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17-Jährige wird massiv bedroht, weil sie übertrieben gut in Overwatch ist

Einer jungen Gamerin wird in Südkorea mit dem Messer gedroht, weil sich andere Pro-Gamer durch ihre übertrieben gute Spielweise bedroht fühlen.
Der muskelbepackte, weibliche Overwatch-Charakter Zarya bricht mit bisherigen Rollenkonventionen von Frauen in Videospielen. | Bild: Blizzard Entertainment Inc.

Die 17-jährige Se-yeon Kim, besser bekannt unter ihrem Gamer-Namen „Geguri" gehört schon heute zu den besten Overwatch-Playern der Welt. Wie gut die junge Koreanerin mit einer beeindruckenden Kill/Death-Rate von 6.31 zu 1 und einer Erfolgsquote von 80% tatsächlich ist, hat sie erst kürzlich wieder unter Beweis gestellt. Bei der Qualifikation für den Nexus Cup führte sie ihr Team UW Artisan zum Sieg und verbaute dabei auch einigen etablierten E-Sport-Teams die Teilnahme an der Endrunde. Nach dem Turnier und der dortigen überragenden Leistung sah sich die junge Koreanerin allerdings mit wüsten Unterstellungen statt mit der Anerkennung ihrer Kollegen konfrontiert.

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Ihre überdurchschnittliche Performance hat einige Overwatch-Spieler dazu bewegt, sie nach dem Turnier des Betruges zu bezichtigen. Die beiden professionellen koreanischen Overwatch-E-Gamer Strobe und ELTA waren davon so überzeugt, dass sie sich auf eine gewagte Wette einließen: Sie kündigten an, sich aus dem professionellen E-Sport zurückzuziehen, wenn Geguri ihren Sieg ohne Schummeln errungen hat. Für ihre Anschuldigungen konnten die Kollegen allerdings keine weiteren Beweise vorbringen. Tatsächlich waren die Vorwürfe nicht das erste Mal, dass sich Geguri massiven Angriffen außerhalb der Gaming-Arena ausgesetzt sah—in der Vergangenheit kam es sogar schon zu Androhungen körperlicher Gewalt.

In einem koreanischen Overwatch-Forum soll der Pro-Gamer Strobe von Team Dizziness die Höchstleistungen von Geguri mit unverhohlenen Drohungen kommentiert haben—das zumindest schreibt ein User des Inven-Forums in einer nachträglichen Zusammenfassung der Diskussion. Laut Kotaku wird Strobe auf dieser Inven-Seite folgendermaßen zitiert: „Sollte sich aus dieser ganzen Sache (Anm.: gemeint ist die Debatte ob Geguri betrogen hat oder nicht) irgendwelche Probleme mit unseren Sponsoren ergeben, würde ich mit einem Messer in der Hand zu Geguris Haus gehen. Kein Scherz." Tatsächlich ist es schwer, den auf koreanisch geschriebenen Slang-gespickten Satz eindeutig zu übersetzen. Klar ist jedoch, dass die Aussage für koreanische Leser durchaus als Androhung physischer Gewalt verstanden wird und dass davon gesprochen wird, mit einem Messer Geguris Haus einen Besuch abzustatten.

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Diese scharfe Rhetorik und die online augezeichnete Drohung hat auch deshalb für Aufsehen gesorgt, weil erst einen Monat vorher eine Frau in Seoul auf einer öffentlichen Toilette brutal erstochen wurde, wodurch eine große gesellschaftliche Debatte über die Sicherheit von Frauen in Süd-Korea ins Rollen kam.

Wohlwollend ließe sich die Debatte und die drastische Wortwahl von Strobe so lesen: Sollte Geguri tatsächlich einen Weg gefunden haben, um, wie Strobe glaubte, unbemerkt zu betrügen, könnte das eine Gefahr für die Finanzierung und Anerkennung des E-Sports allgemein und Strobes Karriere als professioneller E-Sportler im Speziellen darstellen. Die mögliche Logik: Sollte es ihr gelungen sein, die technischen Kontrollen zu überlisten, würde es auch anderen gelingen und somit hätte er als nichtbetrügender Spieler auf lange Sicht keine Chance mehr auf einen Profivertrag.

Nicht auszuschließen ist aber auch ein anderes, deutlich weniger ausgetüfteltes Denkmuster: Die wiederholten Angriffe auf Geguri sind schlicht eine sexistische Reaktion darauf, dass eine Frau besser ist als viele andere Gamer.

Blizzard Korea nahm diese Vorwürfe jedenfalls sehr ernst und ging der Sache nach. Nach eingehender Prüfung wurde dem Teammanager von Geguri bestätigt, dass bei ihr keinerlei Hilfsprogramme verwendet werden. Die 17-Jährige ist eben einfach eine überdurchschnittlich gute Gamerin—warum auch nicht?

Und weil sie es kann, hat Geguri nun auch noch in einem einstündigen Videostream nachgewiesen, wie gut sie zocken kann:

Fraglich ist, ob diese Debatte ähnlich hitzig geführt worden wäre, wenn hinter Geguri ein männlicher Spieler stecken würde. Dass es in Teilen der Gaming-Szene noch immer ein Sexismusproblem gibt, ist bereits seit längerem ein Thema in der verhältnismäßig Männer-dominierten Szene. Im Zuge der Debatten um Gamer-Gate ging die Online-Diskussion dabei bereits so weit, dass es auch zu Morddrohungen gegen Frauen kam, die sich zu dem Problem äußerten.

Strobe und seine Kollegen entschuldigten sich mittlerweile bei Geguri für ihre Anschuldigungen—und sie haben Wort gehalten und sich wie angekündigt aus dem professionellen Overwatch-Zocken zurückgezogen.

Mitarbeit als Übersetzer Kyuwook Oh