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You Need to Hear This

Musiker, die ihr einfach gehört haben müsst: Delilah

Delilah ist der Beweis dafür, dass man sich nicht immer gegen das „sexy Top bauchfrei“ entscheiden sollte.

Heutzutage werden wir auf so ziemlich jeder Internet-Seite mit personalisierten Empfehlungen bombardiert. Ich bekomme zum Beispiel ständig Mails von Ebay, in denen mir versprochen wird, dass etwas zu mir passt. Fünf Sekunden lang bin ich dann wieder das kleine Kind, das an Heiligabend auf die Bescherung wartet. Aber nach einem kurzen Blick auf halterlose Paillettenkleider mit Leo-Mustern, Auto-Profi-Arbeitslampen (ich habe nicht mal einen Führerschein!) oder etwas namens „sexy Bluse mit Kettenprint bauchfrei“ muss ich immer wieder feststellen, dass es leider niemals wieder so wie damals wird, als ich diesen 1,5-Meter großen Plüschelefanten bekomme habe, der wirklich zu meinem (dreijährigen) Selbst passte.

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Als mir also bei Spotify Delilah vorgeschlagen wurde, hatte ich erst mal Angst. Angst davor, dass Delilah Musik machen könnte, die in etwa so gut zu mir passen würde wie das sexy Bauchfrei-Top.

Ich gab ihr jedoch eine Chance und ließ ihr Debüt-Album From the Roots Up erstmal im Hintergrund laufen (und das obwohl auf dem Cover gleich zwei hippe Symbole abgebildet sind, ein umgedrehtes Dreieck und ein womöglich sogar noch gesprayter Dip-Dye!). Bald rannte ich jedoch alle paar Minuten an meinen Rechner, um Tracks noch einmal abzuspielen, weil mir eine Hook besonders gut gefiel oder ein Intro so speziell klang, das ich es noch mal hören wollte. Die 22-jährige Britin macht Pop, aber eben guten Pop mit Soul und dazu einigen Trip-Hop- und Drum'n'Base-Elementen.

Spätestens als ich bei „Inside my Love“ ankam, einer Cover-Version von Minnie Ripertons 1975er vor sexueller Spannung beinahe platzenden Hit, realisierte ich, dass es wirklich nur wenige Stimmen gibt, die vergleichbar mit der Stimme von Delilah sind. Sie klingt sanft und gleichzeitig selbstbewusst. Selbst dachte sie, dass ihre Stimme so „merkwürdig und unkonventionell“ sei, dass niemand jemals ihre Platten kaufen würde. Eine kurze Video-Recherche ließ mich dann das ästhetischste Video finden, das ich seit langem gesehen hatte:

Wie viele kleine Mädchen hatte Delilah, die mit bürgerlichem Namen Paloma Ayana Stoecker heißt, schon immer davon geträumt, später einmal Sängerin zu werden. Diesen Satz liest man wahrscheinlich in ziemlich jedem zweiten Interview mit weiblichen Popstars.

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Allerdings wuchsen viele dieser anderen Mädchen bestimmt nicht als die Tochter einer Indie Label-Besitzerin und eines Ministry of Sound-DJs in Camden auf, in deren Haus immer Musik lief und Parties stattfanden (Delilah zählt Nirvana, Portishead und Buena Vista Social Club, zu ihren frühen Einflüssen und sampled Chaka Khan's „Ain't Nobody“ in ihrem Track „Go“) und verbrachten bestimmt auch nicht schon Nächte in Clubs, bevor sie volljährig waren.

Deshalb wundert es vielleicht auch keinen, dass Delilah im Gegensatz zu diesen Mädchen (die inzwischen wahrscheinlich schon kläglich die Top 20 irgendwelcher Casting-Shows verlassen mussten) nach der Schule vernünftigerweise zunächst damit begonnen hatte, Entertainment Law und Music Technology zu studieren, um sich „abzusichern“—obwohl sie, seit sie 17 Jahre alt war, bei Atlantic Records gesignt war. Dort hatte jedoch niemand ihre Songs veröffentlichen wollen, weil sie sich geweigert hatte, dafür tanzend in sexy Tops Promo zu machen.

Stattdessen schrieb sie den Song „Time“ für Chase & Status und ging mit ihnen zwei Jahre lang auf Tour, performte live und schrieb ihre eigenen Songs. Sie hatte zwar bereits einige als Teenager geschrieben und bisher noch nicht veröffentlichen können, aber sie wollte mit Anfang 20 keine überdramatischen Teenie-Balladen singen.

Sie veröffentliche ihre ersten Singles „Go“ und „Love you so“ und während letztere von Hot Chips Joe Goddard geremixt wurde und auf Mixtapes auftauchte, bekam Delilah einen Anruf von Prince, der sie mal eben bat, ihn auf seine Australien-Tour zu begleiten.

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Und die Moral von dieser Geschichte? Man sollte sich nicht immer gegen das „sexy Top bauchfrei“ entscheiden.

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