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Dass der Papst ein Rock-Album veröffentlichen wird, macht ihn noch lange nicht zum Heiligen

Das Rock-Album von Papst Franziskus wird—so sicher wie das „Amen“ in der Kirche—endgültig die Illusion der Rock-Revolution zerstören.

Du hast richtig gelesen, der Papst Franziskus will am 27. November ein Rock-Album mit dem kreativen Titel Wake Up! veröffentlichen. Auf diesem wird er aber nicht singen, sondern Ausschnitte seiner Gebete und Reden mit Pop-Rock und gregorianischen Chören untermalen. Der bereits erschienene Track „Wake Up! Go! Go! Foward!“ zeigt ganz gut, in welche Richtung das gehen soll: Schülerband probt für ihre Pink Floyd-Cover-Show, während ein gütig grinsender, alter Mann an das Mikro tritt und motivierende Geschichten erzählt.

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Das Ganze scheint umso absurder, je mehr du dir vor Augen hältst, wofür Rock eigentlich mal stand: für schicke H&M-Motive. Und vielleicht auch, also ganz früher, für Rebellion gegen gesellschaftliche Konventionen der Generation der spießigen Eltern. Jetzt nutzt also ein Typ, der niemals jemandes Opa sein kann (aber so aussieht), diesen Geist, um etwas so Konservatives wie Katholizismus zu verbreiten. Scheint in einer Welt, in der Länder für den Frieden in die Steinzeit gebombt werden, zwar nicht so abwegig, zersprengt damit aber endgültig die Illusion der Rock-Revolution.

Zugegeben, das über die Jahre immer weiter verzerrte Bild des Rock wurde bis zur Unkenntlichkeit überkritzelt. Geschaffen durch Menschen wie Jimi Hendrix, der sich mit seiner Musik in einer zutiefst patriotischen Gesellschaft (in der Schwarze noch hart für ihre Rechte kämpften) offen gegen die Politik der Regierung positionierte, ist Rock heute etwas komplett anderes. Rock ist ein AC/DC-Konzert, auf dem sich von der Sparkassen-Angestellten bis zum Vodafone-Kundenbetreuer alle Menschen tummeln, die jedes Jahr Pauschalurlaub auf Malle buchen und Karneval lieben. Rock ist jede neu eröffneten Hard Rock Café-Filliale, in der sich CEOs mit überteuerten Schnitzeln den satten Bauch vollschlagen, während sie die neuesten Bilanzen bewerten. Und Rock ist auch jedes verdammte Mal, wenn irgendein Teenie-Star sich in eine schwarze Lederjacke wirft und ihr dann von selbstverkannten Fashion-Experten ein „rockiger“ Look attestiert wird.

2015 ist Rock—so sicher wie das „Amen“ in der Kirche—längst fester Teil des Mainstream. Dass der Papst jetzt mit Hilfe dieser Musik versucht, junge Menschen zu erreichen, ist wahrscheinlich für die morschen Ansichten des Vatikans revolutionär, aber für jeden, der nicht beharrlich im Mittelalter lebt, kein großer Schock. Warten wir lieber darauf, dass es mal einen Papst geben wird, der endlich modernen Verhütungsmethoden und der LGBTQI-Community tolerant gegenübersteht. Darüber kann er dann allzu gerne auch singen. Zum Beispiel in einer Black Metal-Band.

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