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Nur weil Ikonen wie David Bowie tot sind, werden sie noch lange nicht zu Heiligen

Sorry, aber eure Idole haben Minderjährige gefickt.

Es ist zwei Wochen her, dass David Bowie gestorben ist. Zwei Wochen, in denen ich tausende Posts über seine Musik, seinen Tod, seine Bedeutung gelesen habe. Zwei Wochen, in denen ich darüber nachgedacht habe, ob und wie ich diesen Text schreiben soll. Iggy Pop und David Bowie sind für mich spätestens seit Trainspotting und den dazugehörigen Soundtracks Eckpfeiler, die meine musikalische Entwicklung nachhaltig prägten und beeinflussten. Sie gelten gemeinhin als stilistisch unanfechtbare Ikonen. Bowies Tod ist das Ende einer Ära.

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Dennoch—einige wissen es vielleicht schon—fühle ich mich im Angesicht der Ereignisse berufen, noch einmal höflich auf etwas hinzuweisen: Sorry, aber eure Idole haben Minderjährige gefickt.

David Bowie hat in den Siebzigern, als erwachsener Mann auf der Höhe seines Ruhmes, die damals 14­-jährige Lori Maddox entjungfert. Lori Maddox war eines der sogenannten Babygroupies. Im Interview mit Thrillist beschreibt sie:

„Ich traf ihn während der ‚Spiders from Mars‘-­Tour. Ich war noch nicht 15, und er wollte mich mit in sein Hotelzimmer nehmen. Ich war noch Jungfrau und hatte furchtbare Angst. Er hatte karottenfarbene Haare, keine Augenbrauen und die weißeste Haut, die man sich vorstellen kann. Ich hielt mich an Rodney Bingenheimer fest und behauptete, ich sei mit ihm da. Also hingen wir nur ab und unterhielten uns. Ich hatte schon mal einen Jungen geküsst, aber ich war nicht bereit für David Bowie.“

Bowies Tod hat in den letzten Wochen die übliche Vergötterungswelle ausgelöst, die dem Tod von Celebrities gemeinhin folgt. Ich habe von gebrochenen Herzen gelesen, ich war in der Hauptstraße bei seiner ehemaligen Wohnung in Berlin, wo Fans Blumen niederlegten, während ein Fotograf von irgendeiner Zeitung mitten in diesen Blumen stand und die Trauernden ablichtete.

Bowie wurde schon vor seinem Tod als Schutzheiliger der Popkultur des ausgehenden 20. Jahrhunderts verehrt, auch wegen seines Einsatzes für queere Kultur und Gleichberechtigung. Gleichzeitig waren die Siebziger die Zeit der Babygroupies. Auch Jimmy Page, der später mit Maddox „zusammen“ war und sie in Hotelzimmern versteckte, oder Iggy Pop waren dem nicht abgeneigt. Es war ein Livestylephänomen, etwas mit diesen sehr jungen Kindfrauen zu haben. Die 14­-jährige Lori Maddox war „nicht bereit für ihn“—fünf Monate später aber schon:

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„Das nächste Mal, als Bowie in der Stadt war, bekam ich einen Anruf von seinem Bodyguard, einem großen schwarzen Typen namens Stuey. Er sagte, dass David mich zum Essen einladen wollte. Natürlich hatte ich an dem Abend keine Hausaufgaben. Scheiß auf die Hausaufgaben. (…) Wir waren stoned, als sich auf einmal die Schlafzimmertür öffnete, und da steht Bowie, in diesem verdammt schönen rot­-orange-gelben Kimono. Er fokussierte seine berühmten zweifarbigen Augen auf mich und sagte, ‚Lori, Darling, kommst du mal mit?‘ Sable sah mich an, als wollte sie mich erwürgen. Er brachte mich durch sein Schlafzimmer ins Badezimmer, wo er seinen Kimono fallen ließ. Er legte sich in die schon gefüllte Badewanne und bat mich, ihn zu waschen. Natürlich tat ich es. Dann führte er mich in sein Schlafzimmer, zog mich vorsichtig aus und entjungferte mich.“

Das alles ist nichts Neues. David Bowie selbst hat gesagt, dass er auf der Höhe seines Ruhms und seiner Kokainsucht ein schlechter Mensch war. Es gibt (vor Gericht abgewiesene) Vergewaltigungsvorwürfe gegen ihn. Was mich aber genauso nachhaltig entsetzte wie diese Fakten, waren die Reaktionen der heutigen Fans. Offenbar ist jeder Zweite bereit, derartige Taten zu rechtfertigen, sobald es sich bei dem Täter um ein persönliches Idol handelt.

Ich dachte vorher, es sei Konsens, dass der Missbrauch eines 14­-jährigen Mädchens ein Verbrechen ist. Stattdessen bekam ich wiederholt folgende Argumente zu hören:

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„Aber sie wollte es doch!“

Das ändert nichts daran, dass es sexueller Missbrauch ist, eine 14­-Jährige zu entjungfern. Selbst wenn Bowie „Glück“ gehabt hat und sie es bis heute gutheißt: Es gibt diese Gesetze aus gutem Grund, und scheinbar waren ihm die emotionalen Folgen für sie gleichgültig.

„Ich trenne Musik und Person. Mir ist es egal, ob er Kinder gefickt hat, ‘WE CAN BE HEROES, JUST FOR ONE DAY!‘“

Viel Spaß dabei, aber ein Großteil der Bowie-­Verehrer stellt ihn nicht nur als Musiker, sondern auch als Person auf ein Podest und ist offensichtlich bereit, solche „Kleinigkeiten“ wie sexuellen Missbrauch dabei zu ignorieren. Außerdem sollte man, wie auch im Fall von Cosby, dessen Opfern jahrzehntelang niemand glaubte, nicht vernachlässigen, dass es der Ruhm war, der ihnen überhaupt Zugriff auf die Opfer gab.

„Ihr werft mit Dreck auf Tote, um euch selbst zu profilieren.“

Es geht nicht darum, anderen ihre Trauer auszureden. Wer trauern will, soll trauern. Trauert, wenn ihr müsst, aber seid euch bewusst, dass diese Rockstars ihre Macht, Position und Beliebtheit missbraucht haben, um mit Minderjährigen zu schlafen, und überlegt euch euer Bowie­ Profilbild und euer Dark-Star­-Tattoo vielleicht noch mal.

Wie schon Lemmy sagte: „Fuck this ‘Don't speak ill of the dead‘ shit! People don't become better when they are dead; you just talk about them as if they are. But it's not true! People are still a**holes, they're just dead assholes.”

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