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Reviews

Musikreviews der Woche mit Kuolemanlaakso, DENA, Brandt Brauer Frick und mehr

Hey, Quizduell-Fans, was ist nach eurem Geschmack? 1. Kein Fitzel Fleisch? 2. Synthie-Sülze? 3. Käseorgel? Oder doch 4. ‚Monkey Banana Kitchen‘?

KUOLEMANLAAKSO
Tulijoutsen
Svart/Cargo

Wie die Labelmates Oranssi Pazuzu und Hexvessel schattieren auch die Sonderlinge von Kuolemanlaakso ihre Musik in schönsten Erdtönen; der Farbberater spräche vom Herbsttypen, hier in der Variante mit meterlangen Dreadlocks. Weil sich Gründer Laakso und seine Jungs mit Haut und Haar dem Doom verpflichtet haben und Finnisch die Muttersprache des Dooms ist (was auch immer das ganz genau bedeuten mag, wir können es beweisen!), wirkt ihr zweites Album bei allem Kitsch auch schon mal ein paar Nuancen dunkler als the darkest shade of blue. Growls und eine ordentliche Zerre auf der Stimme tun das Ihrige.
MARC FABER

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DENA
Flash
!K7 Records

Dena ist das neue Ding, genau dein Ding—so hip, dass kaum jemand schnallt, was hier wirklich abgeht. Die tun alle nur so. Hauptsache sie reden mit. Du aber weißt es, du raffst es, kannst dich nur wieder nicht aufraffen, es dir einzugestehen. Über wahnsinnig unfetten Beats und digital gepimpter Käseorgel radebrecht Dena vollabsichtlich einen Sprechgesang, der sich auf eine beeindruckende Weise den etablierten Schemen von Storytelling und Hook konsequent verweigert. Mit M.I.A., Princess Superstar, der ollen Peaches gar, ist das natürlich überhaupt nicht zu vergleichen. So zu reden, reden, reden, dabei nichts zu sagen, und dieses Nichts dann völlig unverpackt rauszupressen, ohne verheuchelte Melodien, die dich nur einlullen sollen, das ist wirklich große Kunst. Denas Flow reibt sich unablässig heiß in deine Achseln—hey ho—nun tu ihr endlich den Gefallen, wirf die Hände hoch und tu so, als würdest du dich ergeben.
DIMMY DEE

REAL ESTATE
Atlas
Domino

Atlas also. Kann ja viel bedeuten. Womit will man wohl von Urheberseite in Verbindung gebracht werden? Mit dem sagenhaften Titan, bekannt für sein Himmelskugel-Workout? Wohl kaum, dieses erneut hochfragil eingezupfte Drittwerk droht bereits unter dem Druck eines ermunternden Schulterklopfens zusammenzubrechen. Mit dem fein gewebten Stoff, der durch hochqualitatives Seidigkeitsfeeling besticht? Schon eher. Einigen wir uns doch aber einfach auf die gleichnamige Kartensammlung, denn ohne diese drei Typen aus New Jersey wären wir auf unserer Suche nach dem heiligen Gral verantwortbaren Indiegeklimpers doch längst in der Irre gelandet.
SUNNY DAY

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BRANDT BRAUER FRICK
DJ-Kicks
!K7/Alive

Falls ich im nächsten Leben als alleinherrschender Hipster-Tyrann mit drei hübschen Töchtern reinkarniere, werde ich sie umgehend mit den Herren Brandt, Brauer und Frick zwangsverheiraten. Die Frisuren lässig-akkurat, das Benehmen tadellos, und studiert haben sie auch noch. Optimales Paarungsmaterial. Gut, sie sind sich der eigenen Überlegenheit sehr genau bewusst, und wenn sie auf ihrer DJ-Kicks mal den ein oder anderen holprigen Übergang einstreuen, dann kann man davon ausgehen, dass das genau so gehört und als Statement zu verstehen ist. BBF machen keine Fehler! Sie entscheiden sich höchstens dafür, ab und an etwas „Menschlichkeit“ zu zeigen. Gute Strategie, merke ich mir für’s nächste Tyrannenleben.
LIDL GASTRO

FAMILY FODDER
Monkey Banana Kitchen
Staubgold

„Eines der 100 Alben, die die Welt in Feuer und Flamme versetzt haben“, urteilte The Wire mal über dieses Debüt. Offenbar wurde daraus kein Flächenbrand. Aber die vielen Feuerchen, die Family Fodder mit diesem Album in den 80ern angekokelt haben, konnte man in den folgenden Jahrzehnten sicher hören. Diese nun (mit Boni) neu aufgelegte Monkey Banana Kitchen klingt so unediert nach genialem Wahnsinn, so bescheuert vielfältig und vielsprachig, dass die vielen Künstler, die heute noch über dieses Album als wichtigen Einfluss schwadronieren, sich alle aus diesem wilden Zirkus heraushören lassen. Family Fodder ist dabei nicht eine dieser Bands, der man bescheinigt, sie seien ihrer Zeit vorausgewesen—so etwa mit unerhörten Styles wie New Dubwave oder Prepostpunk—sondern eher genau die meschugge Truppe, die sich in voller und edler Absicht immer selbst im Wege stehen wird.
NOEL HARMDUN

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WHOMADEWHO
Dreams
Darup Associates/Indigo

Nach Angaben von WhoMadeWho ist das neue Album Dreams unter anderem inspiriert von einer Nacht im Berghain, jenem „legendary techno club in Berlin that opens very late“. Na so was. Man weiß gar nicht, worüber man sich mehr wundern soll: Über Sven Marquardts viel zu laxe Türpolitik, die jetzt schon drei aufgetakelten dänischen Indiepoppern Zutritt in seine heiligen Hallen gewährt. Oder über die Tatsache, dass hinterher so eine brave Synthie-Sülze dabei rumkommt. Vermutlich haben die Jungs den Eingang zu dem kleinen, dunklen Zimmer nicht gefunden, in dem der muskulöse Typ mit dem auf den Unterarm tätowierten Lineal wartet. Damit war es natürlich keine authentische Berghain-Erfahrung und das Album ist automatisch disqualifiziert. Wir können aber für’s nächste Mal gerne ein Treffen arrangieren.
SCHNUMMEL BLUFF

PATTEN
Estoile Naiant
Warp Records/RTD

Bassmusik für ADHSler und Klangfetischisten. Musik, die so unglaublich „Jetzt“ wie „früher Warp-Katalog“ ist. Ein Album, das musikalisch so grell und flüchtig wie ein Tumblr ist. Auf Pattens zweitem Album Etoile Naiant ist alles hyperlayered, überfrachtet, sich in Sampler-getriggerten Klangwelten verlierend. Das mag jetzt wie eine Kakofonie klingen, ist tatsächlich aber recht heiß. Wenn es in „Agen“ klapperschlangenmäßig rasselt und die Synths nur so zischen, wenn in „Softer“ die Bassdrum so herrlich verschleppt, der Clap hinterhereiert und in „Key Embedded“ die vermosht klingende Wall of Sound aufgetürmt wird, dann muss jedem Autechre-, Flying-Lotus- und Squarepusher-Lover einfach das Herz ganz weit aufgehen.
SIENNA TAIL TOE

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LET'S WRESTLE
Let’s Wrestle
Fortuna Pop!

Hey, Quizduell-Fans! Nur für den Fall, dass euch mal diese Frage hier begegnen sollte: „Welches Feelgood-Ensemble besingen diese englischen Indie-Schlurfis auf ihrer dritten Platte? 1. Cigarettes And Alcohol 2. Codeine And Marshmallows 3. Gin And Juice 4. Piss And Vinegar.“ Als verbrauchernahes Periodikum empfehlen wir: Spart euch die Auseinandersetzung mit dieser HiFi-Inszenierung von LoFi-Veranlagung im Vorfeld, tippt einfach auf 2. und investiert die gewonnene Zeit in was Sinnvolles. Ein paar Angry-Birds-Sessions oder so.
NATIONAL STUPIDITY AGENCY

PEDER MANNERFELT
Lines Describing Circles
Digitalis

Peder, besser bekannt als eine Hälfte des mysteriösen Leaf-Acts Roll The Dice und als das Sublimal Kid, das nicht DJ Spooky ist, aber dafür manchmal bei Fever Ray aushilft, hat sein erstes Soloalbum veröffentlicht—und das ist ein echtes Biest. In bestechender Ähnlichkeit zu frühen Pan Sonic (als sie noch Panasonic hießen) gelingt es dem Schweden, seinem antiken Maschinenpark die knochigsten Klänge diesseits der Friedhöfe und Schrottplätze von Detroit und Den Haag abzunötigen. Fieses Zeug, an dem kein Fitzel Fleisch hängt und irgendwas beschönigt. Pures Pochen, Sägen, Klopfen, Rauschen, Britzeln. Post-Industrial at its best.
MONDO CATSAN

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