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Do They Actually Suck? Sportfreunde Stiller

Endlich hatten die Sportfreunde Stiller mal keinen WM-Song und schon wurde Deutschland Fußball-Weltmeister. Zufall?

Foto: Universal Music

Um herauszufinden, ob gewisse Musiker und Bands wirklich so sehr an deinem Gaumenzipfel kitzeln, dass du dich beim Hören früher oder später übergeben musst, haben wir die allseits beliebte Rubrik „Do They Actually Suck?“ ins Leben gerufen. Wir bewerten die jeweiligen Künstler nach den Kriterien Musik, Verhalten, Auftreten und Fanbase. Obwohl in jedem Musikfreund unweigerlich auch Emotionen schlummern, denen sich selbst ein Noisey-Redakteur nicht entziehen kann, versuchen wir trotzdem, so objektiv wie möglich zu analysieren.

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Dieses Jahr war das Schönste an der Fußball-WM das Fehlen einer bierseligen Grölhymne des Teufelsdreiers. Die beiden vorigen Meisterschaften hatten sie uns ja schon versaut, ein drittes Mal war vielleicht sogar ihnen zu geschmacklos. Vielleicht lag es auch nur daran, dass sich „Vierzehn“ einfach noch viel weniger ins Reimschema quetschen lässt als es eh schon „Zehn“ und „Sechs“ getan haben, die wenigstens noch einsilbig waren. Aber haben es die Sportfreunde Stiller denn überhaupt verdient, dass alle erleichtert aufatmen, wenn sie endlich mal die Fresse halten? Sind sie wirklich so scheiße? Unsere Auswertung wird es zeigen. Sie werden in jeder Kategorie auf einer Skala von 1 bis 10 bewertet, wobei 10 das Beschissenste ist. Na dann, Applaus, Applaus und los gehts …

Musik: 6,5 / 10

Zugegeben, auf ihren frühen Alben haben die Sportis manchmal wirklich ein wenig Charme versprüht, klangen sie da noch wie eine, zwar mäßig talentierte, dafür aber herzliche Pop-Punk-Band. Tracks wie „Rocket Radio“ oder „Wunderbaren Jaaahn“ würdest du dir heute vielleicht immer noch manchmal anhören, um in verklärter Nostalgie zu schwelgen, wenn es nicht tausend bessere Songs anderer Bands gäbe. Zumal du dir schon damals nie mehr als vier Lieder am Stück anhören konntest, weil du dank des monotonen Gesangs so schnell den dringenden Wunsch verspürtest, dir einen angespitzten Bleistift in die Ohren zu stechen. Spätestens ab Burli meinten die drei Sportskanonen, dass sie sich doch musikalisch weiterentwickeln dürften. Leider haben sie dabei darauf verzichtet, dem akustischen Foul aka Peters Gesang die rote Karte zu zeigen und die Finger von schnulzigen Säuseleien a la „Sziehst Du Dasz Genau Szo?“ zu lassen. Trotzdem: Nach über 20 Jahren haben sie ihren eigenen Indie-Rock-Sound längst gefunden und der klingt eigentlich einen Song lang ganz solide. Leider trifft immer noch jeder Fanmeilenbesucher sogar nach dem fünften Bier sicherer die Töne als Peter. Was echt scheiße ist.

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Verhalten: 4,0 / 10

Erinnerst du dich noch an die WM 2010, bei der die Sportis in Südafrika erst Whoonga geraucht haben und dann eine Bar komplett zerlegt haben, während sie laut „Ich, Roque“ sangen? Nein? Stimmt, weil die Drei niemals auch nur ansatzweise in den düsteren Schatten eines Skandälchens gestolpert sind. Nur einmal wurde das Überraschungskonzert in einer Universität durch freundliches Bitten der Polizei beendet. Ganz schön rebellisch und ein bisschen cool war die Idee schon. Zumal die Sportis öfters unter falschen Namen ungeplant Konzerte spielten. Ansonsten fielen sie nur durch krankhaftes Fußball-Fantum auf. Verdammt, sie haben diesem Söldnersport sogar ein ganzes Album gewidmet! Egal, ob du Fußball nun hasst oder nicht, die Sportfreunde Stiller bleiben ziemlich langweilige Musterknaben, die dich ungefragt den ganzen Tag lang mit den neuesten Fußballnachrichten volllabern.

Auftreten: 5,0 / 10

Das neckische Trio aus Bayern gibt sich fast schon unterwürfig volksnah. Sie reagieren nicht nur regelmäßig auf Fan-Kommentare unter ihren Facebook-Posts und nennen ihren Twitter-Account „peter, flo & rüd“, sie erkundigen sich auf ihren Konzerten auch kleinlaut nach dem Wohlbefinden des Publikums: „Gehts euch gut, ist alles okay soweit?“ Das kannst du sympathisch finden und dir vorsagen, dass die Drei halt auf dem Boden geblieben sind. Würde Peter einfach mal auf die Bühne kotzen oder auch nur Drummer Flo das Trucker-Cap vom Kopf schlagen, wäre das trotzdem mal eine willkommene Offenbarung. Viel schlimmer als diese profillose Nettigkeit ist jedoch ihr Humor: „Eine Doktrine ist keine Medizinerin, eine Blockade ist keine hippe In-Limonade und Niveau ist keine Creme“ (aus „Alles Roger!“). Da werden heiter die Schenkel geklopft, bis die Tränen des Selbsthasses kommen. Weißt du, wer immer unheimlich nett war und ungefragt dumme Witze gerissen hat? Dein Ethik-Lehrer.

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Fanbase: 6,0 / 10

Wer steht eigentlich so richtig hinter seiner Verehrung für die Sportfreunde Stiller? Schließlich versammeln sich bei deren Konzerten immer ziemlich viele Zuschauer, die sichtlich Spaß haben. Doch nur Leute, die zu faul sind, sich mit anderen Bands zu beschäftigen und Typen, die als Teenager immer vom romantischen Szenario tagträumten, mit einer Gitarre bewaffnet vor dem Haus ihrer Angebeteten zu stehen, um ihr „Ein Kompliment“ vorzuplärren. Was dieser jedoch wohl ziemlich egal gewesen wäre. Sie hätte wahrscheinlich das Fenster fest verschlossen und den Lautstärkerregler von „Move Bitch“ noch ein bisschen weiter aufgedreht. Irgendwann haben die Typen dann doch ihre Seelenverwandte getroffen, tanzen beim Sporti-Konzert im Pogokreis und bumsen danach selig lächelnd zu „Applaus, Applaus“. Was wahrscheinlich auf alle 89 Mitglieder des offiziellen Sportfreunde Stiller-Fanforums zutrifft.

Tatsächliche Beschissenheitswertung: 5,375 / 10

Die Sportfreunde Stiller sind tatsächlich ein bisschen scheiße. Sie erreichen nicht den widerlich stinkenden Grad der Black Eyed Peas, sind aber dennoch fast genauso übel wie Nickelback. Der „eigensinnige“ Gesang, das gepflegte Saubermann-Image und der Lausbuben-Humor werden ihnen niemals den Weg in den Rockolymp ebnen oder dich als ernstzunehmenden Musikkenner outen. Trotzdem kannst du „Ein Kompliment“ textsicher mitsingen, Verzeihung, grölen.

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