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Kanye West hat mich mit einem Privatjet eingeflogen, um sein Album zu hören

What it was like to stand next to Kanye West as he debuted 'ye' to the world after a few complicated months leading up to the release.

Bis vor 24 Stunden bin ich noch nie in einem Privatjet geflogen. Man wartet auf dich, man serviert dir Getränke und man hält dir den Schirm, wenn du im Regen auf das Flugzeug wartest. Die Sitze sind noch gemütlicher als dein eigenes Sofa. Du denkst wirklich viel über diese Sitze nach. Du leerst deinen Drink und der Flugbegleiter bringt dir sofort einen neuen. Du flext auf Instagram. Du legst deine Füße auf den leeren Sitz gegenüber. Du fühlst dich einfach cool.

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Es klingt bescheuert, aber ich weiß jetzt, warum reiche Leute sowas machen. Reich sein fühlt sich super an – und Kanye West ist reich. Dass das jetzt keine besonders bahnbrechende oder erhellende Erkenntnis ist, geschenkt. West ist ein extrem wohlhabender Künstler, der mit einer der – oder vielleicht sogar der – berühmtesten Personen der Welt verheiratet ist: Kim Kardashian. Sie selbst ist ebenfalls sehr reich. Einen guten Eindruck von ihrem Reichtum bekommt man, wenn man sich die Fotos des extrem minimalistisch eingerichteten Beton-Anwesens anschaut, in dem sie mit ihren Kindern Saint, North und Chicago, leben. Du kannst dir kaum vorstellen, wie ein normaler Tag im Hause West-Kardashian aussieht – wenn sie dich nicht gerade genau dafür bezahlen.


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So bin ich keine 24 Stunden zuvor in diesem Privatjet gelandet. Einen Moment lang lebte ich das Leben eines Reichen – und mit mir die anderen Medienvertreter, die nach Jackson Hole, Wyoming, geflogen wurden, um bei der Premiere von Kanye Wests neuem Album ye dabei zu sein. Angesichts der schwierigen bis problematischen vergangenen paar Monate und Kaynes Trump-freundlicher Tweets hatte ich mich schon gefragt, was mich dort wohl erwartet. Was würde er sagen? Wie würde er sich verhalten? Würde das Album die Fragen beantworten, die er mit seinem Verhalten aufgeworfen hat?

Nach der Landung wurden wir zu der Ranch, Diamond Cross, etwas außerhalb im Norden gefahren. Auf der Fahrt durch die malerische Landschaft mit den schneebedeckten Bergen zeigte unser Fahrer, Justin, auf wilde Büffel in der Ferne. Justin trug eine enganliegende Sonnenbrille und sprach mit schwerem Dialekt. Mehrmals fiel "y'all". Im Radio lief Steely Dan. Jemand fragte aus Spaß, ob es nicht auch einen Rapsender geben würde, den wir stattdessen hören könnten. "Ich glaube nicht", entgegnete Justin belustigt. Ja, das hier war eindeutig Wyoming.

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Als wir bei der Ranch ankamen, drückte man uns ein paar gekühlte Getränke in die Hand. Fünf Minuten lang betrachtete ich die Berge in der Ferne. Pferde galoppierten vorbei. Überall wuchsen gelbe Wildblumen. Ich dachte an meine Eltern. Ich dachte an Neil Young. Ich hörte, wie sich Menschen hinter mir über die Luft unterhielten, sie sei geradezu göttlich. Das kommt davon, wenn man ein paar New Yorker mit aufs Land nimmt. Sie fangen an, sich über den Geruch der Luft zu unterhalten.

Die meisten Menschen hier waren nicht sehr Wyoming-typisch angezogen, sondern mehr so, wie man sich für eine Listening-Party mit Kanye West anzieht. Ich hörte Gespräche über 700-US-Dollar-Schuhe. Ein Mann trug ein Leder-Cape. Ein anderer eine Leder-Cap. Trotzdem herrschte auf der Ranch und der roten Scheune eine ruhige Gelassenheit. Ich stellte mir vor, wie West auf die Berge blickt und zu sich sagt: "Ich will einen Song machen, der so klingt." Es gab BBQ. Ich hatte großen Spaß daran, den Mann im Leder-Cape dabei zu beobachten, wie er fettige Grillsachen mit den Fingern isst.

Alles an dieser Veranstaltung war irgendwie surreal. "Prominente", sagen wir immer, "sind genau wie wir." Das ist Schwachsinn – jedenfalls so lange du nicht einen Tag lang reich sein darfst wie ich. Aber von Promis in einer Ranch umgeben zu sein, in der sonst Familientreffen gefeiert werden, nahm den zahlreichen Stars ihre Star-Power. Es war tatsächlich, als wären sie genau wie wir.

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Als Kanye West eintraf, brachte ihm jemand einen Teller Rippchen, die er fröhlich grinsend an einem Stehtisch aß. Kim Kardashian sprach wie beiläufig mit Kid Cudi und als ich ein Foto machte, schaute sie mich direkt an. Es fühlte sich sehr komisch an. Ich beobachtete eine längere Unterhaltung zwischen Jonah Hill und Chris Rock, bei der Jonah offensichtlich viel zu lachen hatte. Nas rauchte die ganze Zeit Zigarre. YesJulz hüpfte durch den Raum und später ums Lagerfeuer. Lil Yachty lächelte für die vielen Fotos. Gegen Ende des Abends hänselte mich 2 Chainz wegen meiner Körpergröße, bevor sich die Kloschlange mit ihm weiterbewegte. Ich kann nicht mit absoluter Sicherheit sagen, dass er sich die Hände gewaschen hat, aber er wird es schon getan haben. Immerhin ist er 2 Chainz.

Der absurdeste Moment der ohnehin absurden Veranstaltung setzte mit dem Beginn des Livestreams ein. Eine laute Stimme leitete uns nach draußen zu einem großen Lagerfeuer. Ich sicherte mir einen Platz direkt neben den Monitorboxen. Dann tauchte Mike Dean neben mir auf und Chris Rock zu meiner Linken. Rock machte einen Witz darüber, dass er nicht von PUSHA-T gedisst werden will, dann wurde sein Ton ernster. "HipHop ist die erste Kunstform, die von freien schwarzen Menschen erschaffen wurde", sagte Rock zur Menge, "und kein Schwarzer hat mehr aus seiner Freiheit gemacht als Kanye West." Die letzten Worte sprach er mit einem Lächeln, während er in meine Richtung schaute. Ich drehte mich um und sah, dass Kanye West links neben mir stand. West lächelte zurück.

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Vor einem guten Monat erst hatte sich Kanye als Trump-Unterstützer geoutet, Sklaverei als freie Entscheidung bezeichnet und irgendwelchen Schwachfug über Gedankenfreiheit in die Welt gesetzt. Ich war mir nicht sicher, ob Chris Rocks Worte Witz oder Kritik sein sollten. Wahrscheinlich waren sie, wie so oft bei ihm, beides auf einmal.

Dann stellte sich Kanye mit Kim im Schlepptau vor mich. Zum ersten Mal konnte ich einen genaueren Blick auf seinen neongrünen Longsleeve werfen. Unter anderem standen dort die Worte "LOVE EVERYBODY". Ich schaute an West vorbei direkt in die Kamera. Da dämmerte mir, dass ich direkt vor Kanye West stehen würde, während er der Welt sein Album vorstellt. Heilige Scheiße.

Die Musik begann. Der erste der sieben Songs handelte von Selbstmordgedanken – und Kanye rappte mir den Text geradezu ins Gesicht. Ich wusste nicht, was ich tun soll. Meine Beziehung zu ihm und seiner Musik hatte im Zuge seiner zweifelhaften Aussagen ziemlich gelitten, aber in diesem Augenblick konnte ich nicht anders, als mich von seiner Anwesenheit mitreißen zu lassen. Hier waren wir, mitten auf einem Feld in Wyoming, die Berge der Teton Range in der Ferne und einer der einflussreichsten Künstler der Welt direkt neben mir, während er die Welt mit in seinen Kopf nahm.

Ich dachte darüber nach, wie West immer gesagt hat, dass man auf Fotos nicht lächeln soll, um cooler auszusehen. Ich lächelte also nicht. Ich schloss meine Augen und hoffte inständig, nicht uncool auszusehen. In meinem Rücken spürte ich den schnaubenden Atem drängelnder Hypebeasts. Ich hielt mein Bier ganz fest. Das Letzte, was ich wollte, war Kanyes grünen Longsleeve während eines Livestreams mit Bier zu bekleckern.

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So ein Star-Status ist mächtig und verwirrend. Diese Menschen sind nicht unsere Freunde, absolut nicht – und trotzdem herrscht in uns dieses bizarre, verzweifelte Verlangen, dass sie sich als solche fühlen. Ganz besonders 2018, wenn sie nur eine Fingerbewegung entfernt sind. Ist es komisch, dass ich nicht aufgeregt war, als ich Kim Kardashian neben 2 Chainz an einem Picknicktisch essen sehen habe? Wahrscheinlich nicht. Immerhin sehe ich beide jeden Tag, wenn ich ihnen bei Instagram folge.

Was machen wir mit Kunst, die von einem Künstler stammt, der dermaßen den Bezug zum Alltag verloren hat? Wir hören sie, schätze ich. Und genau das wollte West: dass wir seine Musik an dem Ort hören, an dem er sie geschaffen hatte. Selbst wenn das bedeutet, ein paar Hundert Menschen durchs halbe Land zu fliegen.

Vielleicht war genau das der Sinn dieser ganzen Listening-Session. West hatte uns alle in seine Welt gebracht und für einen Tag lebten wir wie er. In solchen Momenten, wenn man nur eine Armlänge entfernt von einem Star solchen Kalibers steht, lässt man sich leicht vom Glitter und Glamour blenden. Und vielleicht tat ich das auch! Immerhin hatte man mich in einem Privatjet nach Wyoming geflogen. "Nach der ganzen Geschichte", sagte jemand nach der Party neben mir im Bus, "müssen wir einfach sagen, dass das Album großartig ist."

Die absurde Extravaganz dieser Erfahrung spielt auf jeden Fall eine Rolle. In meinen Augen war es aber viel mehr Kanyes Ziel gewesen, uns sein Werk aus der Perspektive hören zu lassen, aus der er es erschaffen hat: mit Blick auf die Berge, göttliche Luft in unseren Lungen. Natürlich bleibt abzuwarten, ob das reicht, um Fans und Hörer vergessen zu lassen, dass er vor weniger als zwei Monaten noch die rote Trump-MAGA-Mütze trug und die Nähe zu Amerikas Rechten suchte.

Diesen Morgen sagte PUSHA-T zu mir am Flughafen, dass er so stolz auf ye sei. "Das ist genau das, was wir erreichen wollten", sagt er in Bezug auf das Album. "Das ist, worum es bei G.O.O.D. Music geht." Viel nichtsagender geht eigentlich nicht. Als Präsident von G.O.O.D. Music gehört es aber eben auch zu seinen Aufgaben, derartig sinnentleerten Dinge zu sagen. Wie ein echter Politiker fragte er mich daraufhin nach meiner Meinung. Ich müsse meine Eindrücke erst noch verarbeiten, entgegnete ich.

Dann steige ich in meinen Privatjet.

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