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Interviews

Interview mit Oscar Isaac: „Schüchternheit ist nicht“

Nicht nur schauspielerisch beeindruckend—Oscar Isaac hat sich vom Punkrocker aus der Not heraus zu einem richtig guten Musiker (und Sänger!) entwickelt.

Als ich das erste Mal den Trailer vom neuen Coen-Film sehe, dachte ich, dass ich mich in der YouTube-Suche vertippt hätte. Ein Film über die Folkszene der frühen 60er Jahre, angesiedelt im New Yorker Greenwich Village. Und eindeutig ein Musikfilm. Konnte das wirklich der neue Film von den Erschaffern von The Big Lebowski, No Country For Old Man und Burn After Reading sein? Es stellte sich raus, es konnte. Als ich dann kurz darauf im Kino saß und ein Presse-Screening von Inside Llewyn Davis sah, bestätigte sich einerseits meine Verwunderung, andererseits erkannte ich deutliche Coen-Elemente: Inside Llewyn Davis ist auf den ersten Blick ein sehr außergewöhnlicher und auf den zweiten dann doch ein typischer Coen-Film—eine intensive Charakterstudie über einen Menschen, der verloren wirkt. Aber eigentlich ist es nicht Llewyn Davis, der verloren ist, es ist die Welt um ihn herum.

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Von der ersten Szene an beeindruckend ist der Hauptdarsteller Oscar Isaac, der bisher eher in Nebenrollen auftauchte (Drive!), mit seinem ersten Coen-Film aber vor seinem Durchbruch stehen könnte und zwar nicht nur schauspielerisch, sondern vor allem auch musikalisch.

Noisey: Du spielst vermutlich schon seit Ewigkeiten Gitarre, oder? Erzähl mal von deiner musikalischen Karriere, hast du in Bands gespielt?
Oscar Isaac: Ja, ich mache bestimmt schon seit 20 Jahren Musik. Nicht wirklich ein Hobby, ich habe nur kein Geld damit verdient, haha.

Was für Musik spielst du denn normalerweise, Folk?
Folk eher nicht. Ich habe schon in so ziemlich jedem Genre gespielt, jede Menge verschiedene Bands…

Und du hast immer Gitarre gespielt?
Nein, in einer Band habe ich tatsächlich Bass gespielt. Ansonsten Gitarre.

Was hast du denn für Musik gemacht?
Nach der High School habe ich in Miami in verschiedenen Bands gespielt, größtenteils Punk oder Ska. Wir waren auch nur regional bekannt, und als ich dann begann, im Theater zu spielen und sich das alles professionalisierte, war mir klar, dass ich die Band aufgeben musste.

Warst du dabei immer der Sänger der Bands?
Nicht so richtig, ich mache Musik, seit ich 13 Jahre alt war, aber gesungen habe ich das erste Mal vielleicht mit 18 oder 19. Ich war ziemlich lange ein verdammt schlechter Sänger. Es war so, dass mein Vater—der ebenfalls ein Musiker ist—mir immer sagte: ,Ihr habt da eine gute Band, aber ihr braucht unbedingt einen Sänger. Du bist kein Sänger!‘ Es gibt tonnenweise schreckliche Aufnahmen von mir, auf denen ich versuche zu singen. So wie ich jetzt singe, hat sich erst in den letzten zwei bis drei Jahren entwickelt, durch professionelles Training.

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Hast du in einer Punkband gespielt, weil du nicht singen konntest?
Ja, (lacht), und spielen konnte ich auch nicht, haha. Ich konnte weder spielen noch singen, also machten wir Punk.

Bist du noch immer in einer Band?
Naja, ich schreibe viele Sachen nur so für mich und dann bin ich noch Teil eines Duos namens Nightlab.

Aber du siehst dich schon in erster Linie als Schauspieler, nicht als Musiker.
Es ist einfach so, dass ich davon lebe und nicht von der Musik.

Träumst du davon, mit der Musik dein Geld zu verdienen?
Nicht wirklich. Also ich würde vielleicht gern mal was veröffentlichen, um meine Musik mehr mit der Welt zu teilen, aber ich weiß nicht…

Ich habe gelesen, dass die Coen-Brüder sehr lang nach der passenden Besetzung für Llewyn Davis gesucht haben. Wie haben sie dich gefunden?
Ich habe vorgesprochen, ganz klassisch, erst bei der Casting-Direktorin, dann direkt vor den Coens. Dann habe ich ihnen einen Song geschickt, die sahen und hörten sich das alles an, dachten darüber nach und entschieden sich, ein Film mit mir zu machen.

Was für ein Lied hast du ihnen geschickt, eins deiner Lieder?
Nein, nein, es war der erste Song, den ich im Film spiele, „Hang Me“.

Ach, dann kanntest du den Song schon?
Nein, sie schickten mir die Szenen für das Vorsprechen und sie gaben mir diesen Song vor, zum Einüben und Aufnehmen.

War es dabei eine Voraussetzung, dass du auch die Gitarre spielst?
Ja, war es.

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War es schwer für dich, das zu lernen?
Anfangs schon, ja. Ich habe diesen ganz bestimmten Fingerpicking-Style bis dahin nicht beherrscht, der sogenannten Travis-Picking-Style, eine sehr außergewöhnliche Art, die Saiten zu zupfen. Ich wusste nicht, wie man das macht, aber ich übte es wie ein Besessener und so lernte ich es.

Irgendwann kam dann der Moment, wo du mit Justin Timberlake und Marcus Mumford zusammenspielen musstest—zwei der größten Musiker der Welt. Wie war es für dich eher ungeübten Musiker, mit den beiden zusammenzuspielen?
Sehr einschüchternd, wirklich. Sie sind große Musiker, sie sind so gut. Justins Stimmumfang ist unglaublich. Natürlich war ich nervös, aber sie haben mich voll unterstützt, es hat so viel Spaß gemacht. Am Ende war es total einfach.

Wie schwer fiel es dir, das erste Mal vor den beiden zu singen?
Ja, das ist hart, aber weißt du, du musst einfach ins kalte Wasser springen, es einfach tun. Go for it. Ich habe diese Rolle bekommen, also blieb mir nichts anderes übrig, Schüchternheit ist nicht.

Was waren deine Berührungspunkte zum Folk, bevor du Teil von Inside Llewyn Davis wurdest?
Als Kind habe ich viel Bob Dylan und Simon & Garfunkel gehört, und Cat Stevens natürlich. All diese Musik ist nach der Zeit entstanden, in der der Film spielt. Diese Folkszene aus Greenwich Village kannte ich allerdings nicht, die Musik hatte ich noch nie gehört und die Vorbereitung auf Inside Llewyn Davis eröffnete mir eine komplette neue Welt.

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Es gibt jede Menge Musikszenen im Film, was ist deine persönliche Lieblingsszene?
Diese eine Szene, in der er für seinen im Altersheim vereinsamenden Vater singt, gefällt mir sehr. Dieser bestimmte Song ist irgendwie seltsam, sehr still und das ist auch die emotionalste Seite von Llewyn, die man im ganzen Film sieht. Und selbst da versteckt er seine Gefühle sogar noch einigermaßen.

Verlosung:

Wir verlosen eine von den Ethan und Joel Coen signierte Schallplatte des Soundtracks und 3 CDs. Schreibt eine Mail mit dem Betreff „Inside Llewyn Davis Soundtrack“ an .

Inside Llewyn Davis startet am 5. Dezember in den deutschen Kinos.

Der Soundtrack mit Musik von Oscar Isaac, Marcus Mumford, Justin Timberlake und T-Bone Burnett ist bei Nonesuch Records erschienen, kauft ihn bei iTunes oder Amazon.

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