Für immer Highlife – Ältere Wiener übers Feiern

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Für immer Highlife – Ältere Wiener übers Feiern

Wir fanden kein nicht-beleidigendes Synonym für "ältere". Sorry.

Der Begriff "Ausgehen" ist genauso relativ wie ein Anagram auf LSD. Er bedeutet für verschiedene Personen, Gruppen, Epochen und Länder jeweils etwas Anderes. Ob Karaokebar, fetter Rave oder ein All-you-can-Eat-Buffet – die Möglichkeiten des Ausgangs sind unbegrenzt. Aber die Motivation hinter dem Feiern lässt sich meiner Meinung nach ganz einfach in zwei Spalten aufteilen: Um die Technik des Kinder-machens zu üben. Oder wegen der Musik. So sehe ich das – zumindest für die jungen Erwachsenen.

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Erstere meiden dann wohl künftig clubkulturelle Institutionen, weil sie mit den schlechten DJs auf Hochzeiten der Freunde völlig befriedigt sein werden. Aber, ob Zweitere die Musik für immer so hart feiern werden? Um das herauszufinden, haben wir ein paar echte Erwachsene, die gerne feiern gefragt, warum sie es noch tun.

Willi, 73 Jahre, sein bestes Fortgeh-Alter: Von 16 bis heute

Das ist der Willi, Foto hat er mir zur Verfügung gestellt.

Willi geht noch immer gut und gerne fort. Im Sommer sieht man ihn des Öfteren bei einem oder unendlich vielen weißen Spritzern in der Kantine des SV-Donau Fußballs-Clubs. Und das schon seit 40 Jahren – never change a running system, gell? Was das Fortgehen an sich angeht, macht er das noch immer so fleißig, weil er gerne mit seinen Freunden zusammen ist – die meisten davon sind ebenso öfters in besagter Kantine. Im Vergleich zum Ausgehen früher hat sich nicht viel geändert: "Außer, dass ich viel schneller müde werde", sagt er mir und dass es wesentlich aufregender gewesen sei, wenn es um die Gunst einer Dame ging: "Ich musste zwei Wochen lang auf den ersten Kuss warten." Solange irgendwo Elvis Presley gespielt wird, so lange wird Willi auch noch feiern gehen. Denn neben Rock-Musik, ist der King of Rock'n'Roll bis heute sein musikalischer Favorit geblieben.

Monika, 58, ihr bestes Fortgeh-Alter: 40, da waren die Kinder schon groß und mehr Geld war da

Wein trinken ist irgendwie einer ihrer Professionen.

"Ausgehen ist immer noch schön!", vor allem bei gutem Wein und Jazz geht ihr heute noch das Herz auf, wenn es um die Bräuche der abendlichen Aktivitäten mit Freunden geht. Denn es wird stets dabei gelacht. "Manchmal passiert es, dass wir dabei gar nicht mehr wissen, wie alt wir sind", erzählt sie. Früher hat sie gerne das legendäre Voom Voom besucht, heute muss sie sich mit aller Macht gegen Lokale, die in die Kategorie "pseudo Alm-Gschichteln" fallen, wehren. Denn darauf stehen die meisten ihrer Freundinnen. Da bevorzugt sie eher noch ein (oder mehrere) Bier in einem gemütlichen Bierlokal mit ihren Kids (ich bin übrigens zufällig eines dieser Kids).

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So aufregend wie einst zu ihrer Zeit kann sie aber das Fortgehen heute nicht ganz empfinden. Früher war es einfach spannender: Um 1974 herum, im zarten Alter von 15, hat sie immer bei ihrer Oma geschlafen, damit sie sich nachts heimlich davonstehlen konnte. Das war übrigens zu dieser Zeit sehr umständlich vom 21. Bezirk ohne Bahn in den Ersten zu kommen. Nach einiger Zeit sind auch ihre Eltern dann darauf gekommen. Kam ihnen komisch vor, dass die junge Monika so gerne und oft bei der Omi sein wollte, ausgerechnet am Wochenende. Sie erinnert sich gerne an die Zeit zurück: "Wenn es geheißen hat, dass wir (sie und ihre Freundinnen) am Samstag ausgehen, wurde die ganze Woche schon deswegen telefoniert, was wir denn anziehen sollen. Damals wurden übrigens die Glockenhosen und Plateausohlen erfunden." Ob sie denn in etwa zehn Jahren noch ausgehen wird? "Schau: 'In the day nothing matters. It's the night time that flatters', das ist ein Hit aus den 80ern von Laura Branigan. Es wird natürlich weniger, aber ganz hört es gewiss nicht auf. Einmal eine Flughummel, immer eine Flughummel."

Peter, 59 Jahre, sein bestes Fortgeh-Alter: zwischen 15 bis 25

Peter ist auch einer meiner Lieblingsmenschen. Von Peter weiß ich, dass er weiß, was es heißt, zu feiern – da ich schon öfters dabei war, wenn er es tat. "Ich bin gerne unter Menschen, es amüsiert mich, aber die Leute sind oberflächlicher geworden im Vergleich zu früher." Als Musiker geht er natürlich auch nach wie vor auf Konzerte. "Ich tanze aber auch gerne zu Dosen-Musik … Du kennst den Ausdruck nicht? Jeder DJ macht das oder anders gesagt: Alles, was nicht mit Live-Instrumenten gespielt wird." Allerdings findet er es trotzdem nicht mehr ganz so gut wie einst: "Früher waren die Menschen unbedarfter und viel leichter zufriedenzustellen. Heute sind sie verwöhnt, abgestumpft und der Kick muss größer sein, um ein bisschen Glücksgefühl beim Fortgehen abzubekommen." Ach, Peter.

Radcliff, Alter soll ein Mysterium bleiben, sowie das beste Fortgeh-Alter nicht mit einer numerischen Einheit einzugrenzen ist

Das ist Radcliff zu Halloween heuer.

"… sie hängt von den mentalen Kapazitäten des jeweiligen Subjekts ab." Radcliff ist ein Cousin aus der philippinischen Hälfte meiner Familie. Er geht ebenso noch gerne aus, um Langeweile zu umgehen und um sein soziales Leben aufrecht zu erhalten. "Allerdings nicht mehr aus den selben Gründen wie früher – Gott sei Dank!" Fortgehen heute sowie es damals war, findet er weder besser noch schlechter: "Sagen wir mal so, es ist anders."

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