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Rezensionen

Für Yelp-Rezensenten ist schlechter Service so schlimm wie Armageddon

War dein letztes Brunch-Erlebnis so schlimm wie ein Bombenangriff? Eine Studie belegt, dass die Sprache von Yelp-Rezensenten, nach einer negativen gastronomischen Erfahrung, der Sprache nach einem wahrlich traumatischen Erlebnis gleicht.

Nur ein einziges Mal habe ich mich in meinem ganzen Erwachsenenleben geweigert, in einem Restaurant Trinkgeld zu geben.

Ja, ich vergebe vielleicht schnell. Ich bin vielleicht sogar ein schüchterner Kunde. Aber als eine Kellnerin in einem Brunchlokal meiner Begleitung so achtlos seinen Croque Monsieur vor den Latz schleuderte, dass er über den Tisch glitt und in seinem Schoß landete und dann sich wieder umdrehte und weg lief, ohne nur im geringsten zur Kenntnis zu nehmen, was sie gerade getan hatte, löste sich mein Entschluss in Luft auf. Ich winkte sie ein paar Minuten später zum Tisch her und zeigte mit einem Schulterzucken auf die mit Käse befleckte Person neben mir. Sie verdrehte die Augen und brachte ein paar Servietten rüber. Wir bezahlten den vollen Preis, aber gaben keinen Cent Trinkgeld.

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Diese Erfahrung war so einprägsam, dass ich die Geschichte gerade wieder gestern in einem anderen Brunchlokal erzählte, in dem viel weniger los war, aber mein Tisch in einer Art absurdem Theaterstück von Ionesco gefangen war. Nachdem wir bereits eine halbe Stunde in einem halbleeren Restaurant gewartet hatten, um die Speisekarte zu bekommen, kam unser Kellner mit furchtbaren Neuigkeiten zu unserem Tisch. „Die Küche redet nicht mit mir", sagte er mit einem Kopfschütteln und wartete scheinbar auf eine Antwort wie: „Ist schon gut, das stehen wir gemeinsam durch." Fast eine Stunde später fragten wir vorsichtig nach unserem Speck, den wir bestellt hatten. Er atmete kurz und hörbar ein, zog sich die Luft durch die Zähne und sagte: „Ich werde es versuchen, aber ich kann nichts versprechen." Er versicherte uns aber, dass er auf unserer Seite war: „Keine Sorge. Wenn ihr den Speck nicht bekommt, werde ich ihn euch auch nicht verrechnen." Ein wahrer Held unserer Zeit, der Gute.

So frustrierend solche Erfahrungen auch sein mögen, sich über einen nicht ganz so perfekten Brunch zu beschweren, ist der Inbegriff eines Luxusproblems—Jammern auf hohem Niveau. Das hat der durchschnittliche Yelper aber nicht verstanden, der offensichtlich viel mehr zur Übertreibung neigt als ich.

Während ich damit beschäftigt war, auf meine Portion Speck zu warten (sie hatten auch ab 14:00 Uhr keine Bloody Marys mehr—wie bitte?), präsentierte der Stanford-Professor Dan Jurafsky bei der Konferenz der American Association for the Advancement of Science in San Jose, Kalifornien seine Analyse von fast 900.000 Yelp-Rezensionen. Laut Jurafsky, Linguist und Informatiker, deutet die Sprache, die Yelper in ihren Ein-Sterne-Rezensionen von Restaurants verwenden auf eine ähnlich traumatische Erfahrung wie ein Terroranschlag hin.

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Eggs Benedict: never forget?

„Wir dachten, sie würden sich darüber auslassen, wie schlecht das Essen war, dass es fettig war. Stattdessen verwendeten sie eine sehr spezifische Sprache, schrieben in der Vergangenheit anstatt in der Gegenwart, schrieben viel über andere Leute und verwendeten zahlreiche negative Wörter wie ‚furchtbar' oder ‚schrecklich' ", sagte Jurafsky, der kürzlich mit seiner lexikalischen Aufbereitung von Speisekarten in seinem Buch The Language of Food in den Schlagzeilen stand.

„Es stellte sich heraus, dass es bereits vorhandene wissenschaftliche Literatur gibt, die belegt, dass Rezensionen die gleichen Eigenschaften aufweisen, wie Texte von Leuten, die eine traumatische Erfahrung wie den 11. September oder einen Amoklauf in einer Schule erlebt haben."

Ja, genau deswegen hassen Köche Yelp.

„Ein-Sterne-Rezensionen sind Traumaerzählungen, die dabei helfen, mit direkten Bedrohungen umzugehen, indem sie den Autor als Opfer porträtieren und Trost in der Gemeinschaft suchen", schreiben Jurafsky und die Co-Autoren in ihrer wissenschaftlichen Arbeit. In positiven Bewertungen werden übrigens Wörter verwendet, die normalerweise mit Drogensucht in Verbindung gebracht werden: „made of crack" oder „edible crack" und so weiter.

Diese Online-Kritiker neigen dazu, die erste Person Plural zu verwenden, wenn sie ihre Erfahrungen beschreiben, „sie schreiben, als wäre es ‚uns' passiert, als ‚würden wir es gemeinsam schaffen' und gemeinsam leiden", erklärte Jurafsky am Sonntag bei der Konferenz. „Wenn man sich die Rezensionen ansieht, geht es immer drum, ‚jemand war gemein zu mir', der Kellner oder die Kellnerin war unhöflich. Es geht immer um persönliche Interaktion", fügte er hinzu.

Scheinbar bin auch ich nicht immun dagegen. Eggs Benedict: never forget?