FYI.

This story is over 5 years old.

Noisey News

Ein russischer Popstar wurde mutmaßlich gefoltert und getötet, weil er homosexuell war

Seit August wird Zelimkhan Bakayev vermisst. Jetzt soll laut LGBT-Aktivisten klar sein: Tschetschenische Behörden haben ihn getötet.
Foto: Screenshot via YouTube aus dem Video "Зелим Бакаев - Нана" von 

Gilany Stadnik

Eigentlich wollte der Moskauer Sänger Zelimkhan Bakayev Anfang August die Hochzeit seiner Schwester feiern. Dafür reiste er nach Grosny, der Hauptstadt der russischen Teilrepublik Tschetschenien. Dort wurde der 26-Jährige zum letzten Mal gesehen und blieb seitdem verschollen. Seine Eltern wandten sich an die Behörden, bekamen aber nie hilfreiche Antworten. Russische LGBT-Aktivisten fürchteten schon lange, dass der offen homosexuelle Sänger den tschetschenischen Behörden in die Hände gefallen sein könnte. Jetzt haben sich diese Sorgen wohl bestätigt. Laut der US-amerikanischen Gay-Newsseite NewNowNext wurde Bakayev kurz nach seiner Ankunft festgenommen und zu Tode gefoltert.

Anzeige

"Er kam in Grozny an und wurde innerhalb von drei Stunden von der Polizei festgenommen. Innerhalb von zehn Stunden wurde er getötet", wird eine anonyme Quelle zitiert, die gut mit den lokalen Aktivisten vernetzt sein soll. Bereits Ende August hatte der russische LGBT-Aktivist Igor Kochetkov bestätigt, dass der Sänger wegen seiner Homosexualität festgenommen worden war. Ein tschtschenischer Offizieller betonte damals hingegen, dass es Bakayev gut gehe und er sich bald wieder melden werde. Einen Monat später tauchten zwei YouTube-Videos auf, die den Sänger in Deutschland zeigen sollen. Allerdings sind dort russische Energy-Drinks und Möbel zu sehen und lassen daran zweifeln, dass die Videos in Deutschland aufgezeichnet wurden. Bakayevs Instagram-Profil wurde gelöscht, sein Twitter-Account blieb weiterhin inaktiv.


VICE-Video: "Homosexuelle heilen – Hinter den Kulissen der sogenannten Reparativtherapie"


Im April 2017 berichteten Spiegel Online und Zeit Online von gezielten Inhaftierungen mutmaßlich Homosexueller in Tschetschenien. Über 100 Männer sollen damals bei Razzien festgenommen worden sein, mindestens drei starben. Jene, die wieder freigelassen wurden, seien aus dem Land geflohen. In einem HBO-Interview im Juli dementierte der Präsident der tschetschenischen Republik Ramsan Kadyrow diese Berichte: "Bei uns gibt es solche Leute gar nicht. Wir haben keine Schwulen. Und wenn es sie gibt, nehmt sie mit nach Kanada, weit weg von uns, damit unser Blut gesäubert wird." Sein Sprecher hatte bereits im April verlauten lassen, dass sich die Familien schon selbst darum kümmern würden.

Tatsächlich werden laut Zeit Online im Norkaukasus immer wieder Menschen von ihrer eigenen Familie getötet oder verstoßen, wenn sie die Familienehre "beschmutzt" haben sollen. Inhaftierungen und Folter würden aus Angst vor den Behörden oftmals nicht angezeigt, erst recht nicht, wenn es um so etwas Heikles wie die sexuelle Orientierung gehe. Niemand traut sich in der Teilrepublik, offen homosexuell zu sein. Der europäische Gerichtshof hatte zuletzt die russischen Verbote sogenannter "Homosexuellen-Propaganda" scharf verurteilt. Demnach darf in Russland nicht im Beisein Minderjähriger über Homosexualität gesprochen werden, positive Äußerungen dazu im Internet oder anderen Medien sind verboten.

Folge Noisey auf Facebook, Instagram und Snapchat.