FYI.

This story is over 5 years old.

Interviews

Botanist beschäftigt sich mit Hängepflanzen

One-Man-Metal par excellence—von Botanist gibt es keine Bilder und wir wissen noch nicht mal, ob wir uns wirklich mit ihm unterhalten haben oder mit jemand anderes.

Botanist ist Otrebor. Nein andersrum. Otrebor ist Botanist. Und obwohl ich gerade mit Botanist ein Interview geführt habe, habe ich eigentlich mit Otrebor geredet. Der, also The Botanist, hat eine neue Platte. Aber im Endeffekt ist das alles völlig scheißegal, weil die Menschheit ja eh dem Untergang geweiht sind. Wir sind nichts anderes als Parasiten, die die heilige Natur ausbeuten. Ihre Rache wird grausam sein, wenn wir nicht endlich unseren Platz in der Nahrungskette neu definieren. Also das hat mir Botanist (oder Otrebor?) erzählt. Auf jeden Fall ist die neue Platte genial. GRÜNEN-Romantik aus den 80ern hin oder her.

Anzeige

Noisey: Du bist eine Ein-Mann-Band. Wie ist denn der Schreib- und vor allem der Aufnahmeprozess?
Botanist: Du bist nicht behindert durch die Launen anderer und ihrer Vorstellungen, wohin es gehen soll. Andererseits bedeutet das natürlich auch, dass du weniger Ressourcen hast, um deine eigenen Leichtfertigkeiten und Schrullen auszubalancieren.

Wer ist „Botanist“?
Botanist ist die Persona, von dessen Perspektive aus alle Songs erzählt werden. Er ist ein durchgeknallter Wissenschaftler, der im selbstauferlegten Exil lebt. So weit wie nur möglich weg von der Zivilisation und ihrer Verbrechen gegen die Natur. In seinem fantastischen wundersamen Zufluchtsort, den er The Verdant Realm nennt, umgibt er sich selbst mit Pflanzen und Blumen. Dort findet er Trost in der Gesellschaft der Natur und stellt sich die Zerstörung der Menschheit vor. Botanist sitzt dort auf dem Thron aus Kaplilien und wartet auf die Selbstausrottung der Menschheit, die es Pflanzen erlauben wird, die Erde endlich wieder grün zu machen.

Wer ist dann Otrebor?
Otrebor ist mein Bühnenname. Es ist der Name, den ich gewählt habe, als ich mein Engagement bei Ophidian Forest begann. Als Otrebor arbeite ich auch im Studio (etwa für Ordo Obsidium). Otrebor ist aber auch der Musiker, der das Wesen von Botanist bestimmt, lenkt und hervorholt. Botanist wiederum ist derjenige, der die Essenz der Göttlichkeit der Natur hervorholt und als ihr Anwalt für ihre gerechte Rache auftritt. Wenn du ein Botanist-Interview liest, dann redest du mit mir, Otrebor. Botanist spricht nur auf den Alben und während seiner Live-Shows.

Anzeige

Jetzt bin ich verwirrt. Also mit wem auch immer ich gerade rede: Wie ist denn die neue Platte entstanden?
Die Ursprünge von „The Hanging Gardens of Hell” liegen im Jahre 2011. Damals fragte ich Balan von Palace of Worms, ob er Lust habe, ein Splitalbum aufzunehmen. Meine Intention war es, ein Album zu machen, das die neue Welle von Bay Area Black Metal Bands repräsentiert. Das Album wäre eigentlich zwei Mal so lange wie jetzt, aber wir haben so lange gekürzt und neu aufgenommen, um alles auf eine 7“ zu bekommen. Für ein Splitalbum schien uns das besser.

Wie war denn deine Tour?
Botanist hat gerade seine erste Live-Tour vollendet. Wir haben insgesamt sieben Shows mit den mächtigen Behold The Arctopus entlang der kanadischen und der US-Westküste gespielt. Mit einem fulminanten Finale beim Fall Into Darkness Festival in Portland. Es war genial. Balan von Palace of Worms ist in letzter Minute eingesprungen, um Dulcimer / Hackbrett zu spielen. Thematisch hat es perfekt gepasst, dass er so kurz vor der Veröffentlichung unseres Splitalbums mit mir zusammen auf der Bühne war.

Die Figuren, die du da geschaffen hast, haben die irgendwas mit dem Typen gemeinsam, der du laut deines Ausweises bist?
Ich bin nicht Botanist, er spricht nur durch mich. Das kann er nur, weil es in mir notwendigerweise etwas gibt, das die Welt so sieht wie er und das versteht, wo der Platz der Menschheit in der Welt wirklich ist. Von dort aus kann Botanist entspringen.

Anzeige

Sind wir eigentlich alle dem Untergang geweiht?
Wenn du damit meinst, dass die Menschheit sich auf einem Weg der Verschwendung, des Missbrauchs, der Arroganz und der völligen Unbewusstheit gegenüber ihrer Taten befindet, die das natürliche Gleichgewicht aus den Fugen reißt, dann ja. Unser Handeln zerstört die Umwelt und wird zu unserem eigenen Ende führen. Unser Untergang hat bereits begonnen.

Dennoch machst du Alben, also scheinst du ja die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben zu haben. Wovon handelt denn The Hanging Gardens of Hell thematisch?
Das Thema sind primär Hängepflanzen. Dschungelmoos, Jakobskraut und die Mexikanische Dreimasterblume sind solche Pflanzen, die mich dazu inspiriert haben.

Wie könnten wir denn die Welt verändern? Oder sollten wir einfach alle sterben?
Alles, was wir kennen, wird zu einem bestimmten Zeitpunkt aufhören zu existieren. Die menschliche Existenz ist schneller als wir denken. Um die Welt zu retten, müssen wir unsere Ohnmacht, unser materielles Anspruchsdenken und unsere Arroganz gänzlich ablegen. Wir müssen erkennen, dass wir keine Inseln sind, die weit ab von Tieren und Pflanzen leben. Dieser Prozess ist wesentlich damit verbunden, die Natur wieder als die greifbarste Offenbarung des Göttlichen wahrzunehmen. Und als solche muss sie verehrt, zumindest aber respektiert werden. Wenn wir sie nicht respektieren, wird sie uns auslöschen und ungehindert weitermachen.

Anzeige

Ist das aber nicht in sich ein moralisches Statement, das voraussetzt, dass die Natur selbst nach moralischen Werturteilen vorgeht? Die Natur scheint doch eher total gleichgültig gegenüber allem zu sein.
Ich weiß nicht, ob das so gesagt werden kann. Aber ich weiß sicher, dass die Annahme, der Mensch könne die Welt retten, einfach nur ein weiterer Ausdruck menschlicher Arroganz und Selbstgefälligkeit ist. Das soll jetzt nicht diejenigen entmutigen, die versuchen, etwas zu verändern, indem sie ständig „Save The World“ plärren. Das ist ja gut gemeint und ein einfacher Weg, um eine große Anzahl von Menschen zu erreichen, die so vielleicht ihr Bewusstsein erweitern. Botanist unterstützt jede Form einer ehrlichen Bewegung, die ein edles Vorhaben hat und die Wichtigkeit der Natur hervorhebt. Doch vor allem solche, die zeigen, was der Platz des Menschen in der natürlichen Ordnung wirklich ist.

Die Welt muss aber nicht gerettet werden. Die Natur ist ja kein Kleinkind, das beschützt werden muss. Die Menschheit mit all ihrer stümperhaften Zerstörungswut wird niemals die Fähigkeit haben, die Welt ganz zu zerstören. Wir können sie nur für eine kurze Zeit beschädigen. Nichts, was die Menschheit erfinden kann, wird jemals der überlegenen Macht der Natur ebenbürtig sein. Ebenso wie wir nicht die Kraft haben, sie zu zerstören, so haben wir auch nicht die Macht, die Natur zu retten. Wenn der Schaden, den wir ihr zufügen, zu groß wird, wird die Natur sich wehren und die störenden Unterdrücker ausrotten. Aus der Zerstörung wird Wiedergeburt. Davon handelt auch der Titelsong meines zweiten Albums „A Rose From the Dead.“

Anzeige

Es scheint dir ja aber doch um das Überleben der Menschheit zu gehen.
Ja. Wenn du siehst, wie ein Wald abgeholzt wird oder wie eine Spezies ausgerottet wird, dann ist das ein Verbrechen gegen die Natur. Aber es ist auch ein Verbrechen gegen uns Menschen. Denn ohne sie haben wir ja keine Überlebensgrundlage. Wir müssen lernen, dass wir nur unwichtige Teile ihres großen Plans sind.

Woher hast du eigentlich dein ganzes Wissen über Pflanzen und woher kommt deine Ideologie?
Ich weiß nicht genau, wo das alles herkommt. Es kommt einfach nur von irgendwo, aber es ist von höchster Wichtigkeit, dass ich diese Arbeit tue. Botanist ist nicht der erste oder der einzige, der die Wichtigkeit der Natur verteidigt. Es werden immer mehr. Ebenso wie unsere Körper automatische biologische Abwehrsysteme gegen Krankheiten und Wunden haben, so hat auch die Natur ihre Mechanismen, um Fremdkörper loszuwerden. Das bewegt die Menschen dazu, etwas zu verändern.

Wie siehst du denn die politische Situation deines Landes momentan?
Wenn die Natur zurückschlägt, ist das alles in einem Augenblick verschwunden und nichtig.

Botanists Homepage, Bandcamp und Facebookseite.

Folgt Johannes bei Twitter: @JohnVouloir

**

Folgt Noisey bei Twitter und Facebook für tägliche Updates über eure Musik.


MEHR VON NOISEY

Dave Hause wartet auf die typisch deutschen Fragen

Da kann er allerdings lange warten. Dafür kriegt er von uns ein Label erneuert: der neue Bruce Springsteen.

Swan Dive klingen live wie Hundekacke

Das behaupten sie jedenfalls in unserem Interview. Wie ihre erste Single klingt, könnt ihr exklusiv bei uns im Stream hören.

Pete Doherty hat mich in seinem Laden eingesperrt

Pete Doherty hat ein Geschäft eröffnet, in dem fast nichts von Wert verkauft wird, das allerdings zu horrenden Preisen. Eine ziemlich geniale Geschäftsidee.