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Wir haben mit dem Dozenten gesprochen, der einen Beyoncé-Studiengang anbietet

Wo können wir uns einschreiben? Wird es eine Exkursion geben? Wohin genau wird diese Exkursion gehen? Ein Konzert? Ihr Zuhause?

Liebe Politikwissenschaften-, Soziologie- und Philosophiestudenten: Seid ihr es leid, die ganze Zeit gesagt zu bekommen, euer geistenswissenschaftliches Studium sei wertlos? Habt ihr sämtliche Taxifahrerwitze dieser Welt schon gehört? Habt ihr schon öfter daran gedacht, die blasierten BWLer mit ihren pastelfarbenen Hemden zu strangulieren? Dann gibt es neue Hoffnung für euch und sie heißt nicht Ingenieur-Studiengang!

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Die Rutgers School of Arts and Scienes in New Jersey bietet nämlich seit paar Jahren einen Studiengang an, in dem sich ein komplettes Seminar nur mit Beyoncé beschäftigt. Nun gut, es ist nur ein Seminar und kein ganzer Studiengang, aber irgendwo muss man ja erstmal anfangen. Jetzt stellen sich uns natürlich unendlich viele Fragen zum Traumfach namens "Politicizing Beyoncé": Warum Beyoncé? Wo können wir uns einschreiben? Wird es eine Exkursion geben? Wohin genau wird diese Exkursion gehen? Ein Konzert? Ihr Zuhause?

Also haben wir Kevin Allred, den verantwortlichen Lehrenden des Beyoncé-Kurses kontaktiert, um herauszufinden, was es mit diesem Fach auf sich hat.

Noisey: Was genau kann man von deinem Beyoncé-Kurs erwarten?
Kevin Allred: In dem Kurs geht es größtenteils um Beyoncé und die Botschaften, die ihrer Musik zugrunde liegen. Es geht aber auch um die Auseinandersetzung mit schwarzer, feministischer Literatur und Aktivismus in den USA. Jegliche Musik von Beyoncé ist mit schwarzen, feministischen Texten verflochten. Es geht also nicht um Beyoncé, sondern darum, politische und soziale Probleme in Verbindung mit Beyoncés Musik zu setzen, um zu veranschaulichen, wie viel sich geändert hat beziehungsweise nicht geändert hat bezüglich der Realität schwarzer Frauen in vereinigten Staaten heute.

Wir versuchen außerdem, die Verbindung zwischen Beyoncé und traditionellen schwarzen, feministischen Ikonen wie Sojourner Truth, Ida B. Wells, Angela Davis und auch neuen schwarzen, feministischen Stimmen wie Melissa Harris-Perry oder Janet Mock herauszuarbeiten. Wir werden auch Texte von diesen Aktivistinnen im Kurs bearbeiten. Beyoncé ist aktuell expliziter geworden, was die politischen Botschaften in ihrer Musik angeht. Aber gewisse Spuren derselben Ideen sind schon in den Anfängen ihrer Musik zu finden.

Warum haben Sie Beyoncé als prominentes Beispiel einer feministischen Sängerin gewählt und keine andere Vertreterin?
Dafür gab es mehrere Gründe. Sie ist eine Künstlerin, deren Musik sehr viele, vielschichtige Botschaften und Gedanken beinhaltet, was es einfach macht, sie einer tiefgreifenden Analyse zu unterziehen. Des weiteren hat sie die kreative Kontrolle über ihre Karriere, was nur sehr wenige Künstler haben – geschweige denn weibliche Künsterlinnen. Ich habe außerdem Beyoncé gewählt, weil sie eine starke, schwarze Frau in der Entertainmentbranche ist und ich das mit der historischen Literatur schwarzer Feministinnen verbinden wollte, um eine Konversation über Feminismus, Race, Gender und Sexualität starten wollte. Beyoncé ist eine Art Knotenpunkt dieser Themen, da sie die Themen Feminismus und Identität beiderseits repräsentiert.

Beyoncé hat für ihre Selbstdefinition als Feminstin viel Kritik einstecken müssen, sie wurde beispielsweise als Heuchlerin bezeichnet. Seit der Veröffentlichung ihres Videos zu "Formation" kam nun auch Kritik an ihren politischen Ambitionen auf. Das war neu, da Beyoncé bisher eine eher gefällige Künstlerin war. Warum haben die Kritiker Unrecht – oder haben sie das gar nicht?
Ich halte Beyoncé überhaupt nicht für eine Heuchlerin. Und wenn man auf die Botschaften ihrer Texte zurückblickt, die schon immer da gewesen sind, zeigt sich, dass diese Tendenz schon lange vorhanden war. Beyoncé zelebriert und vertritt eine Art Feminismus, der auch Race, Klassensysteme und Sexualität mit einschließt, nicht bloß Gender. Die Art und Weise, wie sie diese Dinge anspricht, ist heutzutage bloß klarer geworden, damit sie nicht mehr missverstanden werden kann. Aber auch davor hat sie bereits stets versucht, mit ihrer Musik eine Konversation anzuregen. Mit ihrer derzeitigen Popularität besitzt sie eine der größten Zielgruppen, die sie zum Dialog über politische Probleme anregen kann.

Aus der Sicht eines Lehrenden und nicht eines Mitglieds des Beyhive: Was können wir von Beyoncé lernen?
Wenn man Beyoncés Auftritte nicht nur als Event, in dem es nur um Beyoncé geht betrachtet, sondern sie vielmehr generell als eine Vertreterin schwarzer Frauen erfährt, werden viele politische Botschaften klar. Über Stereotype. Über Ungleichheit. Wir können ihre Performances als Enttarnung eines Sytsems betrachten, das Menschen ungleich behandelt. Sie entlarvt tiefere Probleme während sie zeitgleich sich selbst als Künstlerin ausdrückt. Ich weise Schüler immer daraufhin, Beyoncé als Erscheinung zu analysieren, nicht als eine Privatperson – denn tatsächlich wissen wir nichts oder nur sehr wenig über Beyoncé als Privatperson. Wir müssen das, was sie tut, in einem größeren Kontext betrachten. Wie eine große Performance über soziale und politische Probleme. Man kann also sagen, dass man von Beyoncés beruflichen und ideologischen Zügen einiges lernen kann.

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