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You Need to Hear This

Rangleklods sind ein wissenschaftliches Experiment

Das dänische Duo ist sowohl im Studio als auch auf der Bühne ein gutes Team und seit unserem Interview wissen wir nun auch, wer die Hosen anhat.

Die Aussage, dass die Musik eines Künstlers nicht in ein bestimmtes Genre passt, hört man ständig und leider wird auch oft mit so bescheuerten Phrasen wie „Sie lassen sich nicht in eine Schublade stecken“ um sich geworfen. Bei dem Duo Rangeklods ist die Vielseitigkeit und Varietät aus Inspirationsquellen und Ansprüchen aber tatsächlich so unfassbar breit, dass wir nun unseren Joker ziehen wollen und eben genau das behaupten, nur eben ohne die blöden Phrasen. Die Gefahr, dass das Arbeiten bei so einer Reichweite irgendwie unkoordiniert werden könnte, besteht bei Esben und Pernille aus Dänemark aber nicht. Die beiden gehen sehr wissenschaftlich vor, erstellen Diagramme, um ihr Experiment einzugrenzen, und denken über jeden einzelnen Schritt ausgiebig nach. Was letztendlich dabei herauskommt, ist genauso genial wie es sich anhört.

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Mit dieser Logik war es auch nicht zu vermeiden, dass das anfängliche Solo-Projekt von Esben irgendwann zu einem Duo mit seiner Freundin Pernille wurde. Das Paar ist sowohl im Studio als auch auf der Bühne ein gutes Team, und nachdem wir uns mit ihnen vor ihrem Auftritt auf dem Dockville Festival in Hamburg unterhalten haben, wissen wir nun auch, wer die Hosen anhat—jedenfalls bei der Entscheidung über die Musik.

YNTHT: Hi, wie geht es euch?
Pernille: Uns geht es gut, danke. Wir sind froh, hier zu sein.

Habt ihr gerade erst die Tattoos stechen lassen?
(Pernille und Esben haben beide das Rangleklods-Logo auf dem Unterarm)
Pernille: Ja, meins ist recht neu. Wir sind inzwischen sechs Leute, die tätowiert sind.
Esben: Meins war das erste. Und immer wenn jemand Neues in unseren Kreis kommt, setzen wir ihn sofort unter Druck. Es muss ja nicht groß sein. Und unsere Grafikdesignerin freut sich jedes Mal, weil sie das Logo entworfen hat. Immer, wenn sich jemand das Tattoo stechen lässt, freut sie sich so sehr, weil sie sie damit für ihr Leben prägt. Sie freut sich wahrscheinlich mehr als wir.

Habt ihr schon tätowierte Fans?
Nein, noch nicht, aber wir haben mal Abziehtattoos machen lassen und sie Leuten gegeben, die am Merchstand etwas gekauft haben.

Könnt ihr mir noch mal die Bandkonstellation erklären, ich blicke nicht ganz durch. Zuerst war Rangleklods doch ein Solo-Projekt?
Ja, am Anfang war es ein Solo-Projekt, aber Pernille war schon immer diejenige, die ich gefragt habe, ob etwas gut genug ist oder nicht. Sie war immer der Hauptentscheider.
Pernille: Ich habe auch bei den Aufnahmen geholfen und ihn mit den Vocals beraten.
Esben: Sie hat auf dem Album und auf der EP vieles geformt, noch bevor wir offiziell ein Duo wurden. Das war eine ganz natürliche Entwicklung, das Projekt irgendwann ein Duo zu nennen. Dass sie inzwischen immer mit uns live spielt, war nur noch der letzte Schritt. Wir haben verschiedene Rollen, ich produziere alles, aber das Songwriting und die Ästhetik teilen wir uns jetzt mehr.

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Das ist doch ein guter Job, alles entscheiden zu dürfen.
Pernille: (lacht) Ja, ist es.
Esben: Du bist glücklich darüber, oder?
Pernille: Ja, bin ich.

Aber es gab doch anfangs noch ein anderes Mädchen, oder?
Ja, sie hat bei unseren Liveshows Gitarre gespielt. Aber sie wollte mehr Zeit für ihre eigenen Projekte haben. Es ist nichts passiert oder so, sie wollte einfach auch selbst komponieren.
Pernille: Wir hatten eine tolle Zeit.
Esben: Wir wollten aber eher, dass es nur ein Duo mit uns beiden ist.

Ihr seid in einer Beziehung, oder?
Beide: Ja.

Also habt ihr sie rausgeschmissen?
Pernille: (lacht) Nein, nein, kein Drama.
Esben: Überhaupt kein Drama, wir sind noch immer befreundet.

Und jetzt arbeitet ihr zu zweit an einem neuen Album?
Ja, wir arbeiten schon seit längerem an dem Album, aber wir hatten noch keine Zeit ins Studio zu gehen. Aber wir wissen ganz genau, was wir wollen. Unsere Tour endet nächstes Wochenende, danach haben wir also Zeit, das zweite Album aufzunehmen. Ehrlich gesagt, hatte ich zuerst Angst davor, aber jetzt habe ich das Gefühl, wir haben einen Plan, was wir musikalisch und textlich machen wollen und wie wir produzieren wollen. Es gibt wirklich viele Sachen, die du eingrenzen musst, wenn du mit elektronischer Musik arbeitest. Du kannst machen, was du willst. Wenn wir ein Album mit Bläsern haben wollen, könnten wir einfach ein paar Bläser engagieren. Die Möglichkeiten sind unendlich. Das wird übrigens nicht passieren. Ich will damit nur sagen, dass wir alles machen könnten. Wir haben also wirklich viel Zeit damit verbracht, herauszufinden, was wir wollen.
Pernille: …und eine Art Dogma erschaffen. Es geht aber nicht darum, in ein bestimmtes Genre zu passen. Es geht nur darum, einen Rahmen für das Experiment zu kreieren. Wir wollen nämlich experimentieren, und dafür hatten wir keine Zeit in den letzten Monaten.
Esben: Wir werden niemals eine Genre-Band werden, die ein Album mit zwölf recht ähnlichen Songs herausbringt. Das sind nicht wir, das ist nicht die Art und Weise, wie wir Musik hören und machen. Wir haben ein Diagramm entworfen, mit vier verschiedenen Ecken. Es sind Keywords und Key-Songs, die wir machen wollen, und es sind sehr unterschiedliche Ecken. In einer Ecke ist Garage-Techno, es gibt Krautrock, Dream-Pop und dann noch Rap. Es ist also noch viel Platz für ganz verschiedene Sachen.
Pernille: Und dann kannst du den Punkt hin und her bewegen.
Esben: Und wenn du gerade keine Idee hast, kannst du darauf gucken und dir überlegen, wohin du mit dem Album gehen möchtest. Das hilft dir weiter. Das hat mich jedenfalls beruhigt.

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Wie wird Rap einfließen?
Ich meine nicht, dass Leute rappen werden. Das wird nicht passieren, aber Rap-Instrumentals, vor allem die softe Seite. Wir mögen beispielsweise Jai Paul gern, auch wenn es nur zwei Songs zum Mögen gibt. Im Prinzip ist immer noch Platz für alles Mögliche, aber das bedeutet für uns schon Einengen.

Wird sich das Album also sehr von dem Ersten unterscheiden?
Die Zeit wird es verraten. Es gibt definitiv Parts, an denen ich noch weiter arbeiten möchte. Es wird nicht komplett anders, aber ich möchte gern noch etwas zu unserem Universum hinzufügen, es erweitern und sehen, wie viel wir innerhalb der Grenzen von Rangleklods noch machen können.
Pernille: Ich glaube, das Universum, das bis jetzt da ist, ist nicht sehr einengend.
Esben: Ich glaube, durch das Album und die EP weiß niemand recht, was sie von uns zu erwarten haben. Wir könnten von diesem Punkt aus viel machen und das ist sehr befreiend.

Was wird sich im Hinblick darauf ändern, dass ihr nun ein Duo seid?
Es wird definitiv mehr weibliche Vocals geben.

Auf dem ersten Album gab es ja kaum welche.
Ja, eigentlich nur der Chorus von „Clouds“ und einige Backup-Vocals. Es wird also mehr davon geben.
Pernille: Wir wollen das Mann-Frau-Spiel mehr stattfinden lassen und es gegenseitig ergänzen.

Wollt ihr den Kontrast ausarbeiten?
Esben: Ja, ganz genau. Es wird nicht darum gehen, einen Mittelweg zu finden und dem zu folgen. Wir werden viel ausprobieren und den Kontrast ausarbeiten und vielleicht auch mal Rollen tauschen. Aber wir nehmen nicht den Mittelweg und sagen, wir sind jetzt ein Duo und machen süße, kleine Popsongs.
Pernille: Es geht mehr darum, die Songs in verschiedene Richtung zu bringen.
Esben: Uns sind auch Emotionen wichtig. Ich mag es gern, wenn die Songs mit den Menschen reden. Wir haben keine Angst davor, Themen anzusprechen, die große Gefühle mit sich bringen. Ich weiß nicht, wie der englische Ausdruck ist, aber in dänisch gibt es Crying Rock, also Rock, der für's Heulen gemacht wurde. Das machen wir nicht. Ich kann zum Beispiel eine tolle Melodie schreiben, die sich schrecklich mit meiner Stimme anhört, aber mit ihrer Stimme perfekt klingt. Und auch andersherum. Eine gute Melodie ist nicht einfach eine gute Melodie, sie muss auch das richtige Medium finden. Ich glaube, mit unseren beiden Stimmen werden sich unsere melodischen Möglichkeiten stark erweitern.

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Wie schreibt ihr eure Lyrics?
Pernille: Wir haben noch nichts genaues geplant, aber wir schreiben beide ständig Lyrics. Aber wir haben kein bestimmtes Muster, wie wir unsere Texte schreiben. Aber es ist ein fortlaufender Prozess, über den wir uns auch sehr bewusst sind.
Esben: Wenn wir eine perfekte Arbeitsweise für den einen Song gefunden haben, bedeutet es nicht, dass das auch mit dem nächsten Song funktioniert.

Eure Arbeitsweise klingt nach einem wissenschaftlichen Experiment.
Ich habe auch oft das Gefühl, dass es so ist. Wir wissen wirklich nicht, was passiert, wenn wir mit einem Song anfangen. Es kann in jede Richtung gehen, es kann mit einer Melodie auf der Gitarre anfangen und dann zu einem Techno-Track werden. Aber das ist auch egal. Wir stolpern vielleicht über etwas und mögen das dann lieber als das, was wir vorher hatten, und machen dann alles anders. Ich erinnere mich noch daran, dass „Order“ ein tropischer Dance-Song war und schlussendlich zu einem recht deutschen, langsamen Techno-Track wurde. Das macht das Arbeiten am Computer für mich interessant.

Kannst du mir sagen, was ein Puzzlehead ist?
Ja, und Glückwunsch! Das ist das erste Mal, dass wir diese Frage haben. Cool. Eine Puzzlehead ist jemand, der nicht wirklich weiß, was gerade passiert und was er tut, und warum. Für mich ist es so eine Teenager-Sache, wenn du Dinge tust, ohne darüber nachzudenken.
Pernille: Auch Dinge zu machen, die dir offensichtlich nicht gut tun.

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Dann seid ihr wohl keine Puzzleheads.
Nein, nicht mehr.
Esben: Ich denke, wir waren an einem Punkt im Leben alle mal Puzzleheads.

Hast du dir das Wort ausgedacht?
Ich glaube, das Wort wurde auch schon vorher benutzt. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich es vorher gegoogelt habe, um herauszufinden, ob es weit verbreitet ist. Es war also nicht der erste Moment in der Menschheitsgeschichte, dass Puzzle und Head zu einem Wort zusammengefasst wurden. Ich glaube, es gibt auch ein Film aus den 90ern.
Pernille: Vielleicht hast du es auch nur geträumt.
Esben: Vielleicht, aber es hat Sinn gemacht, jedenfalls für mich. (lacht)

Zum Schluss will ich nicht von euch wissen, was euer Bandname bedeutet, aber was eure Vornamen bedeuten.
Pernille: Mein Name bedeutet Fels oder so. Es bedeutet das Gleiche wie Peter, es ist die weibliche Form und ich glaube, es ist hebräisch. Und ich habe einen Bruder namens Peter, unsere Namen bedeuten also dasselbe.
Esben: Alles, was ich über meinen Namen weiß, ist, dass es ein alter nordischer Name ist, der oft in Märchen benutzt wird, für den dummen Helden, der am Anfang viel Unglück hat, aber zum Schluss immer die Prinzessin bekommt. (Er guckt Pernille an.) Und es hat geklappt.

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