Intime und seltene Einblicke in das Tourleben von HVOB
Fotos: Denise Rudolf

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Intime und seltene Einblicke in das Tourleben von HVOB

Wir wissen nicht genau wie, aber wir haben es geschafft, dass HVOB für uns ihre Tour auf Fotos festgehalten haben.

Wenn Wehmut ein schönes Gefühl wäre, dann würde man es im Wörterbuch unter HVOB finden. Das international erfolgreiche Duo hat – wie wir alle schon wissen – für sein drittes Studioalbum Silk den mutigen Schritt gewagt, Winston Marshall von den Mumford & Sons ganz nahe an ihre einzigartigen Soundstrukturen zu lassen. Was sich für Elektro-Fans wie ein Banjo-getränkter Alptraum anhört, wurde ein Album, das man nicht mehr loslassen möchte.

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Anfang des Jahres haben wir uns Gedanken dazu gemacht, was wir wohl mit HVOB machen könnten. Es sollte etwas Schönes werden. Einzigartig. Uns kam die Idee, Anna Müller und Paul Wallner eine Kamera auf Tour mitzugeben. Eigentlich waren wir kurz davor, diese Idee gleich wieder zu verwerfen, da HVOB dafür bekannt sind, sich selbst im Hintergrund zu halten, und den Fokus tatsächlich auf ihre Musik zu legen. Es somit quasi vielleicht zu einzigartig wäre. Wir haben es dennoch vorgeschlagen. Stolz und sehr glücklich können wir euch hier das einzige Foto-Tourtagebuch der österreichischen Band präsentieren. Ja, wir weinen noch immer vor Freude und wenn ihr die Fotos seht, dann werdet ihr wissen, warum.

Außerdem haben wir die Chance genützt, Anna ein paar Fragen zu ihrer Tour zu stellen und mit ihr über ihr Festival in der Arena – das Checkfest – zu reden. Wie sie es schaffen, die gesamte Welt zu bespielen und gleichzeitig noch ein Festival mit einem unglaublich stimmigen LineUp zusammenzustellen, war uns nicht ganz klar. Neben HVOB und Winston Marshall selbst, werden am 12. August auch Recondite, Weval und Stimming die Arena in den allerbesten Ort der Stadt verwandeln.

Das ist Hans-Jorgen, Pauls bester Freund und – wie man erkennen kann – der Mood Manager von HVOB. Was es damit auf sich hat, erfährt ihr weiter unten im Interview.

Noisey: Hey Anna, ihr seid ja mit Unterbrechungen schon seit Januar auf Tour. Fühlt es sich schon wie ein Äon an?
Anna: Geologische Dimensionen sind's zwar noch nicht, aber wir sind jetzt doch schon drei Jahre nie länger als zwei Wochen zuhause gewesen, schon vor der Silk-Tour, die im Jänner losgegangen ist. Unterwegssein ist also unser normaler Aggregatzustand in den letzten Jahren. Neu war bei der Silk-Tour einerseits, dass wir eben nicht mit dem Flugzeug von Club-Gig zu Club-Gig von Kontinent zu Kontinent geflogen sind, sondern mit dem Nightliner von Konzert zu Konzert gefahren sind.

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Stimmt, das hab ich gehört. Für euch brachte die Tour ja noch ein anderes Novum mit sich.
Ja – ein Novum, das auch viel wichtiger ist und es war der nächste Schritt für uns: HVOB auf reguläre Konzertbühnen zu bringen, mit Licht und Visualshow, mit eigener Produktion, als 100 Prozent eigenes Ding. Das wollten wir schon lange und jetzt haben wir es gemacht. Es hat funktioniert, die Tour war ausverkauft, alle 15 Abende in 10 Ländern.

OK, wow. Das ist schon sehr, sehr beeindruckend.
Im Herbst werden wir auch neue Termine anhängen und eine zweite Runde mit dem Nightliner machen. HVOB trägt also beides, Club-Gigs und Konzerte, und das ist eine sehr große Freude. Die wiegt die Strapazen auf. Wir sind sehr dankbar dass das alles so gut gelaufen ist.

Wie war es für euch am Primavera und am Sonar? Das sind ja schon Milestone-Festivals. Gab es ein Highlight, oder kann man das nicht festmachen?
Sonar ist für elektronische Musiker ein Traum – ein Ziel, das so groß ist, dass es eigentlich unerreichbar weit weg ist. Und heuer waren wir am ersten Tag Headliner. Sowas realisiert man eigentlich irgendwie garnicht. Aber dieses Erlebnis ist ja wirklich nur ein Moment, dann schnaufst du durch, und dann konzentrierst du dich wieder auf das, was vor dir liegt, worum es geht und das ist die Musik, nicht die Befindlichkeit vom Paul oder von mir.

Aber gerade das wollen die Leute, die eure Musik mögen, doch auch wissen, wie es euch dabei geht, wie ihr das erlebt, und haben sie nicht auch ein Recht drauf?
Kriegen sie ja auch, aber sie kriegen es eben nur in Form unserer künstlerischen Arbeit. Bei vielen Bands geht's in erster Linie um Inszenierung, um Social Media, um persönliche Präsenz. Das ist legitim, das machen viele Bands auch richtig gut, es ist ja nichts Schlechtes daran, Marketing-Instrumente zu nützen. Wir fühlen uns wohler, wenn die Musik vorne steht und wir hinten. Deswegen halten wir uns soweit möglich raus aus diesen ganzen Vermarktungs-Dingen. Jeder hat nur eine gewisse Menge an Energie zur Verfügung. Und die wollen wir auf den Inhalt konzentrieren, nicht auf die Verpackung.

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Habt ihr lange darüber diskutiert, ob ihr Einblicke in euer Backstage-Leben geben wollt? Eure persönliche Zurückhaltung ist ja – wie du auch gerade erzählt hast – sehr auffallend.
Ich finde, wir machen das Natürlichste, was du machen kannst: Wir erzeugen etwas und bieten es an. Ohne Tricks, ohne doppelten Boden, ohne persönliche Aufladung. Weil wir ganz einfach nicht wollen, dass die Aufmerksamkeit von der Musik abgezogen wird. Weder unsere eigene Aufmerksamkeit noch die der Leute, die unsere Musik hören. Dass wir jetzt diese Fotos zeigen, ist eine Ausnahme, und es ist auch ein bisschen wie Bilder ins Familienalbum kleben: unsere erste Konzert-Tour, das ist schon ein Einschnitt, und die Bilder sind auch eine Geste für alle, die das ermöglicht haben und die dabei waren, hinter der Bühne und davor.

Wird diese Fotostrecke vorerst einmalig bleiben?
Vorerst ja. Aber dass wir uns als Personen nicht zeigen wollen, ist ja ein Prinzip und kein Dogma. Prinzipien gibt es ohnehin zu wenige und Dogmen zu viele.

Auch wenn die Frage banal wirkt, aber mich interessiert es tatsächlich: Womit verbringt ihr eure Zeit im Tourbus?
Wir halten die Befriedigung von biologischen Grundbedürfnissen für höchtens bedingt mitteilungswürdig. Abgesehen davon: FIFA und Wer-bin-ich spielen.

Haha, fair enough. Fühlst du dich jemals zuhause auf Tour, oder geht das nicht beziehungsweise willst du das vielleicht gar nicht? Wie lange brauchst du, um dich zu akklimatisieren?
Zuhause ist zuhause ist zuhause. Aber wenn du das meinst: Wohl fühlen geht relativ leicht und das geht auch an vielen Orten. Man kann sich schon auch in einem Gefühl einrichten.

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Was ist das absurdeste Ding, das ihr auf Tour dabei habt?
Wenn auch ein Mensch gilt, dann ganz sicher unser Mood Manager. Diese Position ist unsere Erfindung. Wir hatten schon mehrere internationale Headhunting-Agenturen beauftragt, global nach einem spirituell und intellektuell geeigneten Mood Manager zu suchen, aber dann kam Pauls bester Freund Hans-Jorgen und sagte: Ich will gern mitfahren. Das hat uns überzeugt. Wir haben also die globalen Agentur-Aufträge wieder storniert, die fetten Stornogebühren gezahlt und dem Hans-Jorgen gesagt: Okay, fahr mit. Man sieht ganz gut auf den Fotos, was für einen Superjob er gemacht hat – neben seinen spirituellen und intellektuellen Kernaufgaben hatte er auch Zeit, die Bereiche Liebenswürdigkeit und Weirdness abzudecken.

Nice. Ich will auch einen Mood Manager haben. Jeder sollte einen Mood Manager haben! Aber weiter: Im August veranstaltet ihr ja das Checktest in der Arena. Wie seid ihr auf die Idee gekommen, als Band ein Festival zu veranstalten? Das macht sehr viel Sinn, dass eine Band so etwas auf die Beine stellt, aber bisher war mir dieses Konzept unbekannt.
Als unsere Wien-Show im April nach einer Woche ausverkauft war, ist natürlich die Frage aufgetaucht, was wir jetzt machen. Einfach nur ein Zusatzkonzert zu machen, war uns irgendwie zu langweilig und wenn man konsequent weiterdenkt, dann kommt halt recht bald die Idee, was größeres Eigenes auf die Beine zu stellen und dann taucht das Thema Festival auf. Der Entschluss war dann sehr spontan und jetzt gibt es das HVOB-Festival in Wien, im Sommer in der Arena, und später auch in anderen Ländern. Wir gestalten alles bis ins Detail selbst und da rede ich nicht nur von Artwork oder Booking, sondern auch vom Catering des Publikums, mit gutem Essen statt irgendeiner Abfertigung, zum Beispiel den Wrapstars und Eis von Schelato und es wird gratis Zwetschken für alle geben. Außerdem gibt es Raum für Kunst: lichterloh und Clemens Wolf werden Trialog präsentieren. Denise Rudolf, eine begnadete Malerin, wird ihre Arbeit ausstellen. Es soll ein Festival sein, wie wir es uns selbst als Gast wünschen würden. Bei dem sich die Leute wohl fühlen, bei dem sie merken, dass sie willkommen sind, wie Gäste bei einer großen Familienfeier. So wollen wir das machen und da stecken wir alle Liebe rein, die wir haben.

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Wie ist die Planung verlaufen? Easy as pie oder gab es so Momente, die euch auch mal kurz zweifeln haben lassen?
Im April mit der Planung für ein Festival im August zu beginnen, ist schon sportlich. Aber wir haben es trotzdem probiert und haben es geschafft, ausschließlich Acts zu kriegen, deren Musik uns persönlich viel bedeutet. Bisher einziger Rückschlag: Eigentlich wollten wir ja Marillen für alle, aber unser Obstbauer hat gesagt, im August können wir Marillen vergessen, da gibt es nur Zwetschken. Okay, also jetzt Zwetschken. Aber damit kann man leben. Wer also unbedingt Marillen haben will, der muss sie leider selber mitnehmen.

Wieso der Name "Checkfest"?
Check so wie der Haken in unserem Logo, ganz einfach.

Haha, OK, ich schieb die mangelnde Kombinationsfähigkeit mal auf die Hitze. Wenn wir schon dabei sind: Was – bewahre – wenn es regnet?
Wir checken natürlich auch das Wetter.

War für euch von Anfang an klar, dass Winston Marshall auf dieses LineUp gehört? War das sehr essentiell für euch?
Ja, einfach schon weil es ja quasi das Zusatzkonzert aus der Silk-Tour ist und damit zum Projekt Silk gehört.

Und nach Silk?
Geht's wie geplant normal weiter: Winston mit den Söhnen Mumfords, HVOB als HVOB.

Wie viel bekommst du eigentlich so unermüdlich tourend von der österreichischen Musikszene mit? Ihr seid ja doch eine der wenigen Bands, die international großen Erfolg hat, bekommt man da viel von der hiesigen Szene mit?
Ja, natürlich, aber ich bringe da keinen ausgeprägten Patriotismus zusammen. Es gibt sehr tolle Sachen in Österreich, aber die gibt es in Südafrika oder Kanada auch.

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Was werdet ihr nach dem Festival und nach der Tour machen?

Im Herbst wird's wie gesagt eine zweite Silk-Tour mit dem Nightliner geben, noch mehr Städte, zusätzliche Länder, zum Beispiel Italien, Türkei, Ukraine oder Spanien. Danach große Asien-Tour mit China, Japan, Singapur. Außerdem Seoul und Taiwan, da waren wir noch nie. Und ganz sicher gehen wir wieder ins Studio.

Yay! Ich mag euren Tatendrang. Danke dir für das Gespräch. Und für die Fotos!
Danke dir, Isabella.

Wir verlosen 2x2 Tickets für das Checkfest unter allen, die uns eine Mail mit dem Betreff "HVOB" an Noisey@vice.at schicken. Viel Glück, ihr Kinder des guten Geschmacks.

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