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Ich war mit meinen Eltern bei einer Show von Pusha T und Vince Staples

„Ich weiß nicht, ob das den Hörschaden wert war.“

Vor ein paar Wochen spielten Pusha T und Vince Staples eine Show im House of Vans, einer Lagerhalle in Williamsburg, Brooklyn, und natürlich wollte es der Zufall so, dass genau am gleichen Wochenende meine Eltern zu Besuch kamen. Weil Pusha T einer meiner Lieblingsrapper überhaupt und Vince Staples einer meiner momentanen Lieblingsrapper ist, entschied ich mich dazu, meine Eltern einfach mitzunehmen.

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Zum musikalischen Abendprogramm: Das Konzert war eine der besseren Rap-Shows, die ich in letzter Zeit gesehen habe. Vince, der gerade kurz davor ist, sein Debütalbum Summetime ’06 zu veröffentlichen, ist voller Energie über die Bühne gesprungen und hat eine Menge neuer Sachen gespielt. Auch wenn das neue Material noch keiner wirklich kannte, wurde er vom Publikum abgefeiert. Pusha T spielte genau das gleiche Set, das er schon seit zwei Jahren spielt. Aber hey, das ist eben Banger auf Banger, also wen interessiert’s? Ich war jedenfalls bestens unterhalten.

Zu meinen Eltern: Sie sind beide Ende 50 und seit über 30 Jahren verheiratet. Mein Vater hat über 30 Jahre lang als Porträtfotograf gearbeitet und meine Mutter hat sein Studio verwaltet. Eigentlich stammen sie aus Iowa, verbringen ihren Ruhestand jetzt aber in Colorado. Direkt vor dem Fenster ihres wunderschönen Hauses in den Bergen befindet sich eine riesige Felswand und ein eiskalter Fluss. Es sieht alles so aus, als wäre die ganze Gegend einer National Geographic Fotostrecke entsprungen. Sie fahren beide gerne Fahrrad und meine Mutter unterrichtet Yoga. Mein Vater wiederum verbringt seine Tage damit, die Terrasse auszubauen (Ich habe ihn auch mal dabei beobachtet, wie er Dienstagsvormittag um 11:30 Uhr ein Nickerchen gehalten hat—für mich die absolute Definition von Ruhestand.) Sie leben das beste Leben, das man sich vorstellen kann. Ich liebe beide wirklich sehr.

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Sie sind außerdem Musikenthusiasten. Ein ganzes Regalbrett bei mir ist voll mit Platten, die ich meinem Vater geklaut habe, als ich nach New York gezogen bin. Er ist derjenige, der mir in meiner Jugend alles über Musik beigebracht hat, was einem Väter eben so über Musik beibringen: die Beatles, die Bob Dylans, die Allman Brothers, die Neil Youngs, etc. Als ich ihm erzählte, dass ich Robert Plant interviewt habe, berichtete er sofort all seinen Freunden davon und in einem kleinen Kreis in Colorado wurde ich plötzlich richtig berühmt. Meine Mutter hört ebenfalls für ihr Leben gerne Musik. Wenn ich meine Eltern besuche, nimmt sie mich immer voller Stolz zu Open Air Konzerten und Orten mit, an denen irgendwelche Typen Gitarre spielen. Im Juli wollen beide das Telluride Bluegrass Festival besuchen und, ja, sie werden dort auch zelten.

Wie man sich vielleicht denken kann, sind sie beide nicht wirklich große Fans von Rap und HipHop. Das hat nichts mit Ignoranz zu tun—ich habe beiden definitiv schon den ein oder anderen Kanye Song vorgespielt—, sie haben einfach nur gemerkt, dass es nichts für sie ist. Und das ist auch vollkommen OK so. Ich kenne eigentlich niemanden über 50, der total auf Odd Future steht. Es hat seinen Grund, warum sich Generationen voneinander unterscheiden, und genau deswegen fand ich es ganz witzig, sie zu einem HipHop-Konzert mitzunehmen.

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Hier sind ein paar ausgewählte Notizen, die ich mir während der Show gemacht habe. Ich weiß nicht mehr, wer von beiden was gesagt hat, aber es sollte noch erwähnt werden, dass es eine Menge Freigetränke gab.

„Was die Kleidung hier angeht, ist der Side Boob das neue Dekolleté?“

„Meintest du nicht was von Freigetränken? Was ist damit?“

„Warum habe ich das Gefühl, ich wäre bei einem Abschlussball?“

„Ich bin mir nicht sicher, ob das den Hörschaden wert war.“

„Hat er gerade wirklich, ‚don’t fuck with the police’ gesagt?“

Es lohnt sich auch noch zu erwähnen, dass mein Vater begeistert die Arme hochriss, als Vince Staples die Menge mit, „don’t fuck with the police“, dazu aufforderte. Ich war etwas verwundert über seine Reaktion, da mein Vater (der über 30 Jahre Mitglied der freiwilligen Feuerwehr einer Kleinstadt in Iowa gewesen war) eigentlich immer jede Form von Rettungskräften fieberhaft unterstützt. Verwirrt frage ich ihn, warum er die Hände hochgenommen hatte. „Ich lege mich doch nicht mit der Polizei an“, antwortete er knapp. Ich erklärte ihm dann, dass „not to fuck with something“ Slang dafür ist, mit etwas nicht einverstanden zu sein. Er lachte, gab seinen Fehler zu und nahm die Hände wieder runter.

Da meine Eltern so unglaublich tolle Menschen sind, durfte ich sie am nächsten Tag beim Brunch zum Konzert interviewen.

Wie fandet ihr das Konzert insgesamt?
Mom: Ich fand es gut. Es war das erste Rap-Konzert, das ich je gesehen habe—und das auch noch in New York. Es fühlte sich alles sehr New York an.

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Du bist also vorher noch nie auf einem HipHop-Konzert gewesen?
Mom: Nein
Dad: Nicht absichtlich.
Mom: Es fühlte sich wie etwas aus dem Fernsehen an, von dem ich aber Teil war. Das hat Spaß gemacht und war mal was anderes—und ich lerne gerne neue Sachen kennen.
Dad: Ich war wegen meiner Arbeit früher bei einer Menge Abschlussbälle und abgesehen von den Kraftausdrücken und der Message fühlte es sich so genau so an. Viel Musik. Viel Rumgeschreie. Viele Hände in der Luft.

Wer hat euch besser gefallen, Pusha T oder Vince Staples?
Mom: Pusha T.

Dad: Gab es da einen Unterschied? (lacht)

Warum Hat dir Pusha T besser gefallen?
Mom: Ich fand seine Show besser—er hatte mehr Energie. Ich weiß nicht, ich hätte es besser gefunden, wenn es einen tanzbaren Beat dazu gegeben hätte. Verstehst du? Es war einfach sehr viele Gerede, es ging um die Message—und ich verstehe auch, dass das wichtig ist—aber ich hätte auch gerne etwas getanzt. Ich hätte also lieber einen guten Beat gehabt. Ich weiß jetzt aber nicht, ob Rap immer so ist.

Nein, Rap ist nicht immer so. Den beiden Typen ist ihre Message schon besonders wichtig. Da geht es weniger um Club-Hits.
Mom: Ja, ich hatte schon ziemliche Mühe, zu verstehen, was er da gesagt hat. Vielleicht ist das auch so ein Generationending. Ich nehme mal an, dass die ganzen 20- oder 30-Jährigen verstanden haben, was er gesagt hat.
Dad: Ja, das glaube ich auch. Er hat ja immer wieder Sachen gesagt, die ich nicht verstanden habe, aber die Menge ist dann ausgerastet.
Mom: Es ist fast wie eine andere Sprache—es ist, als würde man eine neue Sprache lernen.
Dad: ich glaube, ich habe das letzten Abend schon zu dir gesagt, aber ich habe nur das hier verstanden: „Bla, bla, bla, bla, mother fucker, bla, bla, fuck, bla, bla, bla.“ Das war’s dann auch. [Anmerkung des Redakteurs: Es war zugegebenermaßen sehr laut auf dem Konzert und selbst ich konnte nicht alles verstehen. Wenn man dann die Texte zu den Songs nicht kennt, war es schon ziemlich schwierig.]

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Ja, das ergibt schon Sinn.
Mom: Ich bin aber froh, dass wir mitgekommen sind und uns das mal angeschaut haben.
Dad: Oh, ja.
Mom: Es war mal etwas anderes.

Was hattet ihr denn gedacht, wie es werden würde?
Mom: Genau, wie es dann auch war.
Dad: Genau, wie es war. Lautes Wummern und Rappen in ein Mikro. Im Hinterkopf erwartete ich wohl auch, dass die Polizei oder Autoritäten im Allgemeinen kritisiert werden—und das ist auch OK. Ich sage nicht, dass jeder die gleiche Meinung haben muss wie ich. Wenn du aber mit den Menschen auf der Welt und mit der Polizei deinen Frieden schließen willst, dann versuch es vielleicht nicht auf diese Art. Aber ich bin immer offen für die Ansichten und Meinungen anderer Leute. Ich versuche, nicht so zu sein wie mein Vater und meine Mutter. Das war aber wahrscheinlich auch das letzte HipHop-Konzert, das ich je besuchen werde. Mir gefällt die Musik einfach nicht. Ich komme aus den 60ern, 70ern und 80ern. Ich mag Classic Rock. Das ist mein Ding. Macht ruhig weiter und habt euren Spaß, ihr jungen Leute. Ich und die anderen alten Säcke werden einfach weiter die Cat Stevens, die Bob Dylans und die Peter, Paul and Maries aufdrehen.

Eric Sundermann liebt Cat Stevens, Bob Dylan, Push T und Vince Staples. Folgt ihm bei Twitter—@ericsundy

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