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Kommentar

Farid Bang und die Frage, seit wann es witzig ist, Frauen zu schlagen

"In Farid Bangs Gewalt-Post wird einer extrem jungen Fanbase ohne jeglichen doppelten Boden verklickert: Frauen schlagen ist OK." – Unser Autor über die jüngsten Entgleisungen des Rappers.

Fotos: Imago / Instagram "faridbangbang"

Wenn die BILD-Zeitung einem Rapper eine Überschrift widmet, dann freut sich dieser eher selten. Schwarzhaarige MCs schaffen es meist nur mit Prügeleien, häuslicher Gewalt, Steuerhinterziehung oder Salafismus in die größte Zeitung Deutschlands. Schließlich ist es das, was die Leser vermeintlich wollen: Feindbilder bestätigt sehen.

Letzte Woche hat es dann Farid Bang erwischt. Ausnahmsweise mal zu Recht. "Frauen sind auch Menschen" lautete die Überschrift – ein aktuelles Zitat des "Frauenverstehers" Farid aus einem Video auf Facebook.

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Grund für die "Rechtfertigung" war ein mehr als geschmackloser Post Farids auf Instagram, der sich auf ein Foto des Models Elena Carrière bezog. Mit dem Originalfoto, welches Carrière buchstäblich grün und blau geschminkt zeigt, wollte sie auf häusliche Gewalt gegen Frauen in Deutschland aufmerksam machen. Farids Kommentar zu diesem Bild: "Die junge Dame hier kann sich mit Sicherheit einige tolle Schminktipps von meiner Ex abholen. Vielleicht bringe ich auch bald Make Up mit genau der Farbe raus: abortion purple."


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Im Rap ist es seit jeher gang und gäbe, eine etwas härtere Gangart an den Tag zu legen. Das muss man nicht gut finden. Man muss aber auch nicht unwissend nach vorne preschen, um den die Jugend verrohenden Sexismus im Rap anzuprangern. (Never Forget: Alice Schwarzer & Orgi69 bei Anne Will). Sexismus ist in der Gesellschaft allgegenwärtig. Und zwar in wesentlich perfiderer Form, als es ein Bushido oder Frauenarzt je schaffen werden. Wenn jemand in der ersten Zeile behauptet, täglich 500 Kilo Kokain über die Grenze zu schmuggeln und in der zweiten davon spricht, Frauenrechte so ernst zu nehmen wie Mahmud Ahmadinedschad , dann handelt es sich offensichtlich um Satire beziehungsweise grenzenlose Übertreibung. So verhält es sich ab und an dann auch bei Farid Bang. Textzeilen wie "Als ich Wind bekam von der freien Meinungsäußerung für Frau'n / Ja da hab ich äußerst dumm geschaut" muss man zwar nicht feiern, kann man aber. Man weiß diesen Humor inzwischen einzuordnen, auch wenn man ihn nicht teilt.

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Anders verhält es sich bei Farids Gewalt-Post. Ganz abgesehen davon, dass es sich dabei nicht um Musik, also auch nicht um Kunst oder dergleichen handelt, wird hier einer extrem jungen Fanbase ohne jeglichen doppelten Boden verklickert: Frauen schlagen ist OK. Das wirft die Frage auf: Seit wann!? Wie passt diese "Haltung" mit dem Image des Überbosses und Ehrenmannes zusammen? In der Regel handelt es sich ja um ein körperlich unterlegenes Gegenüber. Was soll daran also cool oder witzig sein? Die mehr als ekelhafte Pseudo-Ausrede "Wer redet wie ein Mann, kriegt Schläge wie ein Mann" ist der Inbegriff des sich von emanzipierten Frauen bedroht fühlenden Chauvinisten. Aber das ist nicht alles. Farid Bang ist in der Vergangenheit immer wieder auch in seiner Musik durch grenzüberschreitende Lines gegen Frauen aufgefallen. Prominentestes Beispiel: "Egal ob es Rapper oder Fotzen sind / Miss Platnum, ich breche dir dein Doppelkinn". In diesen Zeilen steckt nicht ein Funken Humor oder ironische Selbstübertreibung. Es handelt sich schlicht und einfach um Gewaltandrohungen eines Typen, der, auch laut eigener Aussage, zu viel Anabolika spritzt.

Bedenklich ist das vor allem dann, wenn in Interviews und Erfahrungsberichten von Weggefährten immer wieder durchschimmert, dass das Umfeld des Rappers diese Attitüde auch im echten Leben an den Tag legt. In der Branche ist das alles kein Geheimnis. Das Problem ist nur: Farid Bang verkauft zu viele Platten, als dass die Industrie ihn für solche Aussagen boykottieren würde.

Als der damalige Newcomer G-Hot 2010 "Keine Toleranz" veröffentlichte und damit ein menschenverachtendes Weltbild an den Tag legte, das seinesgleichen sucht, bescherte ihm das einen Karriereknick, von dem er sich bis heute nicht erholt hat. Farid Bang hingegen spielt bei Fack ju Göhte mit, ist Werbeträger für einen der größten Fitness Supplements-Hersteller Deutschlands namens Zec Plus und besucht regelmäßig rote Teppiche. Denn in den Chefetagen der Plattenindustrie sitzen Menschen, die Nuancen im Rap nicht mehr erkennen können oder sogar der Meinung sind, dass derartige, vermeintlich verkaufsfördernde Gewaltfantasien eben dazugehören.

Es gibt einen Unterschied zwischen übertriebenen Gangster-Lines, dem amüsanten Austeilen in alle Richtungen oder eben der dumpfen Bedrohung und Herabwürdigung von Frauen. Aber solange sich hinter den Kulissen nichts ändert, wird es auf der Bühne weitergehen wie zuvor.

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