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Omar Souleyman: Der coolste Typ der Welt

Wir haben Omar Suleyman in Williamsburg getroffen und mit ihm auf Arabisch gesprochen—eine außergewöhnliche Begegnung.

Foto: Jess Lehrman

Als ich Omar Souleyman im Appartment seines Agenten traf, im am schlimmsten gentrifizierten Teil von Williamsburg, sieht er aus, als käme er gerade aus der Wüste Syriens gestapft. Sein typisch arabisches Erscheinungsbild—ein verrauchter, sehr buschiger Schnurrbart, seine Kufiya und sein langes Gewand (die Karikatur eines Arabers für das westliche Auge)—ist für mich weniger ein orientalisches Wunder, als eine angenehme Erinnerung an meine Zeit im Nahen Osten. Ich begrüße ihn auf Arabisch, dann sprechen wir über seine Berühmtheit in der arabischen Welt und wie mein Arabischlehrer ihn schon das ein oder andere Mal erwähnt hat. Er spricht langsam und gestikuliert viel, sodass ich sein Arabisch auch verstehen kann, es fühlte sich an als würden wir ein Interview für ein Sprach-Tutorial machen. Er ist geduldig mit mir, hat eine Zigarette im Mund und wenn ich mich verspreche, lächelt er, sodass ich mich korrigieren kann.

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Als ich seine verzerrten Wüsten-Melodien zum ersten Mal höre, befinde ich mich auf der Rückbank eines Taxis in Jordanien. Damals wohne ich in einer Zementhütte mit ein paar Beduinen in den nördlichen Wüsten des Landes wo sie ständig gespielt werden. Das Gebiet in dem wohne ist der Stadt Ras Al-Ayn, aus der Souleyman kommt, sehr ähnlich. Bis ich das erste Mal eins seiner verpixelten Videos zu Gesicht bekomme, komme ich einfach nicht darauf, welches Instrument es ist, zu dem Souleyman singt. Als ich es dann tue, merke ich, dass es bloß ein Yamaha-Keyboard ist, das ziemlich schnell gespielt wird. Zusammen mit Yallah-Schreien, die mit einem unglaublich schlechten Videorecorder aufgenommen wurden, verwischt Souleymans Sound die Grenzen zwischen Folk, experimenteller und programmierter Musik.

Als er 2006 beim Label Sublime Frequencies unterzeichnet, erreicht Omar Souleyman internationale Anerkennung, aber in seiner Nachbarschaft im Heimatland Syrien ist er zu dieser Zeit schon für mehr als zwanzig Jahre eine Legende gewesen. Souleyman singt traditionelle Lieder seit er sieben Jahre alt ist, Konzerte allerdings—in seinem Fall heißt das Auftritte bei syrischen Hochzeiten—spielt er erst seit 1994. Gerade die ausgelassenen Hochzeitslieder haben ihm bei seinem Aufstieg zu einem arabischen Star verholfen.

Souleyman wird durch die enorme Menge an Hochzeitsauftritten geradezu allgegenwärtig. Nicht selten werden diese auf VHS aufgezeichnet, dem Ehepaar überreicht, daraufhin verfielfältigt und in den staubigen Plattenläden der gesamten Region verkauft. Man munkelt, dass es mehr als 500 solcher Kassetten von ihm gibt. „Nach der ersten Hochzeit, auf der ich gesungen habe, ermutigten mich die Leute dazu weiterzumachen“, sagt er. „Das ging so weit, bis ich dann keine einzige freie Minute mehr hatte. Schon nach den ersten fünf Hochzeiten wusste ich, dass ich eines Tages berühmt sein werde.“

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Seine einzigartige Interpretation der Dabke—einem orientalischen Folkloretanz—klingt für das westliche Ohr komplett fremd. Das liegt aber nicht nur an der Tatsache, dass diese Musikrichtung aus den fernen arabischen Wüsten stammt. Normale Dabke klingt auch nicht wie Omars Dabke. Er mischt irakische Choubi-Musik mit kurdischen Lyrics und beschleunigt das Ganze: „Das Gebiet, in dem ich lebe ist eine Triangle—es gibt viele türkische Menschen, Christen und Kurden. Früher sang ich für jede dieser Gruppen. In jedem Gebiet spielen sie ihren eigenen Musikstil traditioneller Musik, also sang ich eben ganz nach ihrem Geschmack, wenn ich ein einem dieser Gebiete war“, sagt er. „Ich ahmte ihren Stil der Folklore nach und fügte meinen eigenen dazu.“

Kieran Hebden aka Four Tet produziert Souleymans erstes Album Wenu Wenu und obwohl diese Verbindung ungleich scheint, ist es nicht seine erste Zusammenarbeit mit einem Künstler, den man eher in einer Bar in Brooklyn hört, als in Damaskus. In der Vergangenheit haben es schon Björk und die Gorillaz zu Souleyman geschafft. Als ich ihn frage, wie es ist, mit Künstlern wie Four Tet und Björk zusammenzuarbeiten, zuckt er mit den Schultern: „Weißt du, es ist eben Arbeit“. Der Künstler, mit dem er am liebsten zusammengearbeitet hat? „Mein Keyboarder.“

Souleyman beantwortete jede Frage hinter seiner Sonnenbrille und mit der ewig glimmenden Zigarette. Es ist seine Coolness, die ihn so faszinierend macht. Die Art, wie er in diesem Appartment in Williamsburg auf einer schwedischen, weißen Couch sitzt und von jemandem in Skinny Jeans interviewt wird, ist eine perfekte Metapher für seine Beziehung zu einem westlichen Publikum. Er perfomt immer noch, als würde er auf einer Hochzeit in den Wüsten Nordsyriens auftreten, sogar wenn er heute auf der CMJ vor einer Horde betrunkener Kids spielt.

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Ich frage ihn, was für westliche Musik er mag. Da antwortete er zum ersten Mal auf Englisch, statt Arabisch: „Langsames. Ich mag alles langsame.“

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