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Popkultur

Die Grünen haben die CSU wegen Facebook-Hetze angezeigt

Der Grund sind allerdings nicht rechtspopulistische Phrasen gegen Migranten—sondern negative Äußerungen gegen Claudia Roth.
Foto: imago | Felix Abraham

Wo hört Meinungsfreiheit auf und fängt potentielle Volksverhetzung an? Eine Frage, die in den vergangenen Monaten flächendeckend diskutiert wurde—mit unterschiedlichem Fazit. Mal wurde dazu aufgerufen, rechte Kommentare nicht nur zu löschen, sondern die Urheber auch anzuzeigen oder bei ihren Arbeitgebern zu verpfeifen. Andere warnten davor, eine Art facebook-internen Überwachungsstaat aufzubauen, wieder andere befanden sich argumentatorisch irgendwo dazwischen. Auf eine Sache konnten sich aber nahezu alle einigen: Facebook selbst verhalte sich bei der Ahndung von hetzerischen und beleidigenden Kommentaren deutlich zu passiv.

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Wenn die Plattform selbst also nicht reagiert, sind gerade bei den Seiten mit großer Reichweite die Community-Betreuer gefragt. Da muss ein Auge darauf gelegt werden, wann Grenzen überschritten werden und Äußerungen eine tendenziell gefährliche Richtung einschlagen. Ein Job, den die CSU in den vergangenen Wochen scheinbar nicht ganz so ernst genommen hat—zumindest wenn es nach den Grünen geht. Wie Zeit Online berichtet, haben die nämlich Strafanzeige gegen ihre politischen Widersacher erstattet. Der Grund: mehrere Kommentare „mit Beleidigungen, über Nachrede und Verleumdungen", wie die Fraktionsvorsitzende Margarete Bause am Montag in München verkündete, gegen die die CSU auch nach mehrmaliger Aufforderung nicht vorgegangen sei.

„Ich möchte nicht in einem Land leben, in dem Leute beim Arbeitgeber verpfiffen werden"—Jan Böhmermann im Interview.

„Kein Wunder, bei der Asylpolitik!", mag sich jetzt der ein oder andere politisch interessierte Leser denken. Aber nein, in diesem Fall geht es ausnahmsweise mal nicht um rassistische Aussetzer besorgter Bürger. Die zur Anzeige gebrachte Hetze soll sich gegen Grünen-Politikerin Claudia Roth gerichtet haben. Eine Person, die immer wieder für ihre asylfreundliche Position angefeindet wird. Neben Beleidigungen, die bei Facebook mittlerweile an der Tagesordnung zu sein scheinen, soll auch konkret zu Gewalt gegen die 60-Jährige aufgerufen worden sein. So wurde sie nicht nur als „verkiffte Bekloppte" bezeichnet, sondern auch empfohlen, sie am „nächsten Baum" aufzuhängen.

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Der Auslöser für den Unmut der CSU-Anhänger schien vor allem Roths Teilnahme an einer Demo gegen die AfD in Hannover gewesen zu sein. Dort seien von Linksradikalen Sprüche wie „Deutschland, du mieses Stück Scheiße" skandiert worden, der Freisinger CSU-Abgeordnete Florian Herrmann hatte die Grünen-Politikerin daraufhin in einer Pressemitteilung für die „Radikalisierung der Gesellschaft" mitverantwortlich gemacht.

Die CSU reagierte auf die rechtlichen Schritte der Grünen, social-media-affin wie man als Partei nun mal ist, ebenso verspätet wie pragmatisch. Am gestrigen Abend postete der offizielle Account innerhalb einer Stunde den immergleichen Text unter die neuesten Beiträge, in dem er zu einer gemäßigteren Diskussionskultur mahnte: „Liebe Nutzer, wir möchten euch nochmal bitten sachlich zu diskutieren. Beleidigende oder herabwürdigende sowie rassistische und gewaltverherrlichende Beiträge jenseits einer sachlichen Auseinandersetzung haben hier nichts zu suchen."

Ob das als Deeskalationsmaßnahme reicht, ist fragwürdig.


Titelfoto: imago | Felix Abraham