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Der Zürcher, der die nächsten israelischen Welt-Hits produzieren will

Der Schweizer Eyal Grünberg hat in Tel Aviv ein Musiklabel gegründet und schwimmt mit dessen Konzept gegen den Strom. Sein Ziel: Mainstream aus Israel für die Welt zu produzieren.
Foto: Alle Fotos von der Autorin 

Eyal Grünberg sitzt in einem kleinen Kaffee auf dem bekannten Habima-Platz in Tel Aviv, trinkt Cappuccino und raucht selbstgedrehte Zigaretten. Meistens sitzt er dort nicht allein, sondern umgibt sich mit anderen Musikern, meistens Bandmitglieder von Balkan Beat Box. Seit fünf Jahren kennt der 44-jährige Zürcher die Band, und es war eine Begegnung, die ihm eine Tür öffnete, von der er lange geträumt hatte. "Als ich Tamir Muskat kennenlernte, merkten wir schnell, dass wir beruflich dasselbe suchten", erzählt Eyal. Tamir musiziert als Schlagzeuger bei Balkan Beat Box und zählt zu den grössten Musikproduzenten Israels. Er hat auch die letzten beiden Alben von Asaf Avidan produziert. "Wir waren mit dem Konzept herkömmlicher Musiklabels nicht zufrieden und wollten eines gründen, bei dem der Künstler und das Label gleichermassen voneinander profitieren." So entstand die Idee für ihr eigenes Label Ape-Records.

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Anders als bei den grossen Musiklabels produzieren Eyal und Tamir jeweils nur einen Song mit den Künstlern. Sie wollten keine jahrelangen Verträge mit ihnen abschliessen und für ihren Gesamterfolg oder ihr Misslingen bürgen. "Eine solche Verantwortung für einen Menschen zu tragen, empfinde ich fast schon als unmoralisch", sagt er. Und so entschieden sich die beiden, den Künstler nach einer Zusammenarbeit ziehen zu lassen. "Wenn der Song einschlägt, profitieren beide Seiten. Und wenn nicht, hat keiner wirklich etwas verloren und das Leben geht weiter."

A-Wa und Loco Hot im Studio von Ape-Records

Eigentlich hätte Eyal Arzt werden sollen. Er studierte in Freiburg Medizin, hat neben seinem Studium aber immer musiziert. Funk, mit etwas Rock. "Quasi Red Hot Chilli Peppers-Style", wie er sagt. Er selbst war Bassist und hinter der Bühne für alles Organisatorische und für die Produktion verantwortlich. Das Scheinwerferlicht war nie sein Ding, alles andere hingegen sehr. Eyal entschied sich gegen eine Laufbahn in der Medizin und fasste Fuss in der Musikwelt, studierte in New York Business und Musik und arbeitete schliesslich bei Universal Music. 2005 führte ihn ein Job im Finanzbereich nach Israel, wo er bis heute lebt, mittlerweile als Vater von zwei kleinen Kindern und als Musikproduzent und Chef seines eigenen Labels.

Drei Releases hat Ape-Records bis anhin feiern können, alle drei mit namhaften israelischen Musikern. Da wäre einerseits die Band A-Wa, ein Trio bestehend aus Schwestern, die jemenitische Songtexte mit Electrobeats verbinden und sich nicht nur in Israel, sondern auch in Europa und im arabischen Raum einen Namen gemacht haben. Ein weiterer grosser Name ist Marina Maximilian oder Sänger Loco Hot, Leadsänger der Band Girafot.

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Die Idee hinter Ape-Records könnte als unwirtschaftlich betrachtet werden, denn ohne feste Verträge und ihrem "One Night Stand-Konzept"—wie Eyal es nennt—profitiert Ape-Records nicht vom nachhaltigen Erfolg der Musiker. Doch Eyal sieht das anders: "Die Rechte der Songs liegen bei uns. Also profitieren wir vom Erfolg, bürgen aber auch, wenn ein Song nicht einschlägt. Weil wir aber nur einen Song machen, haben weder Künstler noch wir wirklich etwas zu verlieren."

Ape-Records arbeitet bis anhin nur mit Künstlern zusammen, die bereits Plattenverträge haben. Kein Widerspruch, wie Eyal erklärt: "Die Plattenfirmen finden unser Konzept spannend und sehen es wie wir: Es gibt nichts zu verlieren. Wir konkurrieren nicht mit den Labels, sondern verfolgen ein anderes Ziel und erweitern so das Angebot."

Ziel von Eyal ist es, israelische Künstler auf die internationalen Bühnen zu bringen. Die Songtexte sind Englisch, die Beats Mainstream und trotzdem drücken Eyal und Tamir jedem Track ihren Stempel auf. "Ich kenne es aus keinem anderen Land ausser Israel, dass es auf so wenig Raum so viele begabte Musiker gibt", sagt Eyal. Israel hat die gleiche Einwohnerzahl wie die Schweiz und gleichzeitig gleich viele Castingshows wie Deutschland. "Israel ist eine äusserst musikalische Nation, in der es viele Talente zu entdecken gibt." Und vor allem gebe es viele Musiker, die qualitativ alles für eine internationale Karriere mitbrächten. Die Songs von Ape-Records sind nicht nur für israelische Ohren gedacht. Sie sollen in die Welt heraus und, wie es Eyal sagt, die "positiven Vibes of the Middle East in die Welt hinaustragen."


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