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Interviews

„Solange ich nicht singe, ist alles gut.“—Ein Gespräch über das Supersense

Im zweiten Wiener Gemeindebezirk liegt ein analoges Paradies: Das Supersense. Dort beginnt auch in Kürze eine Aufnahme-Reihe mit österreichischen Musikern.

Foto:Marco Krenn

Als ich das erste Mal im Supersense war, habe ich nicht wirklich verstanden, wie so ein Laden lange von mir ignoriert werden konnte. Gleich nach der Eingangstüre ist ein Café, das zuerstmal ignoriert werden muss—zumindest beim ersten Besuch. Wenn der Blick nämlich tiefer in den Raum des Supersense dringt, ist hinter dem Café ein kleines Paradies für alles Analoge. Von Polaroid-Kameras, über Bücher, Filme (die zum Fotografieren) über—das macht das Ganze jetzt für uns interessant—ein Aufnahmestudio, finden sich dort viele Dinge, die man am liebsten alle haben möchte.

Wenn dir das nächste Mal kein Geschenk für deine Mama einfällt, geh ins Supersense. Dort kannst du deine Stimme auf Vinyl verewigen lassen. In einem winzigen Record Elevator. Ab heute werden auch mehrere österreichische Künstler—beginnend mit Tanz Baby!— dort aufnehmen, und die Songs werden in einer kleinen Edition von 77 Stück erwerblich sein. Mehr über die Künstler und das Event findet ihr hier. Wer bei den Recordings dabei sein will, der kann bei der Verlosung der jeweiligen Band mitmachen und eines der wenigen Tickets gewinnen. Wir haben Gregor Samsa ein paar Fragen per Mail durchgeschickt. Über das Supersense im Allgemeinen, ihre Liebe zum Analogen und über Lieder, die sie noch gerne in ihrem kleinen Musik-Lift hören würden.

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Foto: Eva Mühlbacher

Noisey: Wer hatte die Idee zum Supersense?
Gregor: Die Idee zu Supersense, dem ersten rein analogen Delikatessengeschäft, stammt von Florian Kaps, von allen liebevoll Doc genannt. Doc ist ja mit seinem Impossible Project in die analoge Welt eingetreten und mehr und mehr der Faszination all seiner Spielarten erlegen. Ich denke „sehen" war dann irgendwann nicht mehr genug, sondern er wollte einen Platz für alle Sinne schaffen und so hat er dann auch Supersense auf den Weg gebracht.

Warum habt ihr euch auf das Analoge konzentriert?
Ha, schwierige Frage. Kurz würde man sagen, wir haben alle nie etwas anderes präferiert. Wir schneiden ja direkt-to-disc in Acetat und die Unterschiede zu einer „normalen” Pressung sind enorm. Wir lieben alle Material und Produkte, die alle Sinne ansprechen—das wollen wir weitertragen.

Welches Gefühl wollt ihr bei den Leuten, die den Laden das erste Mal betreten, erzeugen?
Auf alle Fälle ein Staunen, aber auch ein Nachdenken. Menschen reagieren ja je nach Erfahrung unterschiedlich und genau so funktioniert das auch bei Supersense. Manch einer kommt und möchte nur einen Kaffee trinken, dann sieht er die Druckmaschinen oder die Bilder der letzten Ultra Large Polaroid Kamera und wird in den Bann gezogen. Manche wissen aber genau was wir machen und kommen gezielt um bei uns zum Beispiel im Wohnzimmerstudio aufzunehmen, da können wir dann Hilfestellung bei den jeweiligen Fragen geben. Es ist immer ein Prozess, ein Weg und diesen wollen wir begleiten.

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Wie funktioniert euer Record Elevator genau?
Du stellst dich rein und wirfst eine Münze in den Schlitz. Dann siehst du wie sich die Schallplatte auf den Schneideteller bewegt und du bekommst dein Zeichen für deine spezielle 90-Sekunden-Aufnahme. Wir haben die Technik neu aufgesetzt, aber dieses Verfahren ist schon sehr alt. In den 30/40er Jahren des letzten Jahrhunderts fand man es oft auf Jahrmärkten. Es ist eine sehr direkte Form der Aufnahme mit einem sehr eigenen, speziellen Charm.

Foto: Marco Krenn

Was war das Absurdeste, das darin aufgenommen wurde?
Triggerfinger gefiel der Elevator so gut, das sie bestimmt eine Stunde lang belgische Trinklieder im Elevator aufgenommen haben. Ich glaube die haben die Singles dann ihren Freunden nach Hause geschickt. Pertti von Pertti Kurikan Nimipäivät, dem finnischen Beitrag zum Eurovision Song Contest, hat im Elevator eine seiner Geistergeschichten erzählt. Ansonsten hatten wir bereits eine Aufnahme mit Standbass und wer die Größe der Kabine sieht, weiß dass das schon eine Leistung ist.

Wer hat schon bei euch aufgenommen?
In unserem Wohnzimmerstudio haben wir mit den bereits erwähnten Triggerfinger gearbeitet. Reverend Beat-Man, Mirel Wagner, Honig sind andere Namen. Aus Österreich waren CousCous, Olympique, Wild Evel & the Trashbones und Like Elephants am Start. Das wollen wir natürlich ausbauen, da es viele spannende Bands gibt und wozu, wenn nicht zum Aufnehmen, ist ein Studio da.

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Habt ihr schon mal Leute gebeten mit dem Aufnehmen aufzuhören, weil es furchtbar war?
Nein. Warum auch? Schönheit liegt immer im Auge des Betrachters und solange ich nicht singe, ist alles gut.

Foto: Eva Mühlbacher

Gibt es einen Song, den ihr in diesem Booth nicht hören wollt?
Unsere Geschmäcker sind sehr verschieden. Ich denke, da fällt mir nichts ein, was ich ausschließen würde und gerade die Herausforderung durch die analoge Limitierung, kann einen Song auch zusätzlich spannend machen.

Welchen vermisst ihr bis heute?
Ich persönlich würde mir wünschen „Fred“ und „Toody Cole“ von Dead Moon würden bei uns spielen, auch Lemmy könnte ich mir gut vorstellen. Wer weiß, eine Mariachi Band wäre auch großartig. Die Welt ist voll mit spannender Musik, wo möchte man da anfangen.

Foto: Eva Mühlbacher

Der Record Elevator ja recht einmalig. Was sind eure Pläne? Mit wem werdet ihr zusammenarbeiten?
Unser Hauptaugenmerk liegt ja nicht auf dem Elevator, sondern auf unserem Wohnzimmerstudio und da haben wir schon konkrete Pläne. Wir werden demnächst eine kleine Reihe mit österreichischen Bands starten. Zum Beispiel wird bei uns Clara Luzia eine Platte aufnehmen. Außerdem planen wir eine Singer-Songwriter-Reihe in Kooperation mit der Vienna Songwriting Association, bei der wir monatlich neue Künstler vorstellen wollen. Und natürlich vieles mehr.

Beginnen wird die Reihe mit Tanz Baby. Wie wird das genau aussehen?
Genau, wir starten diese Aufnahmereihe mit österreichischen Künstlern und Tanz Baby werden diese eröffnen. Die Reihe wird in kleinen Rahmen stattfinden und die wenigen Tickets werden unter den Fans der Band verlost werden. Wir möchten zusammen mit der Band diesen wirklich intimen und einmaligen Moment der Aufnahme den Fans näher bringen. Von dieser Aufnahme wird es dann eine kleine Edition von 77 Stück geben.

Was ist das Supersense für dich persönlich?
Es ist der einzige Ort weltweit, an dem versucht wird die analoge Idee zu Ende zu denken und die Leute gleichzeitig mitzunehmen. Wir wollen ja nicht nur verkaufen, sondern wir bieten auch Workshops an, damit man sich vorerst überhaupt einmal informieren kann. Ich selbst veröffentliche seit 17 Jahren Schallplatten und gestalte die aufwendigsten Plattencover der Welt. Ein Ort, der all dieses zusammenführt ist das Paradise. That´s it!

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