapitel in der Zürcher Clublandschaft war, direkt einige Sympathiepunkte einheimsen können—sie haben in meinen Augen aber jetzt schon richtig verkackt.

Ich habe mich bereits bei der ersten Wiedereröffnung unter dem Namen gefragt, was das soll. Als das Q 2010 zum ersten Mal seine Türen schloss, hatte das seine Gründe. Während der Laden in den frühen Nullerjahren eine wichtige Adresse für elektronische Musik war, ein Mal sogar vom DJ Mag zu den besten Clubs weltweit erklärt wurde, hatte der Laden gegen Ende ganz viel Glanz verloren.

Ich erlebte 2008 zwar mit knapp 18 Jahren im Q meine ersten Techno-Partys—meine italienischen Freunde schleppten mich regelmässig an die legendären und verrückten Diabolica-Partys mit. Aber schon damals konnte sich der Club an der Förrlibuckstrasse nicht mehr mit einem guten Ruf schmücken: Das “coole” Partyvolk ging mittlerweile an der Gerold- oder Langstrasse aus und das Q stand dank gewaltbereiten Idioten eigentlich nur noch negativ in den Schlagzeilen. Der traurige Höhepunkt war der Mord an einem 17-Jährigen vor dem Club im März 2010.

Kurz darauf schloss das erste Q und das nächste machte in denselben Räumlichkeiten auf. Abgesehen vom Namen hatte das neue Q aber nicht mehr viel mit seinem Vorgänger zu tun. Es richtete sich nach kommerzieller elektronischer Musik, der Laden wurde umgebaut und sollte mit Lounges in jeder Ecke das Publikum ansprechen, das auf Bottle-Service steht. Bei der Eröffnungsparty kam ich mit einem der neuen Clubmacher ins Gespräch und fragte frech nach, wieso er und seine Partner den aktuell negativ behafteten Namen beibehalten hätten. Er antwortete, dass er sich eigentlich gesträubt hätte—aber die Entscheidung fiel im Gremium für den alten Namen, weil es sich so bessere Booking-Möglichkeiten erhoffte.

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Klingt logisch: Das erste Q war durchaus ein Club mit internationaler Ausstrahlung. Da wird es bei der einen oder anderen Booking-Agentur geklingelt haben, wenn sie eine Mail vom Club Q mit der Anfrage für einen grössernen Act bekam. Mit einem neuen Namen hätten die Clubverantwortlichen von vorne anfangen und für manche Bookings Sicherheiten gewährleisten müssen—Vorauszahlungen tätigen oder höhere Gagen zahlen.

Die neuen Q-Macher konnten dank dem vorherigen Q grosse Acts in den Club holen, Foto: Facebook

Peter "Gogo" Sacco, der am ersten Q mitbeteiligt war, bestätigt auf Anfrage von Noisey diese Annahme: "So wars tatsächlich. Ich habe mich damals entschieden, es nicht an die grosse Glocke zu hängen, weil ich wusste, was sie vorhaben und weil mein Partner noch zu einem kleinen Teil mit an Bord war."

Das neue, dritte Q orientiert sich nun aber musikalisch nicht mehr wirklich an seinem Original. "Wir spielen 'Q music' und das kann alles bedeuten", sagt der aktuelle Clubmacher Jens Künnemann zum Tages-Anzeiger und nennt HipHop und R&B vor House. Also macht es aus der Booking-Sicht doch nicht mehr viel Sinn, den Namen neu aufzugreifen.

Künnemanns Begründung für die Neuauflage des Q: "Wir wollen an die legendären Zeiten des Clubs Q anknüpfen." Legendäre Zeit? Künnemann selbst war nicht mal im Team, welches das Q zum ersten Mal reaktivierte, und stiess erst Ende 2011 dazu, als die guten Bookings aufhörten und man ”DJs” wie Jimi Blue Ochsenknecht oder Gina Lisa Lohfink hinter die Decks liess. Das Ende dieser Ära kennen wir ja—nicht mal zwei Jahre später schloss das Q irgendwo in der Irrelevanz des Zürcher Nachtlebens.

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So ein "DJ" kam in Q. Foto: Screenshot usgang.ch

Also wie zum Teufel kommt die neue Q-Leitung auf die Idee, wieder ein Q aufzumachen—es spricht doch rein gar nichts dafür. "Das zeigt doch, wie sie ticken. Wenn du an deine eigenen Stärken glaubst und eigene kreative Ideen hast, würdest du niemals jemanden so plump kopieren", sagt DJ Gogo, der verständlicherweise angepisst ist.

Ich kann DJ Gogos Worte genau so unterschreiben. Künnemann hat sich bereits beim Gutenberg, den der Deutsche auch leitet, nicht mit Ruhm bekleckert—der Club am Bahnhof Enge spielt nicht wirklich eine relevante Rolle in der Limmatstadt. Das und die gnadenlose Inspirationslosigkeit sprechen dafür, dass aus dem dritten Q auch nichts wird. Ich wage mal die Prognose, dass die neue Ära nicht lange anhalten wird und wir in—sagen wir—zwei Jahren das nächste Q zu Grabe tragen dürfen.

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