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You Need to Hear This

Ich war mit meinem Papa bei Pink Floyds „The Wall“

Pink Floyd im Olympiastadion. Doch wie verhältst du dich auf einem Konzert zwischen lauter Mittfünzigern? Ein Selbstversuch zwischen Halbglatzen und müden Beinen.

Ihr kennt euch bestimmt alle aus in der Musikszene. Kennt den geilsten HipHop, die neuesten Electro Beats und die Singer-Songwriter mit der abgefucktesten Stimme. Aber wart ihr mal bei eine Live-Performance von Pink Floyds „The Wall“?

Wenn ihr jünger seid als 50 Jahre, ist die Wahrscheinlichkeit gering. Pink Floyd ist eine Band, die ihr natürlich vom Namen kennt, ein, zwei Songs kriegt ihr auch noch zusammen, wenn ihr gut seid, fällt euch der Albumtitel von Dark Side Of The Moon ein. Aber sonst? Pink Floyd live? 90 Euro auf den Tisch blättern? Ist nicht drin. Im Grunde geht's mir exakt wie euch. Allerdings mit dem Unterschied, dass ich einen generösen Vater habe, der mich mit zur Gerüchten zufolge letzten Aufführung von „The Wall“ ever ins Berliner Olympiastadion nahm. Na gut, wer weiß. Vielleicht stehen Richard Wright und Syd Barrett auch vom Tod auf, kriegen noch mal richtig Bock auf Musik machen, gründen eine Band mit Amy Winehouse, Michael Jackson und Tupac und es kommt „The Wall No. 2“ raus. Falls nicht, seid ihr jetzt eben auf mich und das Internet angewiesen.

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Dazu sollte man wissen, dass ich weder in den 70ern groß geworden bin, noch ein Groupie von Roger Waters—der ist nämlich 69. Ich dagegen zarte 21 Jahre alt und auf dem Konzert mit meinem Herrn Vater und dessen Kumpels gewesen. Einer fröhlichen Gruppe Mittfünziger. Unter ihnen echte Rocker, Revoluzzer und Kritiker. Alfred, Rechtsanwalt (der Kritiker), der vor dem Konzert Angst hatte, seine hohen Erwartungen könnten vielleicht enttäuscht werden. Herwig, der in der IT-Branche tätig ist und eigentlich geschäftlich in Berlin, unter seinem Sakko ein Puma T-Shirt trug und erzählte wie sie damals als 1979 „The Wall“ rauskam in der Schule den Rektor als Voodoo Puppe an die Wand gehangen haben. „We don’t need no Education“ und so. Und Manfred, mein Vater, Software-Entwickler. Selbsternannter Musikexperte und total technikbegeistert. Da er selbst, seit er denken kann, Musik macht und zusammenmischt, freute er sich besonders auf die Soundperfektion, die er von Pink Floyd kennt und liebt. Naja und ich. Es war sozusagen ein Selbstversuch.

Mein Vater, seine Freunde und ich

DOs AND DON'Ts

Falls ihr euch jemals in derselben Situation befinden solltet, d.h. mit Menschen, die eigentlich das richtige Alter dafür haben und mindestens doppelt so alt sind wie ihr selbst, auf einem Konzert von großer musikgeschichtler Bedeutung geht, solltet ihr gut vorbereitet sein. Hier ein paar wichtige Regeln:

1. Niemals, aber wirklich NIEMALS Dinge, wie „alte Leute“, „Oldie“, „Oh, ich hebe den Altersdurchschnitt aber erheblich“ oder „ich schreibe für ein Magazin, das eher junge Leute anspricht“ in den Mund nehmen.

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2. Macht euch darauf gefasst, dass auch wenn ihr einen super Platz vorne in der Arena habt, die Senioren nach der Hälfte des Konzerts den Platzaufseher so lange bequatschen, bis er sie zu den Sitzplätzen (die im Übrigen in einer schlechteren Kategorie waren als die Arena-Karten) lässt. Begründung: die Beine werden müde.

3. Ihr erntet schiefe Blicke und Kommentare wie „die Jugend heutzutage, die hängen ja nur noch am Handy, sogar während einem Konzert…“ wenn ihr schnell mal das iPhone über den Kopf haltet um ein paar Fotos und Videos zu machen. Zitat: „Wir genießen halt den Moment. Das ist viel mehr wert.“

4. Sobald das Bühnenbild aus LED-Lichtern, Laser oder Ähnlichem besteht, sprechen die Herrschaften von „der neuesten Technik“ und erklären dir, wie modern die Inszenierung doch ist.

5. Zum Schluss noch ein paar Phrasen, die ihr das ein oder andere Mal hören werdet: Das ist noch echte Musik. Früher war alles besser. Das ist einfach Kult. Weltklasse. Ihr jungen Leute versteht das doch gar nicht.

Hier nochmal der Beweis: Halbglatzen, graue Haare und Vollbärte

Für einen Abend kann man das alles schon einmal aushalten, ich meine, es ist Pink Floyd! Und auch wenn Roger Waters, das letzte richtige Überbleibsel der Band, mit seiner Inszenierung momentan böse offene Briefe aufgrund seiner sehr politischen Inszenierung bekommt und deswegen stark in der Kritik steht, muss ich sagen: Hut ab! Musikalisch war's wirklich der Hammer. Trotzdem sind die Vorwürfe berechtigt. Die ganze Veranstaltung wirkt doch mehr wie ein Aufruf zu politischem Aktionismus, als eine Show zum erfolgreichten Konzeptalbum der Welt, das die Geschichte des armen, kleinen Pinks erzählt. Vor allem das berühmte mit einem Davidstern versehene Schwein ist vielen ein Dorn im Auge.

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