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Interviews

Wir haben mit dem Typen gesprochen, der die Flammenwerfergitarre in ‚Mad Max: Fury Road’ spielt

Wir wollten wissen, wie er die Rolle bekommen und was er wirklich auf der Gitarre gespielt hat.

Musikinstrumente haben lange Zeit als Unterstützung der Kriegsmaschinerie gedient. Während des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges zum Beispiel wurden die amerikanischen und die britischen Soldaten zum Klang von Querpfeifen und Trommeln in die Schlacht getrieben, aber auch irische und schottische Armeen schöpften neuen Mut aus den schrillen und unverwechselbaren Melodien der Dudelsäcke. Als Regisseur George Miller das Casting für Mad Max: Fury Road in Angriff nahm—einem Film über erbarmungslose Kriegerstämme, die um die Kontrolle über ein postapokalyptisches Ödland kämpfen—konnte er natürlich nicht einfach einen kleinen Trommlerjungen oder ein Bataillon mit Dudelsäcken ins Rennen schicken. Nein, stattdessen gibt es in Mad Max den Doof Warrior.

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Der Doof Warrior ist eine blinde, wahnsinnige Kreatur, die mit Gurten auf einer gigantischen, mit hoher Geschwindigkeit durch die Wüste rasenden Kriegsmaschine festgeschnallt ist. Hinter ihm auf dem Truck befindet sich eine riesige Lautsprecherwand und eine Armada von Trommlern. Von diesem monströsen Ungetüm aus lässt Doof verzerrte Metalriffs durch seine Double-Neck Gitarre erschallen—die Miller zufolge übrigens aus Bettpfannen zusammengebaut worden war. Ach ja, die Gitarre funktioniert außerdem noch als amtlicher Flammenwerfer.

In der farblichen Einöde aus Rost und sonnengebleichten Beigetönen fällt Doof mit seinem knallroten Jumpsuit sofort ins Auge. Er sieht aus wie ein verschollenes Slipknot-Mitglied und wurde von Kinobesuchern begeistert aufgenommen. Direkt nach der Filmpremiere war das Internet voll mit Fragen zu dem maskierten Freak und seiner (tatsächlich funktionierenden) Streitaxt (für die Nick Zinner der Yeah Yeah Yeahs etwas Krach produziert hat). Doof war so beliebt, dass er es sogar in die Überschriften einiger Reviews schaffte, obwohl er in dem ganzen Film nicht einmal eine komplette Minute zu sehen ist.

Derartig in einem Film wie Fury Road aufzufallen ist auf jeden Fall schon eine Leistung für sich. Wir sprechen hier immerhin von einem Film, in dem der Hauptdarsteller den ganzen ersten Teil damit verbringt, als hilfloser Blutbeutel missbraucht zu werden, während man ihn vor die Motorhaube eines Kamikaze-Schlittens gespannt hat; einem Film, in dem milchgebende Frauen wie Kühe an Pumpen angeschlossen sind und in dem gigantische Explosionen in einer solchen Regelmäßigkeit vorkommen, dass man sie schon fast zu den Hauptcharakteren zählen kann. Es ist schon beeindruckend, wenn man es schafft, in so einem Film der Teil zu sein, über den am Montagmorgen alle sprechen—ohne auch nur eine Dialogzeile zu haben.

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Doof wird von Sean Hape gespielt—in Australien besser bekannt als iOTA—einem Musicalstar, der schon Frank N. Furter in Aufführungen der Rocky Horror Picture Show, Hedwig in Hedwig and the Angry Inch gespielt hat. Für Hedwig gewann er auch den Helpman Award for „Best Male Actor in a Musical“ vor Hugh Jackman.

Wir haben iOTA in Sydney angerufen, um zu erfahren, wie er die Rolle bekommen hat, wie er mit dem wachsenden Kult um seinen Charakter umgeht und welche Musik in ein postapokalyptisches Szenario passt.

Noisey: Siehst du dich als Schauspieler oder als Musiker?
iOTA: Ich bin Schauspieler, Musiker und Künstler. Ich bin Maler, Performer und Autor. Ich mache schon recht viele Sachen auf einmal. Wenn mich eine davon langweilt, dann kann ich einfach eine von den anderen machen.

Wie bist du an die Rolle in Mad Max gekommen?
Einfach durch die Agentur, bei der ich damals war. Wir wussten, dass Mad Max gedreht werden sollte und ich wollte unbedingt dabei sein. Plötzlich gab es die Rolle und sie fragten mich, ob ich es mal ausprobieren will. Ich habe mich natürlich voll reingehängt. Sie haben mir nur kurz gesagt, dass der Charakter eine Mischung aus Keith Richards und einer Vogelscheuche sein soll.

Gute Beschreibung.
Ich habe also meine Gitarre genommen und ein bisschen Ketih Richards-mäßig rumgespielt, ein paar Moves ausgepackt und mich so gut in Mad Max-Schale geworfen, wie ich konnte.

Was war das für Kleidung?
Ich hatte eine Lederhose an, lauter Gürtel umgeschlungen, Federn auf meinen Schultern und eine schwarze Gimp-Maske aus Leder, die ich falschherum auf dem Kopf trug. Mein Augen hatte ich schwarz übermahlt, meine Zähne braun gemacht und meine Fingernägel schwarz lackiert. Am ganzen Körper trug ich außerdem Ketten und irgendwelchen Schmuck. Ich fand mich selber derartig überzeugend für den Part, dass ich einfach meinte, „Hey Jungs, das ist meiner, gebt ihn mir.“ (lacht)

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Wie war der Dreh? Ich habe gehört, dass ihr sechs Monate in der Wüste verbracht habt?

Ja, wir waren für sechs Monate da draußen. Wir wussten noch nicht, wie viel mein Charakter machen würde oder wann sie mich brauchen würden, also verbrachte ich viel Zeit in Namibia mit Warten. Meistens habe ich dann einfach gemalt oder irgendetwas geschrieben. Ich hatte viel Zeit für mich selbst und konnte mein eigenes Ding machen.

Und wie waren dann die Tage am Set?
Sehr früh natürlich. Man wurde so um drei oder vier Uhr morgens abgeholt und anderthalb oder zwei Stunden raus in die Wüste zum Basislager gefahren. Dort hast du dann dein Kostüm angezogen, gefrühstückt und dann ging es auf den Truck. Sie schnallten mich da oben fest und dort blieb ich dann auch mehr oder weniger die nächsten acht Stunden. (lacht)

Du hingst also tatsächlich an den Gummiseilen und konntest nichts sehen?
Ja, ich war oben auf dem Truck, wir rasten durch die Wüste und ich hatte Gummiseile um meine Hüften—die Gitarre war auch an Gummiseilen festgemacht, weil sie etwa 60 Kilo wiegt. Es ist unmöglich, sie die ganze Zeit hochzuhalten. Ich war nicht blind, bis dann gegen Ende des Films die Maske runterkommt. Da musste ich dann eine Prothese tragen—für ein oder zwei Tage konnte ich mich nur mit meinen Händen orientieren.

Was haben sie dir denn für Anweisungen gegeben, als du da oben warst?
Hm… (lacht)

„Gib dein Bestes“, nehme ich mal an.
In dieser Situation braucht man nicht wirklich viel Anweisungen, würde ich sagen. Es ist eine der abgefahrensten Situationen, in denen man sich überhaupt wiederfinden kann. Um einen herum rasen diese ganzen Autos, überall ist Rauch und Staub und es ist einfach tierisch laut. Ich habe mir einfach die Seele aus dem Leib gebrüllt und mich wie eine Tier benommen. Der Charakter soll ein sehr guter Musiker sein, der ein wenig stumm, ein wenig taub und ziemlich blind ist. Ich habe ihn immer als eine Art Quasimodo gesehen.

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Solltest du auf der Gitarre irgendetwas Bestimmtes spielen oder hast du einfach losgelegt?
Nun die Gitarre war nicht gerade… Es war jetzt keine gute Gitarre. Sie hatte viel Zeit in der Wüste verbracht, man würde wohl keine Aufnahmen damit machen wollen. Die meiste Zeit versuchte ich einfach nur, Krach zu machen. Ich habe ein paar Riffs von AC/DC, etwas Soundgarden und etwas Zeppelin ausgepackt, aber nach acht Stunden fängt man an, einfach nur so darauf herumzudrücken.

Regisseur George Miller im Gespräch mit Kim Taylor Bennett von Noisey

Und die Gitarre konnte wirklich Flammen schießen?
Ja, das funktionierte mit Gas und wurde über den Tremolo-Hebel kontrolliert.

Hast du schon mitbekommen, dass du der Mittelpunkt vieler Diskussionen zu dem Film geworden bist?
Ich bekomme das langsam mit, ein klein wenig. Bis jetzt hatte ich aber nicht besonders viel Zeit, darüber nachzudenken, weil ich mit lauter anderen Sachen ziemlich beschäftigt war. Aber je mehr ich mit Menschen wie dir spreche, desto mehr werde ich mir dessen bewusst.

Der Charakter ist ein wichtiges Element des Films, weil er einem viel über die War Boys offenbart. Der Krieg ist ein so wichtiges Element ihrer Kultur, dass ein extra dafür eingesetzter Gitarrist als Notwendigkeit angesehen wird.
(lacht) Ja, absolut. Er ist ein hochgeschätzter Teil der Truppe.

Es werden wohl weitere Mad Max-Filme gedreht werden. Würdest du in die Wüste zurückkehren, wenn man dich fragt?
Ja, auf jeden Fall. Ich wäre dabei!

Und würdest du auch wieder die flammenwerfende Gitarre halten?
Klar, das hat einfach zu viel Spaß gemacht.

Dan Ozzi wäre auch ganz gerne im nächsten Mad Max Film, also falls George Miller das hier liest… Folgt ihm bei Twitter—@danozzi

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