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Interviews

Big Black Delta ist von der Menschheit angewidert

Jonathan Bates aka Big Black Delta hat eine Menge zu erzählen—über Außerirdische, seinem Nahtoderlebnis und Verschwörungstheorien.

Foto: Maximilian Theßeling

Big Black Delta aka Jonathan Bates hat ein Faible für Astronomie und die Sinnfragen des Lebens. Vor dem Interview war uns das in dieser Deutlichkeit nicht bewusst. Allerdings haben wir mit diesen Themen offene Türen eingerannt, und so erzählt er uns von seinen Gedanken über alles mögliche—über Außerirdische, sein Nahtoderlebnis und Verschwörungstheorien. Dabei schwankte der Musiker—von dessen Synthiepop sogar Jay Z ein großer Fan ist—zwischen gestenreicher Euphorie und Momenten, in denen er fast melancholisch bedrückt zu sein schien.

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Noisey: Deine komplette Internetpräsenz hat ein etwas okkult angehauchtes Artwort mit allerlei astronomischen Darstellungen. Was hat es damit auf sich?
Jonathan: Ohne zu düster klingen zu wollen: Die Menschheit widert mich an. Daher liebe ich das Konzept von involvierten Spezies. Wenn du auf die Statistik vertraust, muss es unzählige andere Spezies in diversen Galaxien geben, die möglicherweise seit Tausenden oder Millionen Jahren unter uns weilen. Was ist das konkret? Welche Art von Existenz? Ich denke viel darüber nach. Die Menschen leben schon so lange auf diesem Planeten, und die gleiche Scheiße wiederholt sich wieder und wieder. Wir stehen vielleicht kurz vor dem dritten Weltkrieg, und niemand lernt aus den Erfahrungen der Vergangenheit. Wir sind alle beschäftigt damit, um Liebe und Anerkennung zu kämpfen und all die Dinge, von denen wir glauben, dass wir sie brauchen. UFOs und Astrophysik, die Sterne zu betrachten…Das ist mein Weg, da rauszukommen. Ich wünschte, ich wäre intelligent genug, ein guter Politiker zu sein, oder herauszufinden, wie man etwas besser machen könnte. Aber das kann ich nicht. Ich mache Musik. Möglicherweise hört sich das an, als wäre ich ein verdammter Hippie. Aber ich liebe einfach die Vorstellung, dass es fühlende Wesen dort draußen gibt.

Versuchst du diese Idee mit deiner Musik auszudrücken?
Das ist etwas Anderes. Von meiner Definition her ist es so: Wenn du dich dafür entscheidest, Musik zu machen, und sie den Menschen vorzuführen, bittest du auf einer gewissen Ebene um Anerkennung und Liebe. Das sind sehr menschliche Bedürfnisse. Die Gefahr besteht darin, dass du nur aufgrund dieser Bedürfnisse mit Kunst oder Musik beginnst. Das endet dann manchmal darin, den beschissenen Kram zu kopieren, den der Typ neben dir macht. Beim Komponieren versuche ich, mich immer daran zu erinnern, dass nichts davon zählt. Meine Anerkennung spielt keine Rolle, sie bedeutet nichts. Also mach, was immer du willst. Sorge dich nicht, ob sich jemand darum schert. Diese Einstellung lässt mich einen kühlen Kopf bewahren und mich daran erinnern, dass ich nur ein unbedeutendes Stück Scheiße bin. Ich zähle nichts. Jedes Mal, wenn ich mir das ins Gedächtnis rufe, fühle ich mich fähig, ganz coole Sachen zu machen. Das einzige, was mir wirklichen Frieden beschert, ist die Vorstellung, dass ich einer von Zillionen Menschen bin, die vor mir kamen und nach mir kommen werden. Das nimmt den Druck. Wenn ich einen Song mache, den andere schwachsinnig finden, ist das auch egal.

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Hast du denn eine Meinung zur Zukunft der Menschheit?
Ich habe keine Ahnung, das ist so unfassbar komplex. Schau dir an, was in Syrien passiert. Zumindest die USA haben einen Präsidenten, der entscheiden kann, ein Land zu bombardieren, ohne dass einen das angegriffen hat. Das ergibt keinen Sinn. Niemand kann gegenwärtig eindeutig beweisen, ob das Regime in Syrien nun seine eigene Bevölkerung mit Giftgas angegriffen hat, oder nicht. Bei so vielen Problemen findet eine Art Ablenkung statt, aber nie eine Diskussion über die verursachenden Probleme. Wir haben noch nicht herausgefunden, wie wir mit der Überlastung unseres Planeten aufgrund der Überbevölkerung umgehen. Da stellt sich die Frage, wie alle leben, arbeiten und wachsen können. Das ist ziemlich schwere Kost, und nicht meine Liga. Würdest du mich fragen, ob ich ein Kind haben möchte, wüsste ich keine Antwort. Ich weiß nicht, wie dieser Ort in fünf oder zehn Jahren aussehen wird.

Abgesehen von den Menschen… Glaubst du an Außerirdische?
Oh ja. Die Statistik sagt uns das. Es gibt so viele Belege dafür. Wir sehen mehr und mehr UFOs, was auch der Grund ist, warum ich das Delta in meinem Namen gewählt habe. Der Archetyp des Außerirdischen mit dem großen Kopf ist Tausende von Jahren alt. Schau dir die Kultur der Inkas in Peru an, die Mayas in Mexiko oder auch die Pyramiden in Ägypten. Die Bauwerke sind so extrem präzise und perfekt nach den Sternen ausgerichtet und gebaut, dass das noch heute viele Rätsel aufwirft. Aber der allerwichtigste Beleg liegt in der Mathematik. Wenn es da draußen Milliarden von Sternsystemen in unserer Galaxie gibt, und wiederum Milliarden an Galaxien, die sich ausdehnen, und man sich noch vorstellt, dass es mehr als drei oder vier Dimensionen gibt, muss es statistisch gesehen, anderes Leben geben. Ich liebe das. Ich liebe diese Vorstellung so sehr.

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Wie die wohl aussehen könnten?
Das kann man nicht wissen, und alle Behauptungen die vom Aussehen eines nordischen Mädchens bis hin zu irgendwelchen Reptilien reichen, sind reine Mythen. Der Grund, warum ich Wissenschaft und Mathematik liebe ist, dass es unanfechtbar ist. Mathematik ist eine universelle Sprache. Wenn ich etwas sehen kann, weiß ich es. Aber bis dahin, ist das alles nur Spekulation.

Du kommst aus Los Angeles. Hollywood ist mit verantwortlich für diese Darstellungen. Zu welchem Film würdest du gerne die Musik komponieren?
Das ist eine gute Frage. Kannst du dich an Independence Day erinnern? Sie sollten eine Fortsetzung drehen, und daran würde ich mitarbeiten.

Redest du eigentlich gerne über solche Themen?
Wenn du mich danach fragst, und wirklich darüber diskutieren möchtest, liebe ich es, meine Meinung mit dir zu teilen. Aber ich würde nie von mir aus drauflos erzählen, nachdem man sich gerade erst kennengelernt hat. Die Menschen haben die Wahl, ob sie sich damit beschäftigen wollen. Es ist nur so privat, wie es sein muss. Aber wenn sich jemand gerne darüber unterhält, ist das mein allerliebster Gesprächsstoff.

Dann kann ich die nächste Frage stellen. Wie stehst du zu den ganzen Verschwörungstheorien?
Wenn jemand sagt, er sei ein Verschwörungstheoretiker, wird er als verrückt eingestuft. Alles, was ich hier von mir gebe, sind auch nur Informationen, die ich in Gesprächen oder durch Literatur erhalten habe. Ich selbst habe nichts dergleichen gesehen. Beschaffe so viele Informationen, wie du kannst und treffe dann deine eigene Entscheidung. Es gibt auf jeden Fall Bemühungen der US-Regierung, die Bürger zu beeinflussen, und sie auf manche falsche Fährte zu führen. Gerade deshalb sollte man bei der wissenschaftlichen Methode wirklich langsam sein, alles sammeln, und nicht leichtfertig an etwas glauben, wofür es keinen Beweis gibt. Ich erfreue mich an dem Kram, aber gleichzeitig muss man da aufpassen. Wenn man irgendwelche Dokus in der Art siehst, sind die meistens mit wirklich beschissener Pseudo-Grusel-Musik hinterlegt, und mies geschnitten. Das lässt jeden, der das anschaut, wie einen Idioten dastehen. Für jemanden der das ernsthaft betrachtet, sollte das Thema auch seriös behandelt werden.

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Apropos Seriosität. Das Einzige, was nicht in den ernsten Kontext passt, sind die zahlreichen Katzenbilder auf deiner Seite.
Ich liebe Tiere, Mann. Ich habe zwei Katzen und würde auch Hunde haben, wenn das möglich wäre, aber das geht nicht wegen dem Touren. Hunde sind sozialer. Solange du die Katzen fütterst und ihnen ein Dach gibst, macht ihnen das nichts aus, mal alleine zu sein. Seit ich ein Kind bin, liebe ich Tiere.

Hast du neben den Katzen und der Musik noch andere Dinge, mit denen du dich beschäftigst?
Ja. Sex. Und Ich liebe Kunst. Besonders Gerhard Richter und Mark Rothko. Ich liebe Physik, Politik und allgemein Wissenschaft. Wobei ich zu den Politikern sagen muss, dass inklusive mir, selten jemand wirklich umfassend mit einem Thema vertraut ist. Zumeist läuft das so ab, dass sich eine Horde Idioten gegenseitig angiftet. Aber politische Theorie und Human Dynamics sind unglaublich interessante Bereiche. Ich liebe es, mich mit allem auseinanderzusetzen, was in meiner Umgebung passiert, weil ich wirklich wissen möchte, worum es im Leben geht. Nicht warum, aber was es ausmacht. Das ist möglicherweise mein größtes Hobby, noch vor der Musik—die Definition meines Settings.

Ich habe einen Essay gelesen, den du auf deiner Facebookseite geteilt hast. Darin geht es um eine Studie, welche negativen Auswirkungen das Social Web auf unser Sozialverhalten hat.
Ziemlich ironisch, was? Ich veröffentliche das auf einer Social-Community-Plattform. Aber es ist eine sehr reale Angelegenheit. Wenn man ausgeht, sieht man alle auf ihre Smartphones starren, um irgendwelche Sachen zu checken. Niemand hält mehr Augenkontakt. Diese Tatsachen sind sehr wichtig für eine Sozialstruktur, denn vor dem Zeitalter der Computer mussten die Menschen Augenkontakt herstellen, um sicherzugehen, dass man wusste, wer angesprochen war. Heutzutage scheint es so, als würde man auf diesem Weg eine Art soziale Befriedigung erhalten. Du schreibst bei Facebook oder Twitter, dass du heute eine Pizza gegessen hast, und Leute liken es. Du glaubst anschließend, andere interessiert das. Dabei ist das sehr gefährlich, denn niemand schert sich wirklich um den Kram. Es führt zu einer Abhängigkeit, die nicht leicht durchbrochen werden kann. Das Perfide ist, dass das für eine Band oder jemanden wie mich notwendig ist, um Aufmerksamkeit für die Musik auf sich zu ziehen. Aber im gleichen Moment empfinde ich das als eine gefährliche Sache. Man muss die Balance finden, und sich auch Privaträume schaffen, und alleine sein. Es muss nicht jeder, alles über dich wissen. Man lebt nicht wirklich sein Leben, wenn man sich da so unter Druck setzt und sein Leben zu sehr nach außen trägt.

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Was gefällt dir am Musikerleben und welche negativen Seiten gibt es?
Ich weiß nicht, wie es anderen geht, aber Zufriedenheit ist ein Gefühl, dass sich so schnell verflüchtigt. Wenn du dieses Gefühl für dich selbst immer wieder abrufen kannst, ist das eine großartige Sache. Ich liebe es zu produzieren und Musik zu machen. Eines Tages werde ich etwas richtig Cooles schaffen, mehr als alles andere zuvor. Etwas das mehr wert ist als Geld oder materielle Besitztümer. Dafür will ich verantwortlich sein. Immer wenn du auf eine Art dem nahekommst, fühlt sich das Leben gut an und es ist lebenswert. Das ist der Grund, warum ich das machel. Der harte Teil ist die Sache mit Facebook, Social Media, an Auftrittsorten ankommen, und sich mit dem Equipment herumschlagen. Leute die Mist reden. Ich hatte sogar schon Faustkämpfe während einer Show beobachtet. Das macht nicht so viel Spaß. Ich bin auch sehr klaustrophobisch, und mag es nicht, von einer großen Menschenmenge umgeben zu sein. Bahnhöfe und Flughäfen lassen mich durchdrehen. Aber in jedem Job gibt es irgendeinen Mist, der dazugehört.

Gibt es sonst noch Schlüsselerlebnisse, die dich beeinflussen?
Ich hatte ein paar ziemlich haarige Situationen. Ich wurde mal fast ermordet, als ich ein einem ziemlich heruntergekommenen Appartement in L.A. gelebt habe. Dem Tod so nahe gewesen zu sein, hat mich realisieren lassen, dass ich mir nicht die ganze Zeit Fragen stellen muss, was ist oder was sein wird. Dass das Leben so okay ist. Ich habe mich auch mit DMT beschäftigt, dem Alkaloid, dass der Körper ausschüttet, wenn er stirbt. Du verlässt deinen Körper und du verlässt dein Leben.

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Der bekannte Tunnel bei Nahtoderlebnissen?
Du, deine Erinnerungen daran wie deine Eltern dich großgezogen haben, wie du in der dritten Klasse verprügelt worden bist…All das ist gegangen. Es ist sehr schwer zu erklären. Du siehst Unendlichkeit. Dieses Wort versteht niemand von uns wirklich. Ich würde sagen, dieser Moment war vermutlich der tiefsinnigste in den letzten zehn Jahren meines Lebens. Ich bin in Venezuela aufgewachsen und mein Dad ist aus Peru. Da habe ich auch ziemlich üble Sachen gesehen und mitbekommen, dass Leben von einer Sekunde auf die andere einfach enden kann. Also Fuck it! Tu, was du immer willst. Denn du hast es nicht in der Hand. Ich möchte das nicht nochmal erleben, aber da durchgekommen zu sein, hat mich wirklich befreit. Ich habe deshalb auch kein Problem damit, wenn sich Leute über mich lustig machen.

Da steckt ein toller Schlussappell drin.
Yeah, ich hoffe, jeder macht das so. Wir wären alle glücklicher. Und wenn alle glücklicher sind, ist alles um uns herum auch besser. Sorry, dass ich wie ein Hippie klinge. (lacht)

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