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You Need to Hear This

Lessons spielen auf Risiko

Lessons gaben uns ein bisschen Nachhilfe in stilvollendeter elektronischer Musik. Wir haben sie in ihrem Studio in Helsinki besucht.

Eine Band mit dem Namen Lessons? Ganz schön forsch, haben wir uns gedacht. Ganz schön selbstsicher. Das sollten wir uns mal anhören, haben wir uns gedacht, und besuchten sie letzte Woche in ihrem Studio in Helsinki. Was wir dort zu hören bekamen, erwies sich dann aber tatsächlich als die Art von Lektion, die sich die Urheber der immer gleichen elektronischen Presetsuppe da draußen gern zu Herzen nehmen dürfen. Lessons spielen einen vielschichtigen, von jeder Menge analoger Synth- und Drummachine-Kästen gefütterten Sound zwischen Space-Disco und Post-Punk, zitieren Shoegaze-Träume genauso wie konkrete four-to-the-floor-Bewegung. Die Beats und Arrangements kommen von den Finnen Samu und Ville Kuukka (The Gentleman Losers), die Vocals von dem in Leipzig lebenden Patrick Sudarski (Palestar, Speed Mountain, Montauk). Exakt heute, am 16.08. erscheint ihre erste Single „Double Or Nothing“—das Video findet ihr weiter unten.

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Wir sanken also in Helsinki in die überaus gemütliche Lessons-Studiocouch und wollten erstmal wissen, wie diese nicht unbedingt übliche Bandkonstellation zustande kam.

Noisey: Ein Deutscher und zwei Typen aus Finnland—wie konnte das denn passieren?
Patrick: Ich habe vor zwei Jahren zusammen mit Will Samson in dieser kleinen Bar in Berlin gespielt. Und die beiden waren zufälligerweise auch da, auf Urlaub oder so. Und ihr müsst es wohl irgendwie gemocht haben.
Samu: Wir mochten es sehr.
Patrick: Ich glaube, Will fandet ihr auch ziemlich gut, aber glücklicherweise war ich dann der Auserwählte, haha.
Ville: Genau, du hast das Casting gewonnen.
Patrick: Dann ging es damit los, dass wir Emails hin und her schickten, versuchten, irgendeinen ersten Schritt zu machen. Ich verließ Deutschland für eine Weile, ging nach Argentinien für ein halbes Jahr. Jedenfalls schickten sie mir ganz am Anfang die Skizze eines Songs und danach dann nur noch ellenlange Mails, in denen sie sich dafür entschuldigten, dass es nicht voran geht. Irgendwann verlor ich dann die Hoffnung, das war so vor einem halben Jahr, doch plötzlich schickten sie einen weiteren Mix, der mich komplett umgehauen hat. Das war der Moment, in dem wir alle begannen, mit mehr Einsatz und Energie an der Band zu arbeiten.
Samu: Vorher ging es einfach nicht, wir haben viel Filmmusik produziert, mussten Geld verdienen und hatten einfach zu viel zu tun. Diese Jobs haben unsere gesamte Zeit gefressen. Jetzt endlich haben wir es geschafft, all das auf Eis zu legen und uns komplett auf Lessons zu konzentrieren.

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Wie sieht der Stand der Dinge bei Lessons aus?
Patrick: Wir waren in den letzten Monaten echt produktiv. Die Jungs arbeiten sich den Arsch ab, schicken mir Songs, ich überlege mir Vocalideen dazu und alle paar Wochen komme ich dann nach Finnland, um die Parts einzusingen. Wir hatten auch überlegt, dass ich die Gesangsparts einfach in Leipzig fertig mache, aber wir haben hier viel bessere Möglichkeiten. Außerdem ist es besser für das Bandfeeling, sich ab und zu mal zu sehen.

Du bist ja selber auch Songwriter. Juckt es dich nicht, in die Arrangements einzugreifen?
Patrick: Nicht wirklich. Die Sachen, die die Jungs produzieren sind so brillant, dass ich selten darüber nachdenke. Ich bringe hier und da kleine Ideen ein, aber mehr auch nicht. Ich denke mir Gesangslinien aus, wenn sie nicht schon da sind. Zwei Songs auf dem Album sind alte Songs von mir, die für Lessons umarrangiert wurden.

Ville und Samu, ihr habt gerade von eurer Arbeit an Filmmusik erzählt. Was habt ihr noch in der Vergangenheit gemacht? Gab es noch andere Bandprojekte?
Ville: Wir haben noch eine andere Band names The Gentleman Losers. So eine Art Postrock-Ambient-Irgendwas. Weiß selber nicht genau, was es ist. Es hört sich auf jeden Fall komplett anders an als das, was wir jetzt machen. Wir haben zwei Alben auf City Centre Offices rausgebracht. Aber auch bei der Band ist eine Weile nichts passiert. Wir mussten einfach etwas Neues machen, neue Richtungen ausprobieren.

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Produziert ihr vorwiegend mit analogem Equipment? Wie geht ihr vor?
Ville: Ja, wir haben eine ganz ordentlich Sammlung von Drum Machines und Synthesizern. Die benutzen wir sehr häufig.
Samu: Und sie geben einem auch jede Menge Ideen. Dieser Jupiter 4 hier steckt voller Songs. Jedes Mal, wenn ich das Ding berühre, passiert irgendwas Interessantes.
Ville: Unsere Workstation ist schon recht modern. Aber erst kommen die alten Synthies und dann die moderne Bearbeitung.

Du sagtest gerade, ihr hattet das Gefühl, es sei Zeit für etwas Neues. Welches Soundbild hattet ihr im Kopf, bevor ihr mit Lessons angefangen habt?
Samu: Wir wollten Popmusik machen. Nicht im Sinne von Mainstream.
Patrick: Jeder von uns hat vorher eher introvertierte Musik gemacht und ich glaube, wir alle genießen es zur Abwechslung mal Musik zu machen, zu der die Leute tanzen können. Das hat bei meinen früheren Bands nie funktioniert. Es ging darum, zwei Welten zusammen zu bringen, die des Songwriting und die der Beats. Einfach nur ein statischer 4/4 Beat über fünf Minuten wäre uns natürlich auch nicht genug, wir brauchen schon Hooks und Melodien. Und die Lyrics sollen auch eine Bedeutung haben.

Macht ihr euch im Moment bereits darüber Gedanken, wie ihr das Material live umsetzt?
Samu: Wir reden hin und wieder darüber, aber momentan zählt nur, dass wir die Songs fertig machen, danach denken wir daran, wie wir sie auf die Bühne bringen.
Patrick: Nichtsdestotrotz können wir es nicht erwarten, live zu spielen. Ehrlich, jedes Mal, wenn ich einen der Songs höre, kann ich es nicht erwarten, auf die Bühne zu gehen und das Zeug live zu spielen.
Samu: Ich freue mich auch drauf. Es wird mit der Band viel leichter sein, in Verbindung mit den Leuten zu treten, verglichen mit der eher ruhigen, verkopften Musik, die wir sonst machen.

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Es soll wohl auch eine weitere Person in der Band geben, die sich um live-Visuals kümmert. Warum ist euch die visuelle Seite so wichtig?
Ville: Wir wollen einfach eine gute Show liefern, das ist der Grundgedanke.
Patrick: Da sind auch einige Bilder in den Lyrics, die man auf diese Weise noch etwas verstärken kann. Es macht die ganze Sache einfach interessanter, wenn man diese andere Ebene hat, sich Musik und Optik vermischen und verstärken. Das wird ganz sicher kein Klischeekino werden, keine Wolken im Zeitraffer und blühende Blumen, haha.
Samu: Keine sich drehenden Würfel.

Eure Songs sind komplex, speisen sich aus den verschiedensten Stimmungen. Gibt es musikalische Einflüsse, auf die ihr euch alle drei einigen könnt?
Samu: Eine meiner Lieblingsbands ist Shriekback. Eine Band aus den Achtzigern. Haben wahnsinnig gute Sachen gemacht, auch sehr filmisch, sehr düster, viel Bass. Aber auch so was wie Human League …
Ville: Mit Sicherheit auch Suicide.
Patrick: Auch eine meiner Lieblingsbands, auch so was wie Spacemen 3, Talking Heads. Villes Gitarrenparts sind schon von David Byrne beeinflusst.

Was passiert jetzt als nächstes? Ihr habt genug Songs für ein Album, richtig?
Samu: Wir werden uns jetzt mal bei Labels umhören, verschiedenen Leuten die Songs schicken und mal schauen, was passiert. Vielleicht kommt ein Album, vielleicht eine EP, das müssen wir noch entscheiden. Die erste Single erscheint auf Concordski Records, einem noch recht jungen Label.
Patrick: Die kommt digital raus, bei der MP3-Plattform deines Vertrauens, haha.

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Lessons erste Single Double Or Nothing erscheint am 16.08. digital auf Concordski/Indigo. Du bekommst die Songs u.a. hier.

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