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Interviews

Peace: „Angry young man“ war gestern

Peace sind keine besonders interessanten Menschen, behaupten sie. Aber sie machen besonders interessante Musik, behaupten wir.

Kennt ihr schon Peace? Das sind vier Jungs, die auf der Insel seit ein paar Monaten groß gefeiert werden, The Next Big Thing. Zugegeben, da ist man zunächst etwas skeptisch. Aber hype-freudige britische Musikpresse hin oder her, irgendwie fühlt man sich ja doch verpflichtet, sich das einmal anzusehen. Wäre ja dumm, wenn man zu faul ist, sich durch die zahllosen vermeintlichen Next Big Things zu wühlen und dann tatsächlich die nächsten Strokes verpasst. Also darf ich vorstellen: Peace – heißer Indie-Scheiß von der Insel. Bitte anhören und eigene Meinung bilden.

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Im Interview haben wir herausgefunden, dass nicht nur einen friedlichen Bandnamen und einen kuscheligen Albumtitel haben (In Love), sondern auch sonst eher sonnige Gemüter sind, die sich so wenig Stress wie möglich machen, sich selber nicht zu ernst nehmen und insgesamt schön den Ball flach halten. Eigentlich haben Peace es also nicht so mit Krawall, dennoch haben sie ein Video gemacht, das mit dem vielversprechenden Schriftzug „PARENTAL ADVISORY. EXPLICIT CONTENT“ beginnt. Wir wollten wissen, wie das zusammen passt. Außerdem haben sie uns erzählt, warum sie fiese Plattenkritiken nicht jucken und anspruchslose Texte völlig okay sind. Noisey: Euer Album hat einen unüberhörbaren 90er-Einschlag. Wäre das auch das Jahrzehnt eurer Wahl, in dem ihr das ihr gerne reisen würdet, um die alten Bands nochmal sehen zu können?
Dominic: Ja, für Aqua. Die haben mich stark beeinflusst.

Diesen Einfluss habe ich auch deutlich herausgehört.
Harry: Nee nicht die 90er.
Douglas: Bei mir wären es die 60er.
Samuel: Ja, bei mir auch. 60er oder 70er.
Douglas: In die 90er würde ich vielleicht wegen der Raves wollen, aber nicht wegen der Bands.

Warum die 60er?
Samuel: Ich denke, dass ist die Musik, die wir durch unsere Eltern vermittelt bekommen haben und in die wir uns das erste Mal richtig verliebt haben. Es geht auch um die Subkultur in der Zeit, das ist alles sehr romantisch.

Ja, aber wenn ihr von den Bands der 60er so angetan seid, dann müsste da ja auch was durchschlagen. Hör ich jetzt nicht so. Auch wenn es um die Texte geht. Da ist ja zum Beispiel immer auch Protest ein großes Thema oder mal rebellisch sein … die Spießer ärgern.
Harry: Ja. Hm, ich mache mir darüber ehrlich gesagt gar nicht solche Gedanken. Eigentlich habe ich früher nie Texte geschrieben, ich habe sie mir immer erst auf der Bühne ausgedacht, wenn wir live gespielt haben. Ich habe erst als wir unser Album aufgenommen haben, angefangen, im Studio wirklich mal Texte zu schreiben. Ich schreibe einfach auf, was mir gerade in den Sinn kommt … Aber vielleicht fange ich in Zukunft mal damit an, Texte mit einer richtigen Botschaft zu schreiben.
Samuel: Bevor man mit Gesellschaftskritik los legt, muss man schon in einer bestimmten Position sein. Das ist jetzt für ein Debütalbum vielleicht doch eine Nummer zu groß. Wir dachten, wir halten es eher schlicht. Es ist ja recht teenager-mäßig geworden, unbeschwert und positiv.
Harry: Aber vielleicht kommt als nächstes Politik, kann schon sein.
Dominic: Ich werde ein paar Bücher schreiben, mit meinen Thesen zur Gesellschaft.
Douglas: Und dann planen wir die Revolution.
Dominic: Vielleicht über Feminismus …

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Ah! Feminismus. Schön das du das sagst, ich habe mir euer Video zu „Wraith“ angesehen …
(schallendes Gelächter.)
Dominic: Oh, ertappt!

…und ich persönlich fand das jetzt nicht sonderlich schlimm, aber den You Tube-Kommentaren darunter konnte man entnehmen, dass das viele Leute wohl anders sehen. Die haben sich teilweise tierisch darüber aufgeregt, wie freizügig und sexistisch das Video angeblich ist.
Samuel: Und das ist nur die erste Hälfte davon! Das ist noch nicht die ganze Geschichte, es gibt einen nächsten Teil, das wird unser neues Video. Aber eigentlich hatten wir nicht wirklich was zu tun damit. Es war die Idee des Regisseurs.

Aber seid ihr denn zufrieden damit?
Samuel: Ja, schon … Also als wir es gedreht haben, war ich sehr gespannt darauf, wie das alles am Schluss aussehen würde. Und ich finde die Art und Weise sehr interessant, wie darin alles gezeigt wird, die Ästhetik des Videos.
Dominic: Ich bin auch der einzige von uns, der es nicht seinen Eltern gezeigt hat.
Harry: Meine Eltern lieben es. Es ist auch irgendwie genau das Gegenteil dessen, was wir selbst gemacht hätten und auch dessen, was die Leute von uns erwartet hätten. Das mag ich.

Stimmt wohl.
Douglas: Außerdem finde ich, der Witz geht auf unsere Kosten nicht auf die der Frauen. Wir sitzen da an diesem fürchterlichen Ort, wie in einem HipHop-Video und wirken ziemlich fehl am Platz.
Samuel: Das ist auch so das Ding des Regisseurs, er steht einfach drauf, sich über HipHop-Videos lustig zu machen. Der findet das halt total albern und hat einen Riesenspaß daran, sie zu verarschen.

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Ich finde es auch ziemlich offensichtlich, dass das Video ironisch ist.
Harry: Wir haben uns die ganze Zeit schlapp gelacht, als wir das gedreht haben.
Samuel: Aber manche Leute nehmen einfach alles viel zu ernst.
Douglas: Es war überhaupt nicht voyeuristisch gedacht. Und die Mädels waren total witzig, wir haben später noch mit denen rumgehangen.

Und was passiert im zweiten Teil?
Samuel: Dürfen wir noch nicht verraten, das ist ein Geheimnis.

Werden ihr jetzt Lapdance für die Ladies machen?
Dominic: Ja, fasst. Ich werde im Hintergrund nackt tanzen, während die anderen Jungs und die Damen rumsitzen.

Bei mir sind Geheimnisse sicher.
Dominic: Ja? Okay, hier ist ein anderes: Ich hab angefangen ein Video-Tour-Tagebuch zu drehen, ich werde daraus eine Doku über uns machen.

Was ist denn bisher alles Spannendes passiert, was du mit der Welt teilen möchtest?
Dominic: Absolut gar nichts! Deshalb geht es auch nicht so gut voran damit … Vollkommene Zeitverschwendung bisher.

Haha, ja, ich habe schon oft von Bands gehört, dass das Tour-Leben wahnsinnig langweilig ist, bis auf die zwei Stunden, in denen man auf der Bühne steht.
Harry: Allerdings, das ist so wahr!
Dominic: Wie es im Moment aussieht, behalte ich es wohl eher für mich als eine Art private Memoiren. Dann notiere ich mir immer den Satz des Tages. Heute: … (überlegt)
Douglas: Fällt dir nichts ein, was? Haha! Du Mongo.
Dominic: Nee, für heute hab ich noch keinen.
Douglas: Wir sind leider keine besonders interessanten Menschen.
Harry: Ja, alles stinklangweilig. Einmal sind wir mit dem Bus auf der Autobahn liegengeblieben. Aber da gab's echt nichts zu lachen.
Samuel: Haha, wir waren gerade irgendwo tief im französischen Niemandsland.

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Was ist denn passiert?
Samuel: Wir hatten keinen Sprit mehr.

Oh. Sowas passiert doch nicht wirklich.
Harry: Ja! Unglaublich, oder?! Mitten in der Nacht. Ich dachte auch, sowas passiert nur in Film.
Samuel: Aber nur als total konstruierter Handlungsstrang! So nach dem Motto: Irgendwas muss passieren, damit der Mörder jetzt Gelegenheit hat zuzuschlagen … Es war wirklich wie im Horrorfilm.
Harry: Ein Scheißalbtraum, sag ich dir.

Und was habt ihr gemacht?
Samuel: Drei von uns Alphamännchen sind todesmutig zu Fuß auf die Jagd nach Sprit gegangen.
Dominic: Ich hatte Shorts an. Es war scheißekalt. Wir sind um halb fünf Uhr morgens losgezogen und erst nachmittags wieder zurück gewesen.

Ist nicht immer leicht ein Rockstar zu sein, was? … Apropos! Ich habe eine merkwürdige Plattenkritik über euch gelesen, ich glaube es war im Guardian, darin zählt der Typ auf, was er an euren Songs alles gut findet, um dann zu dem Schluss zu kommen, dass er euer Album nicht wirklich mag. Wie geht ihr mit Plattenkritiken um? Interessiert euch, was die Presse zu sagen hat?
Harry: Na ja grundsätzlich ist die Musikpresse ja schon ein gutes Barometer dafür, was für gute Bands gerade so aus dem Boden sprießen und wert sind, angehört zu werden. Die Leute respektieren diese Meinungen ja auch auf Grund einer Art Musikwissen-Erbe, dass Presseleute haben.
Douglas: Mir macht es auch Spaß, sowas zu lesen.

Ja, aber lest ihr denn auch, was über euch geschrieben wird?
Harry: Ich habe es vor zwei Monaten aufgegeben. Ich weiß nicht …
Douglas: Es gab schon einige Album-Reviews, die nicht so nett waren.
Dominic: Ich schaue mir am liebsten die Fotos an. Checke, ob meine Haare gut sitzen.
Harry: Ich weiß nicht, aber ich denke, die schreiben das ja nicht für uns. Das ist ja nicht wie mit einem Lehrer, der eine Klassenarbeit korrigiert und man danach die Rechtschreibfehler verbessert. Ich weiß nicht, ob das wirklich etwas bringt.

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Na ja, also manche Plattenkritiken lesen sich schon wie Korrekturen einer Deutscharbeit. Wie eben diese im Guardian …
Douglas: Die habe ich auch gelesen, das war absolut lächerlich. So: „Das Song-Writing ist toll, der Sound ist toll, aber trotzdem ist das Album nicht gut weil …“ Der schießt einfach ein wenig über das Ziel hinaus, macht tausend Vergleiche … Ach, keine Ahnung, wahrscheinlich war ihm einfach nur langweilig. Das war so übertrieben aufgebläht.
Samuel: Ich finde es gut, dass wir keine gefällige Platte gemacht haben. Ich hoffe, er hasst sie.

Haha. Okay, ich fasse zusammen: Ihr respektiert die Musikpresse, aber ihr gebt einen feuchten Dreck drauf, was sie zu sagen hat?
Samuel: Haha. Nein, nein!
Dominic: Also es ist nicht, dass ich darauf scheiße. Besser: It' not that I don't give a fuck - It's just not my fuck to give. Haha! Other people give fucks!

Das ist ein schönes Schlusswort!
Dominic: Ja, das wird auch mein Satz des Tages.

Peace' In Love erscheint am 17.05. bei Columbia/Sony erschienen. Hier bestellen.

Peace Live:

10.05. Duisburg, Grammatikoff
11.05. Frankfurt, Hafen 2
12.05. München, Kranhalle
14.05. Dresden, Beatpol
15.05. Hannover, Kulturpalast
16.05. Stuttgart, 1210

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