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Jay Electronica ist ein lebender Mythos

Jay Electronica ist ein Rapper, der immer dann auftaucht, wenn man ihn schon wieder vergessen hat.

Wer sein Leben lang schon für Fußball oder irgendeinen anderen Mannschaftssport brennt, weiß, wie es sich anfühlt, wenn sein Team absteigt oder aus einer Meisterschaft ausscheidet. Genauso frustrierend ist es für Musikliebhaber, wenn ein Künstler, der sich mit nur einer Handvoll Songs als absoluter Favorit der Musikwelt herausgestellt hat, plötzlich aus dem Geschäft aussteigt oder aufhört, hungrige Fans mit Tracks zu füttern.

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Das beste Beispiel für einen solchen Künstler ist Thimothy Elpadaro Thedford, in HipHop-Kreisen besser bekannt als Jay Electronica. Denn obwohl der Musiker in den letzten Jahren auf großen Songs wie „Control“ von Big Sean oder „Suplexes Inside of Complexes and Duplexes“ von Mac Miller als Feature zu hören war, bleibt der Rapper weiterhin ein lebender Mythos. Mal ist er da und segnet die Tracks seiner Kollegen mit den heiligsten Zeilen, bevor er genauso schnell wieder verschwindet, wie er aufgetaucht war.

Wo er steckt? Was er macht? Wo er herkommt? Darüber weiß man nicht viel. Seine Ex-Frau Erykah Badu, selbst weltberühmte Musikerin, beschrieb Jay einst als einen „komisch aussehenden Typen, ein Alien, aber auf eine wunderschöne Art und Weise“. Besser hätte sie das Phänomen Jay Electronica auf dem Intro seines ersten Mixtapes Act I: The Eternal Sunshine (The Pledge) nicht erklären können. Denn in vieler Hinsicht ist Jay nicht von dieser Welt. Er ist ein Rapper, der Texte rezitiert, die so komplex sind, dass sie wahrscheinlich kaum einer versteht, die aber dennoch so schön sind, dass man nicht weghören kann.

Angefangen hat für ihn alles in den tiefsten Sümpfen des Ghettos in New Orleans, damals ein Ort mit den höchsten Kriminalitätsraten des Landes. Mit 19 verließ er seine Heimat, reiste wie ein Nomade von Stadt zu Stadt, um sich den Traum einer Rap-Karriere zu erfüllen. Doch sein Werdegang war nicht von Anerkennung geprägt, wie bei so vielen anderen Rappern der Südstaaten. Anders als Lil’ Wayne, Pimp C oder T.I. schämte sich Jay Electronica für seine Herkunft, wurde in New York und Philadelphia auf Club-Bühnen wegen seine Akzentes und Slangs ausgebuht und stand vor der schier unmöglichen Aufgabe, sich bei Zuschauern und anderen Rappern Respekt zu verschaffen. Erst in Detroit, als er die legendären Produzenten J-Dilla und Mister Porter von Eminems Rap-Crew D12 kennenlernte, kam seine Karriere langsam in Fahrt. Mit seiner ersten Demo Style Wars EP machte er sich im Januar 2007 einen Namen und fasste in der HipHop-Welt langsam Fuß.

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Wahre Anerkennung bekam der MC aber erst ein paar Monate später, als er auf seiner MySpace-Seite das Mixtape Act I: The Eternal Sunshine (The Pledge) veröffentlichte. Auf dem etwa 15-minütigen Mixtape zeigt er auf Segmenten zum Sountrack des Films Eternal Sunshine of a Spotless Mind, was für ein unglaublicher Lyricist er wirklich ist. Ein Talent, das nicht von dieser Welt zu sein scheint, ein Beobachter, so observierend und durchdacht, wie es kein anderer seiner Kollegen jemals sein wird. Und trotzdem bleibt er weiterhin nur ein Mysterium, ein Mythos, der immer dann wieder auftaucht, wenn man bereits aufgehört hat, über ihn zu sprechen. Das sollte sich spätestens 2009 für immer ändern. Zwar blieb er noch der gleiche, zurückhaltende Künstler, von dem man selten etwas zu sehen bekam, aber mit dem Just Blaze-produzierten Song „Exhibit C“ sorgte er zumindest dafür, dass die Welt ihn nie wieder vergessen würde. Mit diesem Song würden selbst diejenigen, die noch nie zuvor seinen Namen gehört hatten, ihn umgehend in ihre Top 5 der besten Rapper aller Zeiten einstufen und ihn auf den Thron des Rap setzen.

Plötzlich war Jay Electronica der gefragteste Rapper seiner Zeit. Kein Wunder also, dass es nur ein paar Monate später zu einem Bieterkrieg zwischen Größen wie Jay Z und Diddy kam. Diddy verlor, Jay Elec wurde bei Roc Nation unter Vertrag genommen, und die Welt konnte es kaum erwarten, bis der Rapper sein Album Act II: Patents of Nobility (The Turn) veröffentlichen würde. Ein Album, das aus dem Jay-Z-Camp kommen und woran die größten Produzenten arbeiten würden. Schließlich hatte er jetzt einen Millionen-Deal in der Tasche, wo er doch ein paar Monate zuvor auf „Exhibit C“ noch darüber rappte, wie er damals in Zügen schlief und sich nicht mal ein Stück Pizza leisten konnte. Die Welt gehörte nun ihm. Aber die Welt bekam nichts zurück. Zwar gab es da mal das ein oder andere Feature (vier in vier Jahren), Gerüchte von neuen Singles und Tracklists, die im Internet auftauchten, aber ein Geschenk an die Fans war es nie. Es war mehr Tortur. Wie Tropfen auf einen heißen Stein.

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Und letzte Woche passierte es schon wieder. Das Myterium Jay Electronica tauchte erneut wie aus dem Nichts auf und freestylte zusammen mit Label-Boss Jay Z über Soulja Boys „We Made It“. Drei Minuten beschmücken beide den harten Beat mit unglaublichen Versen, mit denen Jay Elec mal wieder beweist, dass er einer der Besten da draußen ist. Wenn nicht sogar der Beste. Das weiß nur noch keiner. Denn um der Beste zu sein, braucht man mindestens ein Album, und keinen Freestyle. Man braucht mindestens ein neues Mixtape, und keine zusammenhanglose Songs, die wie durch ein Wunder im Internet auftauchen. Jay Electronica muss jetzt den Hype dieses neuen Tracks nutzen und endlich Album-Material veröffentlichen. Denn keiner weiß, wie lange ein Mythos wirklich relevant bleiben kann.

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