Die alten, glorreichen Tage des Punk und Hardcore tendieren dazu, rückblickend romantisiert zu werden. Einen nicht unerheblichen Anteil daran dürfte die Art haben, wie sie damals für die Nachwelt festgehalten wurden. Fast immer, wenn wir Bandfotos aus den 70ern und frühen 80ern sehen, handelt es sich dabei um eindrucksvolle Schwarzweißaufnahmen von Stagedivern, die sich in die Menge stürzen, oder Sängern, die in ihr Mikro schreien, bis dem Betrachter ihre Stirnadern quasi entgegenspringen. Ein Grafikdesigner aus dem schwedischen Malmö hat nun eine sehr einfache Frage in den Raum gestellt: Was wäre, wenn diese Bilder farbig wären?Also hat sich Ulf Hammarkärr ans Werk gemacht und in den letzten paar Monaten alte und ikonische Bilder aus der Punk- und Hardcore-Szene—von Minor Threat vor dem Dischord House bis zu Warzone im CBGB—koloriert und die Ergebnisse bei Instagram gepostet. Die Reaktionen waren laut eigener Aussage positiv und schnell verdoppelte sich die Zahl seiner Follower. Aber was gewinnen wir dadurch, dass wir diese legendären Bilder jetzt in modernem Gewandt sehen? Was verlieren wir dadurch? Wir haben uns mit Hammarkärr unterhalten, um zu erfahren, was er selbst durch sein Projekt gelernt hat.
Ulf Hammarkärr: Zuerst muss man ein Bild finden, das spannend genug und in ausreichend guter Qualität verfügbar ist. Manchmal ist das einfach, manchmal nicht. Manchmal stehe ich in direktem Kontakt zum Fotografen und manchmal greife ich sie mir einfach bei Google ab. Ich mache alles in Photoshop. Bevor ich anfange, betreibe ich eine ausführliche Recherche zu jedem Foto. Ich versuche zum Beispiel herauszufinden, welche Farbe die Gitarre hat. Es ist relativ einfach, andere Farbfotos von der gleichen Show—oder zumindest aus der selben Ära—zu finden. Bei dem Warzone-Foto zum Beispiel gibt es diese blaue Trucker-Cap, die ich in YouTube-Videos gesehen habe. Ich recherchiere also vor allem bei Google, Pinterest, Tumblr und YouTube.
Ja nun, das war eine Sache und außerdem hatte ich die Farbe vom Haus nicht getroffen. Google-Recherchen können einen auch in die Irre führen. Die meisten Fotos von dem Haus sind dunkelrot oder kastanienbraun, aber das war nicht die ursprüngliche Farbe. Das Haus war irgendwann nach den frühen 80ern überstrichen worden. Ich habe dann ein paar Bilder auf Pinterest gefunden und erkannt, dass es davor wahrscheinlich blau gewesen ist. Man muss viel abwägen und herausfinden, was vielleicht gewesen sein könnte. Ich versuche, meine Bilder über das Feedback lebendig zu halten. Wenn mir jemand sagt: „Die Farbe war so und so und ich weiß das, weil ich da war“, dann versuche ich das zu ändern.Hast du von den Fotografen selbst was gehört?
Von ein paar, ja. Ich hatte E-Mail-Kontakt mit Dave Sine, der in den 80ern eine Menge Hardcore-Fotos gemacht hat, und habe ihn nach hochauflösenden Versionen seiner Bilder gefragt. Er meinte sofort zu mir, dass er kein großer Fan von Kolorierungen sei, aber die Idee fand er trotzdem cool. Es fügt diesen alten Bildern eine neue Dimension hinzu, man sieht sie danach mit anderen Augen.
Ein paar Menschen haben mir gesagt, dass sie, indem sie die Bilder in Farbe gesehen haben, plötzlich erkannt haben, dass darauf Sachen zu sehen sind, die tatsächlich passiert sind—und nicht nur historische Aufnahmen von etwas, das extrem romantisiert und überhöht wird. Ich denke, dass das vor allem eine Generationenfrage ist. Ich bin 28 Jahre alt und hatte nie einen Schwarzweißfernseher. Ich habe immer alles in Farbe sehen können. Ich wusste immer, dass es Schwarzweißfotografie gibt, aber habe dazu nie einen solchen Bezug aufbauen können wie zur Farbfotografie. Ich habe alte Fotos für meine Eltern koloriert—und auch wenn sie es cool finden, ist es doch nicht das Gleiche für sie. Sie haben eine ganz andere Beziehung zur Schwarzweißfotografie.
Ich habe gemerkt, dass Mitglieder von anderen Bands im Publikum stehen. Ich hätte sonst wahrscheinlich nie in die Bilder reingezoomt, um zu schauen, wer dort alles zu sehen ist. Aber wenn du damit anfängst, dir jedes einzelne Gesicht anzusehen, dann merkst du plözlich: „Oh! Das ist der Typ von dieser Band.“ Manchmal kommt man sich auch etwas bescheuert dabei vor, wenn man Stunden damit verbringt, die Farbe von Ray Cappos Shorts herauszufinden. Andererseits macht es aber auch Spaß. Die Arbeit an den Fotos entspannt mich.
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Noisey: Wie läuft so eine Kolorierung ab?Ein von Ulf Hammarkärr (@ulfhammarkarr) gepostetes Foto am 18. Mai 2016 um 9:04 Uhr
Ulf Hammarkärr: Zuerst muss man ein Bild finden, das spannend genug und in ausreichend guter Qualität verfügbar ist. Manchmal ist das einfach, manchmal nicht. Manchmal stehe ich in direktem Kontakt zum Fotografen und manchmal greife ich sie mir einfach bei Google ab. Ich mache alles in Photoshop. Bevor ich anfange, betreibe ich eine ausführliche Recherche zu jedem Foto. Ich versuche zum Beispiel herauszufinden, welche Farbe die Gitarre hat. Es ist relativ einfach, andere Farbfotos von der gleichen Show—oder zumindest aus der selben Ära—zu finden. Bei dem Warzone-Foto zum Beispiel gibt es diese blaue Trucker-Cap, die ich in YouTube-Videos gesehen habe. Ich recherchiere also vor allem bei Google, Pinterest, Tumblr und YouTube.
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Mir ist aufgefallen, dass du bei deiner Kolorierung der berühmten Aufnahme von Minor Threat vor dem Dischord House geschrieben hast, dass du das Bild noch einmal überarbeitet hast, weil du in der Zwischenzeit herausgefunden hattest, dass Ians Vans rot waren.Ein von Ulf Hammarkärr (@ulfhammarkarr) gepostetes Foto am 6. Mai 2016 um 15:17 Uhr
Ja nun, das war eine Sache und außerdem hatte ich die Farbe vom Haus nicht getroffen. Google-Recherchen können einen auch in die Irre führen. Die meisten Fotos von dem Haus sind dunkelrot oder kastanienbraun, aber das war nicht die ursprüngliche Farbe. Das Haus war irgendwann nach den frühen 80ern überstrichen worden. Ich habe dann ein paar Bilder auf Pinterest gefunden und erkannt, dass es davor wahrscheinlich blau gewesen ist. Man muss viel abwägen und herausfinden, was vielleicht gewesen sein könnte. Ich versuche, meine Bilder über das Feedback lebendig zu halten. Wenn mir jemand sagt: „Die Farbe war so und so und ich weiß das, weil ich da war“, dann versuche ich das zu ändern.
Ein von Ulf Hammarkärr (@ulfhammarkarr) gepostetes Foto am 2. Apr 2016 um 13:17 Uhr
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Von ein paar, ja. Ich hatte E-Mail-Kontakt mit Dave Sine, der in den 80ern eine Menge Hardcore-Fotos gemacht hat, und habe ihn nach hochauflösenden Versionen seiner Bilder gefragt. Er meinte sofort zu mir, dass er kein großer Fan von Kolorierungen sei, aber die Idee fand er trotzdem cool. Es fügt diesen alten Bildern eine neue Dimension hinzu, man sieht sie danach mit anderen Augen.
Aber geht dadurch nicht diese nostalgische Schönheit des Schwarzweiß verloren?Ein von Ulf Hammarkärr (@ulfhammarkarr) gepostetes Foto am 19. Apr 2016 um 15:24 Uhr
Ein paar Menschen haben mir gesagt, dass sie, indem sie die Bilder in Farbe gesehen haben, plötzlich erkannt haben, dass darauf Sachen zu sehen sind, die tatsächlich passiert sind—und nicht nur historische Aufnahmen von etwas, das extrem romantisiert und überhöht wird. Ich denke, dass das vor allem eine Generationenfrage ist. Ich bin 28 Jahre alt und hatte nie einen Schwarzweißfernseher. Ich habe immer alles in Farbe sehen können. Ich wusste immer, dass es Schwarzweißfotografie gibt, aber habe dazu nie einen solchen Bezug aufbauen können wie zur Farbfotografie. Ich habe alte Fotos für meine Eltern koloriert—und auch wenn sie es cool finden, ist es doch nicht das Gleiche für sie. Sie haben eine ganz andere Beziehung zur Schwarzweißfotografie.
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Was hast du durch deine Arbeit an den Fotos über diese Bands oder die Szene gelernt?Ein von Ulf Hammarkärr (@ulfhammarkarr) gepostetes Foto am 11. Apr 2016 um 15:05 Uhr
Ich habe gemerkt, dass Mitglieder von anderen Bands im Publikum stehen. Ich hätte sonst wahrscheinlich nie in die Bilder reingezoomt, um zu schauen, wer dort alles zu sehen ist. Aber wenn du damit anfängst, dir jedes einzelne Gesicht anzusehen, dann merkst du plözlich: „Oh! Das ist der Typ von dieser Band.“ Manchmal kommt man sich auch etwas bescheuert dabei vor, wenn man Stunden damit verbringt, die Farbe von Ray Cappos Shorts herauszufinden. Andererseits macht es aber auch Spaß. Die Arbeit an den Fotos entspannt mich.
Noch mehr Arbeiten von Ulf findest du bei Instagram.**Dan Ozzi ist bei Twitter—@danozzi**Folgt Noisey bei Facebook und Twitter.Ein von Ulf Hammarkärr (@ulfhammarkarr) gepostetes Foto am 26. Apr 2016 um 14:49 Uhr