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Ebola Pop ist in Liberia auf dem Durchmarsch

Das dürften die einzigen Songs über Blut, Speichel, Urin, Stuhl, Schweiß, Samen und infizierte Tiere sein, die nicht von Metalbands stammen.

Momentan finden auf der Welt eine Menge furchtbarer Dinge statt und so gut wie alle haben damit zu tun, dass Menschen sterben. Der Gazastreifen ist im Arsch, der Irak ist im Arsch, die Ukraine ist im Arsch und fast täglich erreichen uns neue Meldungen über Flugzeugunglücke oder gewalttätige Proteste. Bei der Flut an Horrormeldungen kann man glatt vergessen, dass in Afrika gerade eine Ebola-Epidemie ihr Unwesen treibt—obwohl diese seit dem Ausbruch im letzten Jahr in Westafrika schon mehr als 1.500 Menschenleben gekostet hat. Besonders betroffen sind davon Sierra Leone, Guinea und Liberia.

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Einer der Gründe dafür, warum sich Ebola in der Region weiter ausbreitet, besteht darin, dass es nicht so einfach ist, der Bevölkerung die nötigen Informationen zukommen zu lassen, wie man eine Epidemie verhindert. In Liberia zum Beispiel können weniger als 45% der Erwachsenen lesen, was die Aufklärungskampagnen über Infektionsrisiken ungemein erschwert. Momentan werden dort wirklich alle Register gezogen, um eine weitere Ausbreitung einzudämmen: Der Präsident hat alle Beamten angeordnet, für einen Monat zu Hause zu bleiben, Seeleute durften im August nicht ihre Schiffe verlassen und in Monrovia, der Hauptstadt des Landes, wurde eine Quarantänezone eingerichtet. Die interessanteste Präventionsmethode haben sich allerdings ein paar Musiker ausgedacht, die mit eigenen Mitteln versuchen, in der Bevölkerung ein Bewusstsein für die Ansteckungsrisiken zu schaffen.

In den letzten Monaten ist in dem Land eine Flut von Liedern entstanden, die sich thematisch mit Ebola auseinandersetzen. Dazu gehören Künstler wie Tan, der in seinem Track „State of Emergency“ musikalisch R Kelly nacheifert, oder Shadow, Liberias Antwort auf D12, der den Song „Ebola in Town“ veröffentlicht hat. Das dürften mit ziemlicher Sicherheit die einzigen Songs über Blut, Speichel, Urin, Stuhl, Schweiß, Samen und infizierte Tiere sein, die nicht von Metalbands stammen.

Rukshan Ratnam, der Kommunikationsexperte der UNICEF, erzählte mir, dass er an das Potential der Musik glaubt, die falschen Vorstellungen bezüglich der Krankheit in Liberia gerade zu rücken. Darüber hinaus würden die Lieder unterstützend auf die Arbeit der Hilfsorganisationen wirken, deren Arbeiter momentan von Tür zu Tür gehen, um die Menschen über die verschiedenen Vorsichtsmaßnahmen aufzuklären. Sie haben neben den Songs noch Poster, Flyer, Radiojingles, Aufführungen und Videos erstellt, um so viele Menschen wie möglich zu erreichen. Dabei adressieren sie Teenager und andere Bevölkerungsschichten.

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Ich habe mich mit Mr F.A von HipCoKings unterhalten, der „Ebola is Real“ veröffentlicht hat. Dieser Song verfügt über eingängige Textzeilen wie, „when your monkey want play, don’t play with him“ (es gibt die Vermutung, dass Ebola von Pavianen übertragen wird), und endet mit einer Anleitung dazu, wie man eine Ansteckung vermeidet. Dazu gehört auch die richtige Methode, Verstorbene zu beerdigen, ohne sich dabei einem Infektionsrisiko auszusetzen. Es ist momentan der meistgespielte Song im liberianischen Fernsehen und Radio.

Noisey: „Ebola Is real“ ist ein ungewöhnlicher Titel. Die Menschen wussten doch, dass Ebola echt ist, oder nicht?
Mr F.A: Zu Beginn hat hier niemand geglaubt, dass Ebola wirklich ausgebrochen ist. Alle dachten, dass die Politiker das nur erfunden hätten. Da aber immer mehr Menschen starben, mussten wir handeln. Wir kamen also auf die Idee, dass es doch am besten sei, die Nachricht über Musik zu verbreiten…

Wie schwer war es, die anleitenden Textpassagen in dem Track unterzubringen?
Ich kann gar nicht mehr genau sagen, wie dieser Song und die Lyrics zustande gekommen sind. Der Plan war einfach nur, es so eingängig und einfach wie möglich zu machen, damit die Message auch bei allen Menschen ankommt. Es hat funktioniert.

Wie ist der Song in Monrovia angekommen?
Das Lied hat einen unerwartet großen Effekt gehabt. Die Menschen lieben es. Ich höre Leute immer wieder „It’s Real“ singen und sie über ihre Lieblingspassagen des Songs sprechen—dann muss ich lächeln. Die Message ist angekommen.

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