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Ich bin kein Rock-Chick

Wir haben das Jahr 2012 und bei Feminität geht es um mehr, als nur um Riot Grrrl und Alanis Zickereien.

Mish ist die Frontfrau der kanadischen Punkband White Lung aus Vancouver.

Von allen Dingen, die mich anpissen, pisst mich nichts so sehr an wie die Bezeichnung „Rock Chick“. Warum? Weil wir das Jahr 2012 haben, deshalb. Dieses ganze Frauen-in-Bands-Ding schockiert niemanden mehr. Ich hasse es, wenn Leute mich fragen, wie es ist, als Frau Punk zu machen. Ihr wollt wissen, wie das ist? Genau so ist es. Der einzige Unterschied für eine Frau in einer Punkband ist, dass man ständig diese dumme Frage hört.

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Egal, ich weiß, dass es damals in Olympia 1992 ein paar Mädels gab, die dachten, dass es wichtig ist, sich als weibliche Musikerinnen von den anderen abzugrenzen. Sie gingen sogar so weit und nannten sich Riot Grrrls. Allerdings war das einen politische Strategie, die sie nach ihren eigenen Bedingungen gründeten. Riot Grrrl war ihre Antwort auf die Gewalt, die in der Hardcore Punkszene in der Zeit entstanden ist. Sie wollten über Vergewaltigung, Geschlechter, Abtreibung und die Gesundheit von Frauen sprechen, genauso wie über Jungs und Mädchen, die sie liebten und fickten. Es war eine bewusster Schritt, einen Diskurs zu starten und gleichzeitig Rebellion und mehr Macht für die Bewegung zu bekommen. Aber der Zug ist längst abgefahren. Kathleen Hanna lebt in einem Loft in Soho oder keine Ahnung wo und ist mit einem der Beastie Boys verheiratet. Sie macht inzwischen ihr eigenes neues Ding. Lass sie machen. Wir haben noch immer das Girls Rock Camp und ich glaube an diese Dinge. Riot Grrrl hat sein Kopf zum Schlafen niedergelegt und das ist völlig okay. Der Einfluss wird immer bleiben, nur die Bedeutung ist weg.

Letzte Woche habe ich einen Artikel von Gillian Orr in The Independent gelesen, er hieß „Trending: They don't make rock chicks like they did in the 90's.“ Shirley Manson von Garbage, Fiona Apple und Alanis veröffentlichen demnächst neue Alben, das bedeutet, dass jeder 40-jährige Journalist sich auf einen persönlichen Kreuzzug begeben wird, um die Angry-Girl-Bewegung der 90er zu verteidigen und dies nutzen, um darüber zu stänkern, wie viel weniger die heutigen Stars den Feminismus herausfordern als Alanis damals.

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Orr behauptet, dass es nicht mehr solche Ikonen gibt, wie in den 90ern. Naja.

„Wenn Künstler wie Lana del Rey, Katy Perry und Rihanna so offen und ehrlich darüber schreiben würden, was es bedeutet, eine Frau zu sein, würde das ihre genauestens kultivierten, sexed-up Ästhetiken zerstören“, schreibt Orr. „Haben moderne Künstlerinnen Angst davor, dass die Öffentlichkeit nicht mit Frauen umgehen kann, die gerne zugeben, auch ein Ärgernis sein zu können - promiskuitiv - eine Schlampe?“

Lasst uns ehrlich sein. Del Rey, Perry und Rihanna können die Weiblichkeit nicht so herausfordern wie Orr es von ihnen verlangt, weil sie große Stars sind. Wenn du ein richtig, richtig großer Star bist - kein großer Kultstar, sondern ein so richtig großer Star, dass du in der Halbzeitpause beim Superbowl auftrittst - dann gibt es Regeln. Orr vergleicht Äpfel und Birnen. Alanis versus Wendy O.Williams. „Angry Girls“ versus Riot Grrrls. Der eine ist immer ein bisschen mehr Mainstream als der andere, ein leichtere Pille zum Schlucken.

Ich ernte mit Sicherheit mächtig Kritik für die folgende Aussage, aber Alanis hat keine Weiblichkeit herausgefordert. Sicher, sie hat über Blowjobs gesungen und hat männliche Lederhosen getragen, aber sie hat sich niemals irgendwelchen dominanten Sozialstrukturen widersetzt. Sie hat niemals über ihr eigenes Vergnügen gesungen. Stattdessen sang sie ständig über die Männer, die sie verarscht haben. Als Feministin halte ich das überhaupt nicht für ermutigend. Ich finde das ist passiv. Fiona Apple sprach öffentlich über weibliche Lust, das gestehe ich ihr zu, sie hat es auf die einfache MTV-Art gemacht, was absolut in Ordnung geht. Sie hat die Möglichkeiten genutzt, die sie hatte. Courtney Love hat alles durch Weiblichkeit und ihr Dasein als „Rock Wife“ herausgefordert. Sie hat bei vollem Bewusstsein den ultimativen weiblichen Archetypen erschaffen, eine Mischung aus ihrem Kinderwhore- und Baby-Doll-Look und dann explodierte sie in absoluter Verrücktheit, während sie darüber sang, wie das Los Angeles Jugendamt ihre Kinder mitnahmen. Das ist eine Herausforderung. Gottseidank wurde sie ein Celebrity Punk. Und lasst uns nicht Jennifer Herrema, Jennifer Finch, Donita Sparks, Cristina Martinez, Mia Zapata und all die anderen Nicht-Riot Grrrls der 90er, die alle nie den Status von Alanis erreicht haben, aber ohne die Alanis nicht existiert hätte.

@myszkaway