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Turbonegro sind die ultimativen Muttersöhnchen

Wir treffen uns alle paar Monate mit Turbonegro. Weil wir Bock drauf haben.

Foto: Christoph Voy.

Wenn du diese Seite aufmerksam verfolgst, wirst du dich fragen: ‚Hä, schon wieder ein Turbonegro-Interview? Das letzte verfolgt mich doch immer noch in meinen Träumen!’ Und damit geht es nicht nur dir so. Seien wir ehrlich, es gab eigentlich keinen offensichtlichen Grund, sie nur ein paar Monate später ein weiteres Mal zu treffen. Eigentlich habe ich mir nur selber einen Gefallen getan. Denn erstens laufen Turbo-Interviews wie von selbst. Du musst einfach nur das Aufnahmegerät hinein halten und ab und zu mal nicken. Ein Traum, wenn man zu faul zur Fragenvorbereitung ist. Und zweitens ist es pures Entertainment, wenn sich Tony Sylvester und Happy Tom die Bälle zuspielen. Das könnte im Prinzip nur durch Statler und Waldorf getoppt werden. Also traf ich die Beiden kurz vor ihrer Show im Berliner Columbia Club, während nur einen Steinwurf entfernt Hot Chip ihre Hornbrillen putzten. Vorhang auf.

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Noisey: Habt ihr schon gesehen, mit wem ihr heute konkurrieren werdet?
Tony: Als wir vorhin ankamen, dachte ich mir ‚Wow, ganz schön großes Venue’. Ich laufe so in den Backstage und sah irgendwelches Zeug für Hot Chip rumstehen, dachte so ‚Sieh an, Hot Chip haben gestern hier gespielt’, schlendere zur Bühne und seh die Typen da. ‚Scheiße, Hot Chip spielen heute, ich hab mich in ihren Gig reingeschlichen.’ Hahaha.
Tom: Wer?
Tony: Hot Chip, diese britischen, ziemlich üblen, ich weiß gar nicht wie ich es beschreiben soll. Wie würdest du Hot Chip beschreiben?

Dancemusic für Bankangestellte?
Tony: Ja, Dancemusic, zu der keiner tanzt. Es ist die Art von Musik, von der Guardian-Leser denken, dass es Dancemusic ist.
Tom: Wir haben hier schon mal gespielt, als nebenan Evan Dando auftrat. Ich erinnere mich, dass ich ihn auf nem Skateboard sah, er hatte komplett die Kontrolle verloren und kletterte über einen Zaun.
Tony: Steven, unser englischer Crew-Guy hat auch ein paar gute Evan Dando-Geschichten.
Tom: Ich hab gehört, er hat ein Baby umgebracht.
Tony: Hab ich auch gehört. Nur mit der Kraft seiner Gedanken.
Tom: Nein, mit Heroin.
(Gelächter)
Tony: Nein, er hat das Heroin durch das Baby konsumiert. Das ist gesünder, es filtert die schlechten Bestandteile raus. Er hat das Baby als gigantischen Kelch missbraucht.
Tom: Also, Noisey Deutschland?

Ja, keine Ahnung, vielleicht redet ihr einfach weiter. Meine Fragen sind eh nicht so wichtig. Ich wollte so Sachen fragen wie: Was waren die aufregendsten Dinge, die passiert sind, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben?
Tony: Nichts Aufregendes ist passiert, seit ich dein Gesicht das letzte Mal gesehen habe.
Tom: Wir haben zufällig nur auf der ganzen Welt gespielt.
Tony: Ach komm, das ist jetzt auch nicht so wichtig. Auf der ganzen Welt spielen, Kinderkram, hahaha. Also lass mal überlegen. In den Staaten zu spielen war ziemlich gut.
Tom: Festivals sind passiert. Ein paar gute, ein paar schlechte und ein paar richtig beschissene. Leading and Reeds, wie ich sie nenne, waren …
Tony: Jetzt nenn sie doch nicht beim Namen! So schlimm war es auch gar nicht …
Tom: Das Essen war furchtbar. Alles, was in England verkehrt läuft, schlechtes Essen, schlechte Zähne, schlechte Jeans, musst du mit zehn multiplizieren und schon hast du Reading and Leeds.

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Verstehe, Jeans sind in eurem Fall natürlich essentielle Zutaten eines Festivals.
Tom: Die englischen kannst du vergessen. Miserabel designt …
Tony: Und das aus einem Land, das beinahe drei Mal in der Geschichte das Zeitliche gesegnet hätte …
Tom: Keine Ahnung, wovon er redet. Also lass mal überlegen, was sonst noch passiert ist. Sexual Harassment war Nummer eins in Norwegen.
Tony: Und ein paar Leute in Deutschland haben es auch gekauft. Top 50 oder so.

Wir haben unser Möglichstes dafür getan.
Tony: Deinetwegen waren wir in den Top 50, sonst hätten wir es maximal bis auf die 62 geschafft.
Tom: Wir haben außerdem ein paar gute Bands gesehen …
Tony: Wen? Nenn mir eine!
Tom: Ich hab Japandroids vor zwei Wochen gesehen, die waren gut.
Tony: Wir haben aber nicht mit denen gespielt. Du schummelst! Ich hab auch ein paar super Bands gesehen, mit denen ich nicht gespielt habe…
Tom: Na gut, dann eben Mastodon. Die waren gut. Oder Iggy.
Tony: Stimmt, die Stooges waren verdammt gut.

Ihr habt auch mit Negative Approach gespielt. Meinungen dazu?
Tom: War ziemlich gut. Ich hab sie letzte Woche in Oslo gesehen. Es war das Ende der Tour. Sie hatten nicht genug Geld. Eine durchschnittliche Nacht in Oslo ist für das Portemonnaie eines Typen aus Detroit eine harte Belastungsprobe.
Tony: Für eine durchzechte Nacht in Oslo kannst du dir in Detroit ein Haus kaufen.
Tom: Für eine durchzechte Nacht in Oslo kannst du General Motors kaufen.
Tony: Und das Museum.
Tom: Ich war als Kid ein großer Negative Approach-Fan, später dann auch von den Laughing Hyenas, der anderen Band von John Brannon. Also hab ich mal Mr. Fancypants raushängen lassen und sie mit in ein paar Bars genommen und Drinks ausgegeben, bis Brannon nicht mehr ansprechbar war. Steve McDonald von OFF! hat sie dann ein paar Tage später in den Staaten getroffen und mir dann dieses Foto von John Brannon auf dem Weg ins Hotel geschickt (präsentiert sein iPhone). Willst du das haben? Ich schicke es dir… (Gelächter)

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Tony: War schon toll, mit denen zu spielen. In den Staaten hatten wir Doomriders dabei. War auch gut. Und Nightbirds aus Brooklyn. Auch sehr gut. Ich war auch bei den Revelation Shows und hab Chain of Strength drei Mal gesehen.

Und?
Tony: Unglaublich.
Tom: Bist du wieder zu Straight Edge zurückgekehrt? Schön wär's …
Tony: Ich bin es ja fast heutzutage, das ist die Ironie daran. Wegen dieser Band. Wegen seines Regimes hier und des Trainings, zu dem er mich zwingt.
Tom: Wenn er nicht in Form kommt, werden ihn die Hells Angels in Norwegen umbringen.

Wie sieht’s denn aus mit deiner Physis, seit du in der Band bist?
Tony: Na fantastisch! Ich hab mit dem Rauchen aufgehört.
Tom: Er ist schon Form, ich gebe es zu.
Tony: Aber ich habe ein bisschen zugenommen, weil ich mit dem Rauchen aufgehört habe.
Tom: Glaub ihm kein Wort. Er hat zugenommen, weil er mit dem Geldverdienen angefangen hat. Früher hast du auf Tonys Instagram ein oder zwei Pommes Frites und ein frittiertes Fischlein gesehen, heute siehst du dort Kaviar und das ganze Zeug. (Gelächter)

Das ist mir auch aufgefallen. Du postest Unmengen an Fotos von Burgern, Modekram oder Bettvorlegern mit Hakenkreuzen drauf, aber kaum Fotos von deiner Band? Was hat das zu bedeuten?
Tony: Was? Das stimmt doch überhaupt nicht! (schmeißt sein iPhone an) Außerdem: Wer will die schon sehen? Das ist Punkt A. Punkt B: Es stimmt nicht. Warte. (sucht Fotos von der Band) Hmm … scheint als hättest du Recht. Guck mal hier, was ist mit dem? Das ist von unserer letzten Show.

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Da bist ja nur du drauf.
Tony: Nein, wenn du genau hinguckst, siehst du ihn im Hintergrund, wie sich Tom ins Bild hinein drängt, haha. Guck mal, hier ist noch eins. Noch ein Bandfoto. Und noch eins. Hier eins von der Probe. Ach guck mal hier, das Neon-Zeichen, das wir auf dem Cover der neuen Platte haben. Das hatte ich bis zu dem Tag noch gar nicht gesehen. (Tom beginnt derweil seinerseits an seinem Handy rumzufummeln)

Wo hängt das eigentlich?
Tony: In einer Bar in Manhattan namens Niagara. Das ist dort, wo früher das A7 war, da wo Bad Brains und all diese Bands damals gespielt haben. Du weißt schon, der Judge-Song „New York Crew“ – „We hung out on 7th and A – Friends worked the door – We didn’t pay“. Da an der Ecke ist das. Da haben wir auch das nächste Video gedreht.
Tom: Vor zehn Jahren hat VICE eine Single von uns rausgebracht und jetzt produzieren sie dieses Video. Und jetzt interviewen sie uns auch schon wieder. Da schließt sich ein Kreis.
Tony: Du beherrschst die Medien.
Tom: Du beherrschst die Medien? Falsches Land, Kumpel.

Warum, Deutsche verstehen sich gut darin, die Medien zu beherrschen.
Tom: Auch wahr.

Dieses Video habt ihr zu „I Got A Knife“ gedreht. Warum gerade zu diesem Song und was passiert im Video?
Tony: Ich weiß nicht, warum für diesen Song.
Tom: Weil jemand im Video ein Messer hat.
Tony: Zurück zur Frage: Die Leute haben aus irgendwelchen Gründen besonders gut auf diesen Song reagiert. Nichts gegen den Song, ich liebe ihn, aber ich hätte eigentlich von anderen Stücken erwartet, dass sie sich zu Publikumslieblingen entwickeln. Aber das ist die Nummer, auf die sich die Leute scheinbar einigen können. Andy Capper ist einer meiner ältesten Freunde. Ich mag die Dokus, die er gemacht hat. Das A$AP Rocky-Video war auch super. Und dann ging’s los. Wir wollten etwas mit New York-Vibe und da bot sich das Niagara einfach an. Das Cover wurde dort geschossen.
Tom: Das Neon-Zeichen auf dem Cover, hängt dort in dem Laden.
Tony: Ja, als du gerade wichtige Sachen im Internet gemacht hast, haben wir schon darüber gesprochen.
Tom: Mann, ich kümmere mich hier nur um Gästelisten-Bullshit. Einer muss es ja machen.
Tony: Wem machst du hier was vor, du hast du nur wieder Bilder von Lolcats geliked, während ich hier über unsere Band und unsere Karriere rede …
Tom: Ich ruiniere deine Karriere, weil ich nur mit Bildern von Lolcats beschäftigt bin.
Tony: (singt) I miss your kiss, oh Lolcats …
Tom: Ob es Leute gibt, die sich Lolcats angucken, ohne dabei lächeln zu müssen? Die abends Zuhause sitzen, sich einen ansaufen und Lolcats betrachten?
Tony: Ich mag die Vorstellung, dass ein Remake von Clockwork Orange gedreht wird, in dem sie ihm die Augen offen halten und Bilder von Lolcats zeigen.

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Und du würdest dann den Alex geben?
Tony: Das ist die Rolle, für die ich geboren wurde. McDowell hat sich ja nie wirklich von der Rolle erholt. Sie ist zu mächtig und drückt dir als Schauspieler ihren Stempel auf.
Tom: Er war aber ziemlich gut als Sid Vicious. (Gelächter)
Tony: Oder als Gary Kemp von Spandau Ballet.
Tom: Oder als Gary Barlow von Take That.

Wer von euch hat die nervigsten Angewohnheiten auf Tour?
Tony: Momentan ist es Tommy, der sich dazu entschlossen hat, ausschließlich in einer Sprache zu reden, die er für den Geordie-Akzent hält.
Tom: Der Witz ist, dass er denkt, dass Geordie ein Ort ist, darum sagt er so was wie „Aim frrom Georrrdie.“
Tony: Außerdem ist dieser Akzent total undefinierbar. Es ist so eine Art Liverpool meets Schottland meets einen Iren in Glasgow oder so ähnlich. Aber er denkt, es ist ein lupenreiner englischer Akzent. Mich regt das manchmal so auf, dass ich ihn schlagen möchte. Er weigert sich normal zu sprechen und das macht mich total verrückt. Wenn es einen Grund gibt, warum ich die Band wieder verlassen würde, dann das, haha.

Als wir uns das letzte Mal sahen, war es aus eurer Sicht so, dass euch die Leute in Sachen Zuspruch und Ablehnung im Verhältnis 50:50 begegnet sind. Jetzt ist das Album seit ein paar Monaten draußen, ihr seid ständig auf Tour … Wie hat sich das Verhältnis entwickelt?
Tony: Das Album ist ziemlich gut angekommen, aber ich glaube, an dem Verhältnis hat sich nicht viel geändert. Ich glaube, die Leute gewöhnen sich mehr an die Art und Weise, wie wir die Band jetzt präsentieren. Das mit der Festivalsaison ist ja gut und schön, aber du hast nur 45 Minuten und musst versuchen, so viele Songs wie möglich in diesen Rahmen zu pressen. Jetzt spielen wir Clubshows und haben 90 Minuten. Und wir sind sehr glücklich mit dem jetzigen Mix von neuem und altem Material. Wir spielen mehr und andere Songs als im Sommer.
Tom: Wir haben einfach wieder gelernt, wie es ist, eine Band zu sein. Wir sind eine neue Band. Die Leute gewöhnen sich einfach langsam dran. Es wäre etwas anderes gewesen, wenn wir mit einem schwachen Album zurückgekommen wären und versucht hätten, die Turbonegro-Kuh zu melken. Aber es ist ein starkes Album, du hörst ihm an, dass wir Spaß bei den Aufnahmen hatten. Es wäre was anderes, wenn wir Hank gefeuert und einen Monat später Tony angeheuert und ein mieses Album gemacht hätten, was nicht der Fall ist, weil Hank ausgestiegen ist. Stattdessen sind wir zwei Jahre später zurückgekommen. Das ganze Comeback war ja nicht geplant, es ist einfach passiert. Und ich glaube, die Leute verstehen langsam, dass diese Band jetzt so funktioniert.
Tony: Selbst die Leute, die Hank am Anfang vermisst haben, scheinen sich jetzt langsam dran zu gewöhnen. Entweder ist ihnen die Band jetzt egal geworden oder sie mögen sie so wie sie ist. Vielleicht kriegt man deswegen nicht mehr so viel Negativkritik.

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Davon abgesehen vergessen die Leute heutzutage doch sowieso, was vor 15 Minuten passiert ist.
Tony: Das stimmt tatsächlich. Deswegen hat es mich auch wirklich gewundert, dass da wirklich noch so viel Interesse an Turbo war. Drei Jahre sind eine Menge Zeit in der Popkultur. Wie du schon sagst, wen interessiert noch, was vor einem halben Jahr passiert ist? Wer wird sich jemals an Gangnam Style erinnern können? Es ist doch alles so egal und kurzlebig geworden. Darum war es überraschend, dass die Leute überhaupt noch darauf reagiert haben. Wir spielten gerade in Oslo…

Wie man hört, das beste Turbo-Konzert überhaupt?
Tom: Es war verdammt großartig.
Tony: Vorher saßen wir zusammen und unterhielten uns darüber. Und es wurden so Dinge gesagt wie: Die Leute werden nicht durchdrehen und selbst wenn sie es mögen, werden sie es dir nicht zeigen. Also nicht weiter drum kümmern, sondern einfach versuchen, eine gute Zeit zu haben. Und für die Jungs ist es ja was ganz Besonderes, es ist ihre Heimatstadt. Familie und Freunde sind da und man ist gestresst und so weiter. Und dann gingen wir raus und es war von Anfang an der helle Wahnsinn.
Tom: Oslo ist wirklich schwierig. Jedes Mal ist meine Mutter da und sie kommt nach dem Konzert Backstage und jedes Mal sagt sie: ‚Ihr seid eine echt coole Band, aber ihr könntet viel mehr Supporter haben, sie sagt Supporter, nicht Fans, wie bei einem Fußballclub, wenn ihr eure Sprache etwas mäßigen würdet’. Und ich versuche ihr zu erklären: ‚Mom, das ist der Grund, warum wir überhaupt Fans haben. Wegen der Erektionen, der Schwänze, des Anus und der Pussies.’ Und sie: ‚Ja, aber versucht es doch einfach mal und schaut, was passiert.’ Das ist der Karrieretipp meiner Mutter.

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Aber stellt euch doch nur mal vor, ihr würdet Arenen voller Mütter bespielen.
Tony: Hätte kein Problem damit.
Tom: Meine Mutter ist 71, sie hat diesen Leopardenanzug, den sie ausschließlich bei unseren Konzerten anlegt. Weil es ist ja eine Rockshow und sie tut so als sei es wieder 1973. Und dann kommt sie in ihrem Leo-Dress und sagt: ‚Es ist toll, euch zu sehen, aber ihr solltet echt was an eurer Sprache machen.’ (Gelächter)
Tony: Aber jetzt kommt das Beste: Tom und ich hatten uns einen Monat lang nicht gesehen und dann trafen wir uns wieder und ich so zu ihm: „Was geht ab, Tom, hast du dir endlich diesen Rattenschwanz abgeschnitten?“ Er hatte diesen, du weißt schon…
Tom: Ich war so ein großer Mastodon Fan, dass ich mir eine Mastodon-Frisur hab schneiden lassen.
Tony: So einen ironischen Forehawk mit Rattenschwanz. Und dann war er plötzlich weg und was hast du gesagt? Komm, sag es!
Tom: (kleinlaut) Du kannst es sagen.
Tony: Meine Mom hat ihn abgeschnitten, hahaha. Er ist 43 und seine Mutter: ‚So was trägst du nicht!’ Sie hat das Ding einfach abgeschnitten, haha.
Tom: Meine Freundin und ich waren bei meiner Mutter zum Abendessen und als ich gerade meine Schuhe anziehen wollte, um zu gehen, taucht sie hinter mir mit einer Schere auf und schneidet es einfach ab.

Aber zu deiner Beruhigung, zu DDR-Zeiten war der Haarschnitt echt angesagt.
Tony: Jaja, du brauchtest einen alten Militärparka und fingerlose Handschuhe, um den Style zu rocken. Klassisches Berlin-Ding. Berlin-Art-Punk.
Tom: Weißt du, wer dir die Haare im Dschungel macht?
Tony: Nein.
Tom: Vidal Baboon. (Gelächter)
Tom: Wenn ich das nächste Mal nach Hause komme, werde ich es meiner Mutter zeigen. Ich bin jetzt selbstbestimmt.
Tony: Der Tag, an dem ich 44 werde, wird der Tag sein, an dem ich mich über meine Mutter erhebe, hahaha.

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Ich hatte sowieso noch eine Frage, was euer Styling angeht. Eure Schminktechniken – habt ihr euch die selbst beigebracht oder hattet ihr Hilfe von euren Freundinnen o.ä.?
Tom: Wir haben manchmal Stylisten bei größeren Fotoshoots. Aber die machen es nicht richtig. Es muss aussehen als hätte es ein Vollidiot aufgetragen.
Tony: Der ganze Sinn des Make-Ups ist, beschissen auszusehen. Als wir das Video gedreht haben, vielleicht sollte ich das gar nicht erzählen … aber jedenfalls hatten wir dieses Make-up-Girl und das Ergebnis sah natürlich total perfekt aus, aber irgendwie … fehlt das gewisse etwas. Wenn du auf die Bühne kommst, dürfen die Leute nicht denken: ‚Oh, sie haben ihren Look mit Make-up perfektioniert.’ Sie sollen denken: ‚Das sind doch erwachsene Männer, warum machen die so was?’
Tom: Meine Stieftochter, sie ist 10, sie war neulich auf unserer Show und sah uns als Band zum ersten Mal. Ich war Backstage und hab mein Make-up aufgetragen und ging dann in den Raum, in dem sie sich aufhielt und sie fing an rumzuschreien: ‚NEEEEIIIIN, NEEEEEIIIIIN!!!!’ Und ich: ‚Ich bin’s doch nur, beruhig dich!’ Und sie: ‚Neeein, geh weg!!’
Tony: Genau, du musst damit zehnjährige Mädchen erschrecken können. Darum geht es bei unserem Make-up.

Sind eigentlich schon neue Songs in Arbeit?
Tom: Ich hab ein paar Sachen geschrieben. Rune hat ein Riff geschrieben, das es so noch nie gegeben hat.

Ein Riff, das es in der Rockgeschichte noch nie gegeben hat?
Tom: Ja, wenn Rune etwas schreibt, dann hebt es die Welt aus ihrer Achse. Es ist so epochal als ob die Berliner Mauer zum zweiten Mal fällt und Rune sie einfach wieder aufbaut. Brick by brick. Riff by riff.

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He’s putting another brick in the wall?
Tony: Genau. Das wäre großartig. Nein ernsthaft: Wir sprechen darüber, uns bald zum Schreiben zusammenzusetzen. Nicht unbedingt, um direkt ein neues Album aufzunehmen, weil wir das aktuelle erst noch ein bisschen melken wollen.

Wie viel Milch ist da noch drin?
Tony: Oh, es ist ein gesundes Tittchen. Prall und geschwollen. Aber wir wollen einfach ein bisschen schreiben. Vom letzten Album sind noch ein paar Sachen übrig, die wir weiter ausarbeiten wollen.
Tom: Wir überlegen auch, ein Covers-Album zu machen. Wir reden darüber schon seit 15 Jahren.

Kannst du ein paar potentielle Song-Kandidaten verraten?
Tom: Keine Ahnung, wir fangen gerade erst an, wirklich ernsthaft darüber zu reden.
Tony: Wir spielen heute Abend ein Cover. Also wenn wir so ein Album machen, dann wird das bestimmt drauf sein. Das ist alles, was ich dir verrate. (Höhnisches Lachen) Ist der letzte Song heute Abend, du musst also bis zum bitteren Ende bleiben, wenn du es wissen willst.

Du meinst, selbst wenn ich euch live Scheiße finden sollte, muss ich mich einfach durchbeißen.
Tony: So sieht’s aus. Du kannst natürlich vorher gehen. Du bist ein freier Mann, mein Freund. Toms Mom wird nicht kommen und dich aufhalten.

Vielleicht würde sie wenigstens meinen Haarschnitt mögen.
Tom: Selbst Erich Honecker und Walter Ulbricht werden heute Abend machtlos sein. Der Kapitalismus ist da in Gestalt von Turbo-Merchandise. Keep on rockin’ in a semi-free world.
Tony: Hahaha, besser wird’s nicht.

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Den Eindruck habe ich auch. Vielen Dank, Gentlemen.

Turbonegros Sexual Harassment ist bei Volcom Records erschienen.

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