Warum du ab jetzt nie wieder fortgehen wollen solltest

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Warum du ab jetzt nie wieder fortgehen wollen solltest

Nur damit du es weißt: Deine Vernunft ist ein verlogenes Arschloch

Es gibt sie. Diese Frei- oder Samstage, an denen du nicht fortgehen willst. Da kann dir nicht einmal deine FOMO was anhaben. Du bist komplett im Pyjamamodus und kannst es eigentlich kaum erwarten, eine deiner Lieblingsserien die ganze Nacht noch mal Revue zu süchteln. Nicht nur deine erstklassige Lustlosigkeit, sondern auch dein Geldbörserl, deine Leber und dein Gewissen haben sich verbündet, um den Partyplänen deiner Freunde einen Strich durch die Rechnung zu machen.

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Du bist schon samt ungewaschenem Haar im Bett und willst auch sogleich deinen True Blood-Marathon starten, doch dann kommt es: Dieses eine hieb- und stichfeste Argument. Es erreicht dich meistens über den Messenger oder via WhatsApp—von Freunden, die es nur gut meinen. Manchmal kommt diese Nachricht auch tief aus deinem Innersten: "Aber es ist immer dann am besten, wenn man eigentlich gar keinen Bock hat/ wenn man es am wenigsten erwartet!"

Und dann fängst du an, dich zu erinnern. Tatsächlich fallen dir viele Nächte ein, in denen du keine Lust aufs Ausgehen hattest, aber den meisten Spaß. Und alles nur, weil du überredet wurdest. Und plötzlich siehst du dich 15 Minuten später in einem Outfit, das du so nie angezogen hättest, nun aber keine andere Wahl hast, weil: Waschtag, whut? Es sieht aber dennoch erschreckend leiwand aus, und dass die Haare nicht fresh sind, ist optimal. Es wird eh überall geraucht. Irgendwie scheint dich jetzt generell das gesamte Universum mit seiner Liebe und Power auszustatten, es will dich einfach nur noch für deine Spontaneität belohnen.

Sechs bis zwölf Stunden später bist du dann noch irgendwo mit deinen Freunden, vermutlich auf irgendeiner Afterhour im Club oder bei irgendeinem Hawi zuhause und bereust rein gar nichts. Im Gegenteil: Du bist froh, dass du überredet wurdest. Danke, Universum.

Aber was ist dran, an diesem Mythos? Ist es wirklich besser, ab jetzt nie wieder fortgehen zu wollen? Und wie sieht's mit dem Pendant aus, der Vorfreude? Hat das wirklich etwas mit dem Universum zu tun oder sind es doch die Chemtrails? Es ist mir wirklich ein arges Anliegen, der Sache—jetzt rein Küchen-psychologisch—auf den Grund zu gehen.

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High Hopes zu haben, ist scheiße

Wir hatten alle schon mal das eine Event, auf das wir uns schon Wochen vorher so hart gefreut haben, nur um dann enttäuscht zu werden. Ich persönlich bin eigentlich der absolute Gegner von "keine Erwartungen haben, um später nicht heulen zu müssen". Denn: Erwartungen zu haben, bedeutet, dass man einfach schon Ansprüche ans Leben und die Clubkultur hat. Irgendeine Flatrate-Sauferei war vielleicht vor ein paar Jahren gut genug für uns, um unsere innere Leere zu füllen und uns freilich auch abzufüllen. Aber Zeiten ändern deine Präferenzen—vermutlich bist du jetzt lieber nüchtern bei guter Musik, als besoffen bei beschissenem EDM.

Aber es stimmt schon: Sich mal selbst zu hohe Ziele zu setzen, ist faktisch bester Nährboden für eine vorprogrammierte Depression. Und sich auf etwas voll zu freuen, blendet bei uns im Gehirn die Tatsache aus, dass wir deswegen nicht ganz unbeteiligt sein sollten—wenn es schon um unser eigen Glück geht. Völlig ahnungslos und von all der Freude geblendet, überlassen wir es also irgendwie unwissentlich dem unwissenden Umfeld (quasi), uns einen gesegneten Abend zu bescheren. Wie soll das denn funktionieren?

Klingt jetzt voll abgedreht, aber ganz ehrlich? Niemand würde sich auf etwas so mega freuen, wäre es mit alleiniger Arbeit verbunden.

Und nun?

Ab jetzt also nie wieder fortgehen wollen sollen? Exactly. Denn wir Menschen tun eines und das stets und oft auch unkontrolliert: Wir denken. Und kaum haben wir etwas in Aussicht, wird es von unserem Brain ordentlich durchgenommen. Seziert, wieder zusammengefügt und dann erst recht wieder in alle Einzelteile auseinandergenommen und studiert ohne Ende. Weil uns sonst recht fad ist, weil wir es so ja doch so gut haben im Life. Das ist eigentlich auch was extrem Positives, nur nehmen wir damit den Überraschungen des Lebens jeden Raum. Also besser mal alles auf dich zukommen lassen. OK, cool, klar gehst du zu dieser Veranstaltung/Party—aber nach dem Zusagen sofort in deinem Kopf ad acta legen und dich anderen Dingen widmen. Wie wär's mit einem Hobby oder so? Denn dieses Event kommt ohnehin auf dich zu und wenn's dann soweit ist, dann ist es theoretisch schon wieder fast ein spontanes. Und wir wissen ja, was das Universum mit Spontaneität macht? Genau, belohnen!

PS: Deine Vernunft ist ein verlogenes Arschloch

Du solltest dir selbst trotzdem nicht so oft auf den Leim gehen—by the way. Manchmal ist es ja so, dass wir zu Hause bleiben, weil wir vernünftig sein wollen. Tja. Aber was sind die Gründe dafür? Kein Event gefunden, das dir zusagt? Ein eher dürrer Kontostand? Die Gesundheit, die Arbeit, die Uni, whatever—all diese Problempunkte sind dir jedoch noch nie bei so einem doch-noch-Fortgeh-Abend im Weg gestanden. Deine Vernunft ist in dem Fall nur deine Angst oder deine faule Ader, die sich gerne als etwas Besseres tarnen wollen. Weil, wer gibt schon gerne seine Schwächen zu? Aber hey, du musst sie dir eh nur selber zugestehen, es ist nämlich auch wirklich in Ordnung, wenn du mal Zuhause bleiben willst. Und am besten ist es, du drehst bei deinem Vorhaben nichts vorzuhaben auch dein Handy ab. Du weißt schon, sonst könnte sie dich ja wieder erreichen. Diese eine Nachricht.

Header: Grafik von der Autorin | Bildmaterial via Flickr | amenohiShanna RileySimon James | BrianCC BY-SA 2.0

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