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Schwesta Ewa ist hochschwanger – was erwartet eine frische Mutter hinter Gittern?

Schwesta Ewa hat in einem herzerweichenden Post auf Instagram verkündet, schwanger zu sein. Und dass es durchaus wahrscheinlich ist, dass ihr Kind im Gefängnis zur Welt kommen wird. Wie läuft sowas ab?
Schwesta Ewa schwanger Selfie
Foto: Screenshot von Instagram.com/schwestaewa

Update vom 12. Dezember 2018:

Lange war nicht sicher, ob Schwesta Ewa ihr Kind im Gefängnis zur Welt bringen muss. Nach ihrer Instagram-Story vom 11. Dezember ist klar: Die Gerichtsverhandlung der hochschwangeren Rapperin findet erst am 28. Februar 2019 statt und liegt damit nach ihrem voraussichtlichen Entbindungstermin. "Es könnte quasi passieren, dass ich im Bundesgerichtshofsaal entbinde, aber mein Kind wird nicht im Knast geboren", gibt sie sich erleichtert und bedankte sich beim Bundesgerichtshof. Schwesta Ewa ist im achten Monat schwanger. Sie ist wegen Körperverletzung, Steuerhinterziehung und Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger angeklagt.

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Für die meisten Frauen ist die Nachricht, ein Kind zu erwarten, gleichzeitig einer der glücklichsten und angsteinflößendsten Momente im Leben. Aber wie so oft in Schwesta Ewas Biografie läuft auch dieser Lebensabschnitt bei ihr ein wenig anders ab als bei den meisten. Die 34-Jährige erwartet ihr erstes Kind – und gleichzeitig eine Haftstrafe von zwei Jahren und 6 Monaten wegen 35-facher Körperverletzung, Steuerhinterziehung und Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger. Es ist ziemlich wahrscheinlich, dass sich beide Ereignisse überschneiden werden.

"So wie es zurzeit ausschaut, bekomme ich mein Kind im Knast!!! 2 Pac's Mutter hat es auch geschafft oder?", beginnt Ewa die Caption zu ihrem neuesten Instagram-Bild. Darin posiert sie mit einer schon ziemlich ansehnlichen Babykugel. Wer hier einen späten Halloween-Scherz oder sonstigen Prank vermutet, wird im Laufe der Bildüberschrift jedoch überzeugt: Ja, das wird wirklich passieren. Irgendwie classic Ewa.

"Es war halt nicht geplant, aber so ist es nunmal geschehen … Bin 34 Jahre alt und bekomme mein erstes Kind." Neben der Bitte, geschmacklose Witze über ihr Ungeborenes zu unterlassen, hat Ewa noch einen weiteren Wunsch: "Betet bitte für mich, das [sic] wir einen Platz im Mutter-Kind-Gefängnis bekommen."

Ein Kind im Knast bekommen – geht das eigentlich? Und falls ja: Wie hat man sich die kommenden Monate für Ewa vorzustellen?


Broadly-Video: "Mutterschutz – im Gespräch mit Frauen aus der ganzen Welt"

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In einigen Ländern, wie beispielsweise den USA, geben viele werdende Mütter ihre Kinder direkt nach der Geburt ab und müssen alleine in ihre Zelle zurückkehren. In Deutschland gibt es Alternativen zu dieser Praktik. Teilweise. In Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen können Frauen nach der Geburt mit ihrem Neugeborenen die Strafe absitzen.

In so genannten Mutter-Kind-Heimen können verurteilte Mütter, deren Kinder noch zu jung für die Schule sind, gemeinsam mit ihnen und anderen Müttern ihre Strafe absitzen. Unterstützt werden sie dabei von Sozialpädagoginnen und Erziehern. Und nicht zuletzt von einander.

Absitzen bedeutet in dem Fall: tagsüber in den Anstaltsbetrieben arbeiten gehen, an Ausbildungsmaßnahmen teilnehmen, oder – falls ein offener Vollzug gewährt wurde – außerhalb des Heims arbeiten. Sobald man dazu in der Lage ist, natürlich. Die gesetzlichen Schutzfristen gelten nämlich auch im Knast. Während die Mütter beschäftigt sind, betreuen Erzieherinnen und Erzieher die Kindergruppen.

Das Mutter-Kind-Heim der Justizvollzugsanstalt Frankfurt am Main III, das im Falle des Falles vermutlich Schwesta Ewa und ihr Kind aufnehmen würde, wurde 1975 eröffnet und war das erste seiner Art in Deutschland. Insgesamt können dort 23 Insassinnen mit ihren Kindern leben, es gibt fünf Haftplätze im geschlossenen und 18 Plätze im offenen Vollzug. Und leben, das sieht im Mutter-Kind-Heim ein wenig besser aus als im normalen Vollzug. Wobei man sich natürlich schönere Szenarien vorstellen kann, als ein Kind in Gefangenschaft zu bekommen – egal, wie die auch aussehen mag.

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Wie das Justizministerium Hessen in einer Info-Broschüre erklärt, bekommt jede Mutter neben ihrer eigenen "Zelle" – eigentlich eher ein Wohnbereich – die Möglichkeit, ein Wohnzimmer, eine Teeküche, ein Spielzimmer sowie eine Kinderküche zu nutzen. Das ist cool und auch sehr sinnvoll, Kinder brauchen schließlich Platz. Auch solche, die von einem Häftling auf die Welt gebracht wurden.

Was sogar noch sinnvoller ist als ein Platz im Mutter-Kind-Heim einer JVA: neuen Müttern die Möglichkeit bieten, ihre Strafe im offenen Vollzug abzusitzen. "93 Prozent der inhaftierten Frauen stellen keine Gefahr für die Öffentlichkeit dar", zitiert der SWR Lydia Halbhuber-Gassner, die beim Sozialdienst katholischer Frauen in München für Straffälligenhilfe zuständig ist.

Nur fünf Prozent der Gefängnisinsassen in Deutschland sind Frauen. Von diesen fünf Prozent ist nur ein Bruchteil wegen Gewaltdelikten inhaftiert. "Sie sitzen wegen Eigentumsdelikten, Betrug, Drogen, Schwarzfahren – es wäre überhaupt kein Problem, die allermeisten Frauen in einem offenen Vollzug unterzubringen", so Halbhuber-Gassner.

Natürlich müssen auch Insassinnen mit Kindern die Auflagen erfüllen, um für einen gelockerten Strafvollzug infrage zu kommen. Das hängt vor allem davon ab, ob der oder die Gefangene droht, zu fliehen oder erneut straffällig zu werden. Der letzte prominente, kugelbäuchige Verurteilte, dem ein offener Vollzug gestattet wurde, war Uli Hoeneß. Ob man bei Ewa ähnlich großzügig sein wird?

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Bis jetzt ist noch nicht bekannt, wann genau Ewa ihre Haftstrafe antreten muss. Ob sie dann den offenen Vollzug und einen Platz im Mutter-Kind-Heim der JVA Frankfurt bekommt, steht noch in den Sternen. Normalerweise ist ein Kind ein Hoffnungsschimmer am Horizont – selbst wenn man ihn durch Gitterstäbe hindurch betrachten muss. Hoffentlich auch für Ewa.

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