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Extremismus

Die Stadt Leipzig macht Werbung für eine salafistische Moschee

Und das, obwohl der Imam vom Verfassungsschutz beobachtet wird.
Die Al-Rahman-Moschee in Leipzig | Foto: imago | Star-Media

Interkulturelle Wochen sollen Vorurteile bei Menschen abbauen. Kirchliche Verbände organisieren sie in ganz Deutschland, so auch in Leipzig, wo sie aktuell unter dem Motto "Vielfalt verbindet" stattfinden. Menschen verschiedener Religionen und Herkünfte sollen sich bei Veranstaltungen kennenlernen und austauschen. "Vielfalt und Einheit sind in der Gesellschaft hoch erstrebenswerte Ziele", heißt es in einer offiziellen Broschüre. Im darin enthaltenen Programm taucht aber ausgerechnet ein Ort auf, der nicht gerade für Vielfalt und Toleranz bekannt ist: eine salafistische Moschee, deren Imam der sächsische Verfassungsschutz beobachtet.

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Offiziell enden die Interkulturellen Wochen am 1. Oktober. Das Programm wirbt aber auch für den deutschlandweiten Tag der offenen Moschee, der zwei Tage später stattfindet – am Tag der Deutschen Einheit. Unter den dort gelisteten Moscheen befindet sich auch die Al-Rahman-Moschee. Im sächsischen Verfassungsschutzbericht von 2016 heißt es: "Den Schwerpunkt salafistischer Bestrebungen bildete auch im Jahr 2016 die Al-Rahman-Moschee Leipzig". Der Imam der Moschee ist Hassan Dabbagh, der unter anderem in der Sendung Menschen bei Maischberger den Salafismus verteidigte und Medien eine Verschwörung gegen die Glaubensrichtung vorwarf.


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Laut Verfassungsschutz ist die Al-Rahman-Moschee die größte Moscheegemeinde in Sachsen und wird insbesondere von Migranten besucht. Der Bericht bescheinigt den Aussagen von Imam Dabbagh eine "radikalisierungsfördernde Wirkung", die von jüngeren Muslimen "als Rechtfertigung der Anwendung von Gewalt verstanden werden können". Weiterhin bezeichne Dabbagh andere muslimische Glaubensrichtungen als "Ungläubige".

Im Programm der Stadt Leipzig fehlt der Hinweis auf die salafistischen Tendenzen

Auf ein offenes Kennenlernen wird man dort nicht hoffen können. Trotzdem fehlt im Programm der Stadt Leipzig der Hinweis auf salafistische Tendenzen oder eine Anmerkung zum Bericht des Verfassungsschutzes. Auch ist unklar, wieso die Moschee überhaupt Platz in der Broschüre für die Interkulturellen Wochen gefunden hat.

Auf Nachfrage von VICE sagte Stojan Gugutschkow, Referatsleiter für Migration und Integration, dass die Stadt Leipzig nicht der Veranstalter der Events der Interkulturellen Woche sei, sondern diese nur koordiniere. Die Stadt sehe sich nicht in der Verantwortung, über externe Veranstalter aufzuklären. In Bezug auf die salafistische Moschee weist Gugutschkow darauf hin, dass "gerade die Vielzahl beteiligter Moscheen" den Eindruck korrigiere, "der Imam der Al-Rahman Moschee spräche für alle Muslime in Leipzig". Man gehe davon aus, dass "der interessierten Öffentlichkeit dank der Medienberichterstattung durchaus bekannt ist, dass die Moschee wegen der salafistischen Positionen ihres Imams Gegenstand der Beobachtung durch den sächsischen Verfassungsschutz ist". Ob aber tatsächlich die Mehrzahl der Besucher davon weiß, ist mehr als zweifelhaft.

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Mittlerweile haben sich erste Politiker kritisch zu dem Fall geäußert

Auf der offiziellen Seite des Tages der offenen Moschee findet sich die betreffende Moschee übrigens nicht. Auf Nachfrage von VICE teilte der Verband der islamischen Kulturzentren, einer der Veranstalter, per E-Mail mit: "Die Teilnahme basiert auf Freiwilligkeit und Engagement jeder einzelnen Gemeinde. Darüber hinaus nehmen auch andere einzelne unabhängige Moscheen, die interessiert sind, am Tag der offenen Moschee teil (…)." Dafür bräuchten die Gemeinden keine Erlaubnis und seien deshalb auch nicht in der Liste aufgeführt.

Mittlerweile haben sich erste Politiker kritisch zu dem Fall geäußert. "Wie überall ist auch hier Haltung gefragt", sagte der SPD-Fraktionschef Christoph Zenker der Leipziger Volkszeitung. "Wir erwarten, dass das zukünftig nicht mehr passiert und dieser Veranstaltungshinweis aus dem Online-Angebot für die Interkulturellen Wochen gelöscht wird."

Update: Wir haben den Artikel aktualisiert, nachdem wir die E-Mail vom Verband der islamischen Kulturzentren erhalten haben.

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